Etwas Foltern lassen bei Freunden
USA schaffen Verhaftete unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften heimlich zur "Befragung" in befreundete Länder
Die CIA hat offenbar eine neue Aufgabe in der Tourismusbranche übernommen, die sie bisher nur in billigen Agentenserien wie "Cobra - übernehmen Sie" aus US-Produktionen wahrnahm. Sie agiert diskret als Reiseunternehmen mit Spezialgebiet "Folterausflüge". Verdächtige werden in "befreundete Länder" geschafft, Länder, in denen Menschenrechte ein Fremdwort sind, in denen niemand unbeschadet anmahnt, wenn Gefangene gefoltert werden.
In so genannten zivilisierten Staaten, auch in den USA, ist das Foltern Gefangener verboten. Dies scheint für den US-Sicherheitsapparat, das FBI, das Office of Homeland Security unter dem ehemaligen Gouverneur Ridge oder gar Sicherheitsberater Richard Perle, den "Prince of Darkness", wie ihn der ARD-Weltspiegel bezeichnete, und für andere Hilfssheriffs ein höchst bedauerlicher Systemfehler zu sein, der unterlaufen werden muss. Offenbar fanden die USA nun Wege, schweigende Terroristen bzw. Festgenommene, die man dafür hält, zum Reden zu bringen: durch organisierte Folterreisen in befreundete Länder, die den Umgang mit Festgenommenen nicht so eng sehen wie manche Menschenrechtler, besonders in Europa. . Nach einem Bericht der Washington Post schafft man Verhaftete mit Hilfe der CIA und anderer amerikanischer Security-Behörden in Folterländer, darunter Ägypten oder auch Jordanien unter Umgehung aller gesetzlichen Vorschriften. Gute CIA- Kontakte zur dortigen Polizei, die keine Probleme damit hat, zu foltern oder Familien Verhafteter unter Druck zu setzen, sorgen für operativen Erfolg. In mehreren Fällen seien bei den "Befragungen" auch Mitarbeiter der CIA "closely involved" (= beteiligt) gewesen, meldet das Blatt unter Berufung auf Quellen aus Diplomatenkreisen und Geheimdiensten.
"The CIA asked us to find this guy and hand him over," the senior Indonesian official said. "We did what they wanted."
Ausführlich schildert die Zeitung mehrere Fälle, so den von Havis Muhammad Saad Iqbal, einem Pakistani, der sich seit November in Indonesien aufhielt und irgendwie in Verbindung mit Richard C. Reid, dem Briten stehen soll, der am 22. Dezember in seinen Schuhen Sprengstoff an Bord eines Flugzeugs schmuggelte. Iqbal, der als Jugendlicher in Jakarta lebte, wo sein Vater Dozent am arabischen Sprachinstitut war, sei auf Drängen der CIA von der indonesischen Polizei verhaftet worden. "Die CIA sagte uns, wir hätten den Kerl zu finden und ihnen zu übergeben. Wir taten, was sie wollten!" So zitiert die "Washington Post" einen hohen indonesischen Regierungsvertreter. Einige Tage darauf habe die ägyptische Regierung offiziell ersucht, ihn auszuliefern, da er auch einen ägyptischen Pass besitze, dies ohne Angabe genauerer Auslieferungsgründe und Schuldvorwürfe. Den indonesischen Behörden sei jedoch mitgeteilt worden, es stände in keinem Zusammenhang mit dem Schuh-Attentäter.
Am 9. Januar noch in den Händen der indonesischen Geheimpolizei habe Iqbal zwei Tage später schon in einem ungekennzeichneten Flugzeug gesessen, welches in den USA registriert war, und sei mit diesem nach Ägypten gebracht worden. Dort sei er von US-Agenten verhört worden und sitze bis heute in Haft, sein juristischer Status sei ungeklärt.
Dutzende weitere Verdächtige sollen auf diese Art schon in "befreundete Länder" ausgeflogen worden sein, so US-Diplomaten. Die Prozedur, als "rendition" (Hilfeleistung) sanft umschrieben, werde allerdings schon seit Jahren angewendet. Manchmal sterben Verdächtige auch dabei wie zwei von fünf Mitgliedern des ägyptischen Islamischen Dschihad, die 1998 in Albanien verhaftet wurden. Sie waren verdächtigt worden, einen Anschlag auf die dortige US-Botschaft zu planen, und sind ebenfalls nach Ägypten verbracht worden.
"Seit dem 11. September gibt es jederzeit diese Art von Verfrachtungen", sagte ein amerikanischer Diplomat der "Washington Post". "Dies erlaubt uns, Informationen von Terroristen auf eine Art und Weise zu erhalten, die wir auf amerikanischem Boden nicht anwenden dürften."
Offenbar gibt es den "Foltertourismus unter Freunden" unbeanstandet schon mindestens 8 Jahre, verdeckte Aktionen, die sich einen Dreck um nationales und internationales Recht scheren: Pikanterweise umgehen die US-Behörden bei solchen Prozeduren im Ausland auch Institutionen wie in Bosnien die Gerichtskammer für Menschenrechte, The Human Rights Chamber, die sie selbst im Friedenvertrag von Dayton zum Schutz von Menschenrechten und fairen Gerichtsverfahren mit installierten. Auch hier schildert der Bericht Details über die neue Weltpolizei ohne Richter und Recht. Nach ihrer Freilassungdurch den Obersten Gerichtshof in Bosnien wurden 5 Männer aus Algerien und einer aus Jemen trotz des Einspruchs der Gerichtskammer für Menschenrechte von den Amerikanern verhaftet und nach Guantanamo verschickt.