Europäisch-russischer Marsianer
Seite 3: ExoMars-Mission hat heikle Startphase überstanden
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Mit der europäisch-russischen ExoMars-Mission könnte die Durststrecke der Bioastronomen in drei Jahren ihr Ende finden, ist doch der erste Schritt des ambitionierten Großprojekts getan, das selbst auf eine bewegte Vorgeschichte zurückblicken kann.
Mit dem gestrigen Bilderbuchstart vom Kosmodrom Baikonur im Süden Kasachstans um 10:31 Uhr MESZ meisterte das Großprojekt den ersten gefährlichen Teil seiner Expedition zum Roten Planeten mit Bravour. Dass die Lift-off-Phase immer noch zum heikelsten Part einer Mission zählt, bekamen bereits einige Wissenschaftler unverhofft und schmerzhaft zu spüren, deren High-Tech-Fracht entweder in der Erdatmosphäre verglühte oder zu Boden fiel.
Wenngleich die russische Rakete vom Typ Proton-M gemeinhin als zuverlässig gilt und auch dieses Mal wieder die kostbare Fracht sicher in den Orbit hievte, hing doch der Erfolg der Mission zumindest in der Startphase am seidenen Faden, weil auch Proton-M nicht frei von Unfällen ist. Die Weste der vermeintlich zuverlässigen Proton-Raketen ist nicht rein und weiß. Bis auf den heutigen Tag schickte Russland 97 Proton-Raketen in den Orbit, wovon neun ihr kurzes Intermezzo mit einer lautstarken Explosion beendeten und zeitgleich die Satellitenträume vieler Wissenschaftler zerstörten.
Doch dieses Mal verlief der erste Teil der Mission wie erwünscht und vorgesehen. Zehn Minuten nach dem Lift-off trennte sich die dritte Stufe von den ExoMars-Modulen. Danach führte die Oberstufe der Rakete eine komplexe, mehr als elf Stunden dauernde Flugsequenz durch, um in eine Erdfluchtbahn zu gelangen. Um 22.29 Uhr MESZ empfing das Europäische Kontrollzentrum ESOC in Darmstadt das erlösende Signal, dem zufolge sich auch die Oberstufe der Rakete sauber vom Orbiter und dem Testmodul getrennt hatte. Nach der Separation entfalteten die Missionskontrolleure die Solarzellenausleger von TGO für die Stromversorgung und schalteten die Bordsysteme des Orbiters ein.
Doch sosehr die Europäische Raumfahrtagentur ESA und die russische Weltraumbehörde Roskosmos mit Blick auf den gelungenen Raketenstart Grund zum Jubeln haben - noch ist auf dem langen Weg zum Zielplaneten wenig erreicht. Schließlich kann während des siebenmonatigen Flugs, vor allem nach der Ankunft und beim Eintritt der Sonde in den Marsorbit und der Landung der Testsonde und in der Operationsphase des späteren Rovers alles in praxi schiefgehen, was laut Theorie schiefgehen kann.
Hohe Fehlerquote
Die Liste der potentiellen Fehler, welche die Mission nach dem Lift-off gefährden könnten, ist lang. Selbst die kleinste technische Anomalie kann jedes noch so technisch ausgereifte Projekt zu Fall bringen. Kommt es zu einer solchen, reden NASA-Ingenieure in ihrer technokratischen Sprache gemeinhin von einem single-point-failure. Und von diesen wiederum gab es speziell in Geschichte der marsianen Raumfahrt mehr als genug. Mal waren solche single-point-failures rein technischer, mal menschlich-mathematischer Natur, wie im Fall von Mars Climate Orbiter (1999), der deshalb in der Marsatmosphäre verglühte, weil einige Wissenschaftler und Techniker der Projektteams das metrische System, andere jedoch das angloamerikanische Maßsystem als Berechnungsgrundlage nahmen und somit Meter mit Fuß vermischten.
Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Seit 1960 verließen 45 Raketen die Erdumlaufbahn und entließen ihre kostbare Fracht zum Roten Planeten. Davon scheiterten sage und schreibe 22 Missionen, während immerhin fünf einen Teilerfolg verbuchen konnten. Nur 21 Sonden erreichten den Nachbarplaneten ohne Blessuren und absolvierten ein erfolgreiches wissenschaftliches Programm. Und von den insgesamt zwölf Landerobotern, die auf dem Mars aufsetzen sollten, überlebten nur sieben den Touchdown und sandten wertvolle Daten über ihren jeweiligen Relais-Orbiter zur Erde. Neben Beagle 2 und dem Mars Polar Lander gingen noch drei russische Module zu Bruch.
Somit nahmen bisher ausnahmslos nur amerikanische NASA-Lander mit dem Marsboden Tuchfühlung auf. Von ihnen sind derweil noch Opportunity (seit 2003) und Curiosity (seit August 2012) aktiv. Zurzeit umkreisen drei amerikanische Sonden den Mars und funken regelmäßig Daten zur Erde. Dies gilt auch für den höchst vitalen ESA-Orbiter Mars Express und den jüngsten Roboter in der Marsauflaufbahn: der indischen Mars Orbiter Mission.