Europäische Bürgerinitiative soll TTIP verhindern
Begehren richtet sich auch gegen CETA, aber nicht gegen TISA
Am Dienstag den 15. Juli wollen Mehr Demokratie aus Deutschland, War on Want aus Großbritannien und etwa 120 weitere NGOs aus verschiedenen europäischen Ländern in Brüssel eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) vorstellen. Sie richtet sich gegen zwei geplanten Freihandels- und Investitionsabkommen mit den USA und Kanada: TTIP und CETA. Die NGOs befürchten, dass die geheimen Verhandlungen dazu Konsequenzen haben könnten, die in der Bevölkerung vieler Länder keine Mehrheit finden würden: Zum Beispiel eine Privatisierung der Gesundheits- und Bildungssysteme - oder Schiedsgerichte, an denen Konzerne Staaten verklagen, wenn ihnen demokratisch beschlossene Marktregeln nicht gefallen.
Damit eine Bürgerinitiative von der EU-Kommission als EBI zur Kenntnis genommen wird, muss sie von mindestens einer Million Wahlberechtigten aus mindestens sieben EU-Ländern unterschrieben werden. Außerdem gibt es für die einzelnen Länder Quoren, die sich nach der Zahl der Abgeordneten im Europaparlament richten: Damit die Unterschriften aus Deutschland überhaupt mitzählen, müssen alleine dort mindestens 72.000 zusammenkommen. In Frankreich liegt das Quorum aktuell bei 55.500, in Italien bei 54.750 und in kleinen Ländern wie Estland, Malta, Luxemburg und Zypern bei jeweils 4.500 Unterschriften.
Eine Europäische Bürgerinitiative ist trotz des etwas irreführenden Namens kein Bürgerbegehren, das in eine Volksabstimmung mündet, sondern lediglich eine Petition mit besonderen formalen Voraussetzungen. Liegen die Unterschriften und die sonstigen formalen Voraussetzungen vor, dann muss sich die Kommission innerhalb von vier Monaten damit "befassen". Allerdings bleibt es ihr überlassen, ob sie die Initiative ablehnt und wie ausführlich sie eine Ablehnung begründet. In den Regeln zur EBU steht auch nichts davon, dass sich die Kommissare sich verpflichten, Vorschläge unverändert oder auch bloß in ihrem Kerngehalt unbelassen weiterzuleiten. Rechtswissenschaftler weisen deshalb darauf hin, dass die Kommission aus EBIs durchaus Vorschläge basteln könnte, die den Zielen der Initiatoren diametral entgegengesetzt sind.
Bisher hatte lediglich ein einziges Bürgerbegehren Folgen: Die Initiative gegen Wasserprivatisierung. Dass EU-Binnenmarktkommissar Barnier nach dieser EBI in Aussicht die Wasserversorgung aus der am 15. Januar 2014 verabschiedeten EU-Konzessionsrichtlinie herausnahm, heißt nicht, dass ein anderer EU-Kommissar mit einer formal erfolgreichen EBI gegen TTIP und CETA genauso verfahren müsste. Zudem könnte die Wasserprivatisierung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit über den Umweg des geheim verhandelten TISA-Abkommens Wirklichkeit werden, das die Initiatoren der Petition gegen TTIP und CETA nicht mit aufgenommen haben.
Der Mehr-Demokratie-Vorstand Michael Efler begründet das gegenüber Telepolis damit dass es noch zahlreiche andere gefährliche Verträge gebe, die durch eine rigide Zeichenbegrenzung bei EBIs außen vor bleiben mussten. Für das TTIP-Abkommen habe man sich entschieden, weil das Abkommen in aller Munde ist und potenzielle Unterzeichner am besten motivieren kann; für CETA, weil es relativ kurz vor der Unterzeichnung steht. Außerdem hege man die Hoffnung, dass sich ein formaler Erfolg einer EBI gegen TTIP und CETA "auf die gesamte Handelspolitik der EU auswirkt".
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