Eurofighter und Starfighter
Nach dem Absturz in Mecklenburg stellen sich Fragen nach der Ursache und einer möglichen Wiederholungsgefahr
Am Nachmittag des 24. Juni stürzten über der Mecklenburgischen Seenplatte zwei Eurofighter-Kampfflugzeuge ab, nachdem sie bei einer "Air Combat Mission" zusammenstießen. Beide Piloten konnten noch ihren Mk-16A-Raketenschleudersitz auslösen. Einer davon - ein 27-jähriger Oberleutnant mit 100 Eurofighter-Flugstunden - kam trotzdem ums Leben. Der andere - ein 51-jähriger Oberstleutnant mit über 1.900 Eurofighter-Flugstunden landete mit seinem Sechseinhalb-Meter-Fallschirm in einem Baum und liegt jetzt im Krankenhaus. Seine Verletzungen sind aber nicht lebensgefährlich.
Zuständig für die Untersuchung des Vorfalls ist nicht die Polizei, sondern die Luftwaffe. Sie hat bislang noch keine offizielle Erklärung dafür geliefert, weshalb die Luftkampfübung (an der noch ein dritter unversehrt gebliebener Eurofighter beteiligt war) in einem Zusammenstoß endete. Anwohner haben deshalb Angst, dass sich eine noch schlimmere Katastrophe ereignen könnte - immerhin verfehlte eines der Trümmer beim Absturz am Montag einen Kindergarten in Nossentiner Hütte um etwa 40 Meter.
Ausbildungszentrum für Flugschüler aus anderen Eurofighter-Käuferländern
Dem Presseoffizier des Luftwaffenstützpunkts Laage nach werden die Eurofighter dort noch mindestens diese Woche am Boden bleiben - und eventuell noch länger, wenn sich bei der Ursachensuche Gründe dafür ergeben sollten. Ein komplettes Ende der Eurofighter-Übungen dort hält der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte jedoch für unverhältnismäßig, da die Bundeswehr seinen Worten nach "dort üben muss, wo sie im Bedarfsfall auch verteidigt". Das sei "notwendig, um fit zu sein für den Einsatz" und um "Verteidigung glaubhaft abzubilden".
In Laage starten aber nicht nur Bundeswehrpiloten, sondern auch Flugschüler aus anderen Eurofighter-Käuferländern wie beispielsweise Österreich. Aber nicht mehr lange. Denn die Alpenrepublik will nach schlechten und teuren Erfahrungen mit dem Flugzeug im nächsten Jahr auf andere Maschinen umsteigen. Ein 440-seitiger Untersuchungsausschussbericht zum Kauf der Eurofighter durch Österreich, der gestern bekannt wurde, konnte zwar keinen "Nachweis individueller Bestechung österreichischer Entscheidungsträger" erbringen, ist aber auch weit entfernt davon, den Eurofighter-Hersteller EADS vom Korruptionsverdacht weißzuwaschen, weil man auf umfangreiche Geldströme stieß, deren genauer Verlauf unklar bleibt.
Starfighter stürzte noch sehr viel häufiger ab als Eurofighter
In diesem Zusammenhang stellen sich auch Fragen nach Parallelen zur Starfighter-Affäre, bei der es ebenfalls um große Versprechungen, um technische Mängel, um mögliche Korruption - und um Abstürze ging. In ihrem Zentrum stand der ehemalige bundesdeutsche Verteidigungsminister Franz Josef Strauß, der 1958 für die damals neue Bundeswehr die noch unfertigen Starfighter-Kampfflugzeuge von Lockheed bestellte, obwohl die französischen Mirage das bessere Angebot zu sein schienen. Auch damals konnte man keine Korruption nachweisen, stieß aber auf Anhaltspunkte dafür, dass die Amerikaner dem Altphilologen beim Kauf eine atomare Bewaffnung in Aussicht stellten, welche die Franzosen nicht bieten wollten.
Dafür hätte es mit einem Kauf von Mirage möglicherweise nicht die 269 Abstürze und die 31 anderen Unfälle gegeben, die zwischen der Starfighter-Indienststellung 1962 und der Außerdienststellung 1991 geschahen. Bei diesen Abstürzen fast eines Drittels der Starfighter-Flotte kamen 108 Deutsche und acht Amerikaner ums Leben. Einige davon könnten möglicherweise noch leben, wenn der ehemalige Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel aus Generalleutnant Werner Panitzkis öffentlicher Kritik eine andere Konsequenz gezogen hätte, als dessen Entlassung.
Eine so eindrucksvolle Katastrophengeschichte kann der Eurofighter bislang noch nicht vorweisen. Bei weitem nicht (wobei er allerdings auch weniger Flugstunden insgesamt hatte): 2002 stürzte einer davon in der Nähe von Madrid ab, weil die Hydraulik ausfiel. 2010 versagte - ebenfalls in Spanien - entweder ein Schleudersitz oder ein saudischer Pilotenlehrling, der ihn auslösen sollte. 2014 gab es eine tödliche Bruchlandung auf den spanischen Luftwaffenstützpunkt Morón de la Frontera.
Im gleichen Jahr stieß ein deutscher Eurofighter im Sauerland mit einem Learjet zusammen, der mit ihm die Luftraumüberwachung übte. Hier starben die beiden Learjet-Piloten, während der Eurofighter-Pilot überlebte. Drei Jahre danach gab es erneut drei Abstürze: Ein saudischer Eurofighter-Pilot starb während eines Kampfauftrags im Jemen, ein italienischer, während er versuchte, einen Looping zu fliegen, und ein spanischer nach einer Nationalfeiertagsschau.
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