Europäisch-russischer Marsianer
Seite 4: Missionsverlauf und Rover in spe
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- ExoMars-Mission hat heikle Startphase überstanden
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Die europäisch-russische ExoMars teilt sich in zwei Etappen auf. Laut vorgegebenem Plan soll der Rover der ExoMars-Mission bereits 2018/19 alle bisherigen Maschinen auf dem Mars in den Schatten stellen. Aber die derzeit annährend 2,3 Milliarden Euro teure Mission (1,3 Milliarden Euro trägt die ESA, 1 Milliarde Euro Russland) kann wohl erst frühestens 2019/20 vollendet werden. Seitdem die NASA Ende 2011 aus dem Programm aus Kostengründen ausgestiegen ist und Russland sein Know-how eingebracht hat, steht das distinguierte Projekt selbst im Sternzeichen Pecunia und kämpft um seine Finanzierung.
Ungeachtet aller pekuniären Sorgen geht es in der ersten Phase schlichtweg darum, im Oktober dieses Jahres den Trace Gas Orbiter (Orbiter für Spurengase, kurz: TGO) sukzessive in die Umlaufbahn des Mars zu platzieren und den Landedemonstrator Schiaparelli (Entry, descent and landing Demonstrator Module EDM) auf dem Mars abzusetzen, der hinsichtlich der ExoMars-Rover-Mission Landetechniken erproben und optimieren soll. Er fungiert gewissermaßen als Wegbereiter für den prospektiven High-Tech-Roboter, der da kommen soll.
Das Testmodul der ExoMars-Mission ist nach dem italienischen Astronomen Giovanni Virginio Schiaparelli (1835-1910) benannt, der 1877 auf dem Mars nach einer intensiven Beobachtungskampagne rillenartige Strukturen zu erkennen glaubte. Er bezeichnete diese als "Canali", meinte damit aber jedoch nur natürlich gewachsene und nicht ein künstlich angelegtes Flussbett auf dem Mars.
Im Rahmen der zweiten Etappe wird sodann 2019 der mobile ExoMars-Landeroboter starten. Bei diesem wird ein ausgefeiltes sechsrädriges Gefährt mitsamt einer Landeplattform mit wissenschaftlichen Instrumenten auf dem Marsboden abgesetzt. Dabei wird das High-Tech-Modul hauptsächlich der Frage nachgehen, ob auf dem Mars in der Vergangenheit Leben existiert hat oder gegenwärtig sogar noch vorhanden ist.
Demonstrationsmodul Schiaparelli
Nach einer siebenmonatigen einsamen Odyssee durch den materiearmen interplanetaren Raum geht das Sonden-Duo drei Tage vor der Ankunft am Mars getrennte Wege. Am 19. Oktober 2016 um 16:45 Uhr MESZ löst sich das Landemodul vom TGO. Damit steuert die Mission zwar ihrem nächsten Höhepunkt entgegen, dennoch kann gerade in dieser sensiblen Phase die kleinste Abweichung vom Zeitplan und Ablauf das Aus für Schiaparelli bedeuten.
"Schiaparelli wird zunächst im Tiefschlaf weiterfliegen, bis er einige Stunden vor seinem Eintritt in die Atmosphäre wieder aufgeweckt wird. Bei ihrem Eintritt wird die Landekapsel durch die Reibung von circa 21.000 auf rund 1.650 Stundenkilometer abgebremst. Ihr Hitzeschild schützt sie dabei vor dem Verglühen, denn beim Bremsvorgang entstehen dort extreme Temperaturen", erklärt Oliver Angerer, Gruppenleiter für Exploration beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum DLR Raumfahrtmanagement.
Ungefähr elf Kilometer Höhe über der Marsoberfläche öffnet sich dann ein Fallschirm, der Schiaparellis Geschwindigkeit auf 250 Kilometer in der Stunde drosselt, bevor dann die Sonde acht Minuten nach dem Eintritt in die Atmosphäre in der Region Meridiani Planum mit einer Landegeschwindigkeit von 18 Kilometer pro Stunde aufsetzt. Unmittelbar danach nimmt Schiaparelli sein wissenschaftliches Programm auf, das primär darauf abzielt, mit Blick auf die teure Rover-Mission neue Technologien und Landungsstrategien zu testen. Infolge der begrenzten Batteriereserven wird das Modul auf dem Mars nur einige Tage operieren. Die von Schiaparelli gemessenen Daten empfängt der TGO, der später auch dem ExoMars-Rover als Relaissatellit sekundiert.
TGO primär auf Methansuche
Für den Trace Gas Orbiter jedoch beginnt die wissenschaftliche Arbeit infolge aufwändiger Manöver erst ein Jahr nach seiner Ankunft am Mars. So sind für Mitte Januar 2017 zwei davon vorgesehen. Das erste dient dazu, die Neigung der Umlaufbahn zum Marsäquator auf 74 Grad zu erhöhen, damit die wissenschaftlichen Bordinstrumente das Gros der Marsfläche erfassen können.
Danach sieht sich das Marsgefährt einer Reihe von komplexen Manövern gegenüber, mit denen binnen eines Jahres die Sonde abgebremst werden soll. Um zu verhindern, dass die Raumsonde durch Reibung überhitzt, wird die Geschwindigkeit des Orbiters bei jeder Bremsphase nur geringfügig gedrosselt. Erst nach einigen hundert Umläufen schwenkt das Raumgefährt 400 Kilometer über der Marsoberfläche in seinen kreisförmigen Arbeitsorbit ein. Ab Dezember 2017 startet TGO seine ersten Analysen und Messungen, die bis zum Jahr 2022 andauern sollen.
Bestückt mit vier wissenschaftlichen Instrumenten, besteht die Hauptaufgabe des Orbiters darin, Methan und andere Spurengase in der Marsatmosphäre mit einer dreimal höheren Genauigkeit als die Vorgänger-Missionen zu detektieren und die isotopischen Eigenschaften von Methan und Wasser auf dem Mars zu bestimmen. NOMAD (Nadir and Occultation for Mars Discovery) und ACS (Atmosphere Chemistry Suite) etwa sollen die Spurengase in der Marsatmosphäre analysieren und deren Verteilungen kartieren. Beide Instrumente bestehen aus Spektrometern, die das Spektrum des durch die Marsatmosphäre gelangten Sonnenlichts erfassen und das Licht in seine chemischen Fingerabdrücke zerlegen.
Das russische ACS fokussiert sich mit seinen drei Infrarotinstrumenten auf die chemische Zusammensetzung, während der ebenfalls auf Russland stammende Neutronendetektor FREND (Fine Resolution Epithermal Neutron Detector) das Wasserstoffvorkommen in einer Tiefe bis zu einem Meter unter der Oberfläche kartographieren soll.
Fernerhin soll die europäische Kamera CaSSIS (Coulour and Stereo Surface Imaging System) mit einer räumlichen Auflösung von fünf Metern pro Bildpunkt jene Regionen fotografieren, welche als potenzielle Quellen von Spurengasen und Landeplätze für spätere Missionen in Frage kommen.