Europa als militärischer Binnenraum

Seite 3: USA: Abschreckung für Europa

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Die USA stecken gegenwärtig große Summen in den Ausbau der NATO-Präsenz in Osteuropa. Durch die European Deterrence Initiative soll das USEUCOM, das amerikanische Regionalkommando für Europa, in die Lage versetzt werden, besser "russische Aggressionen abzuschrecken und zurückzuschlagen". Das Budget für 2018 wurde gerade um 1,7 auf 6,5 Milliarden Dollar aufgestockt. Es soll in verstärkte Präsenz, bessere Ausbildung, den Aufbau der nötigen Infrastruktur und verbesserte Zusammenarbeit mit den alliierten Partnern fließen.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die amerikanischen Ausgaben. Sie müssten aber "Hand in Hand" mit mehr europäischen Ausgaben gehen, mahnte er. So stand das Ministertreffen ganz im Dienst der Aufrüstung, schließlich fordern die USA seit Jahren höhere Beiträge der europäischen Alliierten. Das Ziel, dass alle zwei Prozent ihres Bruttosozialprodukts für Rüstung ausgeben, ist bekanntlich bereits vereinbart.

Beim Gipfel gehe es um "more cash, capabilities and contributions", wie Stoltenberg es ausdrückte, also um höhere Rüstungsausgaben, verbesserte militärische Fähigkeiten und Soldaten für gemeinsame Missionen. Nach den Beratungen zeigte sich Stoltenberg zufrieden: Im Jahr 2014 hätten nur 3 Allliierte 2 Prozent des Bruttosozialprodukts oder mehr ausgeben. Dieses Jahr würden 8 Mitglieder das Ziel erreichen. 2024 würden es seiner Erwartung nach mindestens 15 sein, gab er als Ziel vor. "Das ist ein ermutigender Anfang. Aber wir müssen mehr tun."

Deutschland: Skeptische Bevölkerung

Offene Kritik an Deutschland vermied er dabei. Denn auch in Deutschland soll der Verteidigungshaushalt erhöht werden, aber vom Zwei-Prozent-Ziel ist Berlin weit entfernt - nicht zuletzt deshalb, weil solche Ausgaben angesichts des hohen deutschen Bruttosozialprodukts als aberwitzig erachtet werden. Er begrüße es, dass Deutschland mehr Geld für Verteidigung ausgeben wolle, sagte Stoltenberg: "Ich war selbst viele, viele Jahre Politiker. Ich verstehe sehr gut, dass die meisten Politiker Geld lieber für Bildung, Gesundheit und Infrastruktur ausgeben als für Verteidigung", sagte Stoltenberg.

Wohl wahr: Laut dem Sicherheitsreport 2018, den das Centrum für Strategie und Höhere Führung und das Institut für Demoskopie Allensbach erstellt haben, ist die deutsche Bevölkerung nicht zu größeren Rüstungsausgaben bereit: "Nur 22 Prozent halten die Truppe für einsatzfähig und gut ausgerüstet, nur noch 45 Prozent haben Vertrauen in die Bundeswehr und eine deutliche Mehrheit lehnt weitere Investitionen ins Militär ab", sagte Klaus Schweinsberg vom Centrum für Strategie und Höhere Führung.

Und das Vertrauen in die Bundeswehr ist auf 45 zurückgegangen. "Die Bundeswehr hat ein massives Imageproblem", befand Schweinsberg. Die NATO kommt in dem Report zwar besser weg, das Vertrauen ist wieder auf 48 Prozent gestiegen, aber bei Bedrohungen für den Weltfrieden kommen die USA mit 40 Prozent hinter Nordkorea (73) und vor Iran (37). Das sei überraschend, früher wären die USA in so einem Ranking gar nicht erschienen, meinte Schweinsberg.

Russland wird dagegen nur von 28 Prozent der Bundesbürger als Gefahr für den Weltfrieden angesehen. Hier gibt es einen Ost-West-Unterschied: Mehr Westdeutsche als Ostdeutsche sehen in Russland eine Gefahr. Umgekehrt sehen mehr Ost- als Westdeutsche in den USA eine Gefahr.