Ex oriente lux?

Wie China dabei ist, dem Westen den Rang abzulaufen

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Ein europäischer Diplomat beschrieb Anfang des 15. Jahrhunderts die chinesischen Importe als "die reichsten und wertvollsten aller", weil die "[chinesischen] Handwerker als die bei weitem geschicktesten gegenüber jenen aller anderen Nationen gelten". Asien war damals nicht zu schlagen. Bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts existierten hier die leistungsfähigsten Volkswirtschaften: Rund zwei Drittel der Weltbevölkerung - Asiaten, allen voran Chinesen und Inder - produzierten um 1800 vier Fünftel aller Güter. Während Goethe über seinem Faust hockte und Hegel über den Gang des Weltgeistes grübelte, kletterte Asiens Anteil an der Weltbevölkerung auf die Marke von 70 Prozent zu: Im Osten, nicht im Westen spielte die Musik.

Den Charakter der Chinesen kennzeichnet Fleiß, an Fatalismus grenzende Geduld, Anstelligkeit, Genügsamkeit, Verschlagenheit, vor allem praktischer Sinn. Als Kaufleute stehen sie in allererstem Rang.

Meyers Großes Konversations-Lexikon: China. 6. Aufl. 1905-1909

Als größte und produktivste Wirtschaft der Welt war China zugleich der Motor, der die frühneuzeitliche Wirtschaft antrieb. Im 16. Jahrhundert waren es unbestritten die chinesischen Fertigprodukte, die den Weltmarkt dominierten; sie galten als besser, ausgereifter und preiswerter als die europäischen. Bei einer Bevölkerung, die im ausgehenden Mittelalter dabei war, die 100-Millionen-Grenze zu überschreiten, verfügte das Reich über eine äußerst produktive Landwirtschaft, hochentwickelte Handelsbeziehungen und ein in jeder Hinsicht überlegenes Gewerbe, das in ganz Eurasien anerkannt war.1

"Die Zukunft der Weltpolitik entscheidet sich in Asien, und die USA werden direkt im Zentrum dieser Entwicklungen stehen", schrieb die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton jüngst in der Zeitschrift Foreign Policy unter der Überschrift "America’s Pacific Century" (Nov. 2011). Unausgesprochen bleibt in ihrem Resümee die heute vorherrschende Ansicht westlicher Politik, dass China der notorische Sitzenbleiber ist, der den Anschluss erst noch schaffen muss. China, das ist für viele Experten im Westen nur ein zivilisatorischer Zögling.

Jüngling oder Greis?

Wenn China heutzutage in deutschen Medien weltpolitisch als "Teenager" angesehen wird, so findet sich hier zwar einerseits Hegelsches Gedankengut leicht fasslich wieder, andererseits nimmt sich ein solches Urteil geschichtlich - angesichts der tatsächlichen Rolle und Geschichte Chinas - reichlich doktrinär und oberflächlich aus.

Die orientalische Welt ist in dieser Ideologie die junge und unreife Welt; sie gleicht auch nach Hegels Ansicht (Hegel lebte von 1770 bis 1831) dem Kindes- und Knabenalter, gefolgt von der griechischen Adoleszenz, dem römischen Mannes- und dem germanischen [= westeuropäischen] Greisenalter. Und der Greis ist der Weise. Ist er das? "Die Weltgeschichte", so sinniert Hegel in seinen Berliner Vorlesungen, "geht von Osten nach Westen, denn Europa ist schlechthin das Ende der Weltgeschichte, Asien der Anfang. (…) Hier geht die äußerliche physische Sonne auf, und im Westen geht sie unter; dafür steigt aber hier [ergo im Westen] die innere Sonne des Selbstbewußtseins auf."2 So erblickt der preußische Staatsphilosoph das wahre Licht der Weisheit im Westen, nicht im Osten. Hegels Sichtweise sollte prägend für das Denken Europas über das Riesenreich in Asien sein. In Fernost, da liegen demnach die Teeniejahre der Zivilisation.

Es waren ein Schotte und ein Brite, Adam Smith (1723-1790) und Thomas Malthus (1766-1834), die etwa zeitgleich über die demografische Entwicklung des fernen Imperiums spekulierten - und sie lagen ihrerseits falsch. Vor allem letzterer unterschätzte die Kapazitäten der chinesischen Wirtschaft und auch die enorme Flexibilität der Chinesen, die es verstanden, die Bevölkerungsexplosion im eigenen Lande effektiv zu kontrollieren: Bevorzugte Methoden waren, wenn nötig, geschlechtliche Enthaltsamkeit und die Kindstötung, besonders die von Mädchen. Diese führte über kurz oder lang zu einem erheblichen Ungleichgewicht im Geschlechterverhältnis. Dank enormer Leistungen in der Landwirtschaft brachte es die chinesische Bevölkerung aber von 140 Millionen (um 1650) über 225 Millionen (um 1750) auf an die 400 Millionen bereits um 1850. 3

Jüngling hin oder her, das moderne China gebärdet sich, wie jeder weiß, als selbstbewusster und dabei stets mehrdeutiger Akteur auf der Weltbühne. Von den heute weltweit gut 7 Milliarden Menschen leben in China 1,34 Milliarden. Zum Vergleich: Indien hat 1,17 Milliarden, die USA haben knapp 310 Millionen, Japan 127,5 Millionen und die BRD rund 81,7 Millionen Einwohner. Die russische Föderation zählt 141,75 Millionen Bewohner. Chinas Anteil an der Weltwirtschaft liegt nach IWF-Angaben bei circa 11 Prozent und wurde damit in der Einschätzung 2007 deutlich nach unten korrigiert.

Ostasienexperte Markus Taube sah die Volkswirtschaft Chinas einige Jahre zuvor (2003) auf dem Niveau von Italien, nannte jedoch in einem Atemzug - bezogen auf die Kaufkraftparitäten - die VR China bereits die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Taube warnt aber vor allzu simplen Antworten: China, das sei eben beides - "das rückständige Entwicklungsland und das High-Tech-Labor."

Sohn des Himmels, Vater des Volkes

Die Autokratie des Kaisers beruht auf dem Princip des patriarchalischen Regimentes, der Kaiser (Tient-se) führt den Titel Ho-ang-ti (erhabner Gebieter) od. mongolisch Bogdo-Khan (Sohn des Himmels, Vater des Volkes, alleiniger Beherrscher der Welt) (…) Er genießt sklavische, fast göttliche Verehrung; das Gesetz verlangt sogar bei Todesstrafe vor seinen Briefen niederzuknieen u. die Erde neun Mal mit der Stirn zu berühren; seinem Bilde werden Opfer gebracht (…)

Pierers Universal-Lexikon

Die Charakteristik des kaiserlichen Regiments aus dem 19. Jahrhunderts wirkt überraschend modern. Es ist eine Tatsache, dass auch Mao, "der große Vorsitzende", von vielen Chinesen als mythischer Heilsbringer verklärt wird, und das, obwohl er den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortgang des Imperiums über weite Strecken des 20. Jahrhunderts hemmte und Millionen zu Tode brachte.

"Historisch gesehen haben die Chinesen immer eine einzige, unmißverständliche Autorität bevorzugt", wird Lucian W. Pye (1921 - 2008), Sinologe und ehemals Professor für Politikwissenschaft am renommierten Massachussetts Institute of Technology (MIT) gern zitiert (hier: 1972).

Für den weitaus größten Teil seiner Geschichte stellt China sich als immenses Imperium dar, das von einem einzigen Potentaten regiert wurde. Das macht auch das Geheimnis der Herrschaft Maos aus: Unter dem Mantel eines Revolutionärs herrschte er als monarchischer Despot. Henry Kissinger, der im Mai 89 Jahre alt wird, gibt in seinem publizistischen Spätwerk ein in mancherlei Hinsicht einseitiges Bild Chinas, wenn er im Rückblick so manche Hässlichkeit ausblendet, darunter auch die Schattenseiten der cäsarischen Allüren Mao-Tse-tungs. In dem voluminösen Wälzer "On China", 2011 erschienen, zeigt sich der westliche Politstar Kissinger eher beeindruckt von fernöstlicher Denkkraft, Taktik und Diplomatie. Das brachte ihm herbe Kritik ein; sein Vermächtnis sei ein "ärgerlicher Kotau" vor "welthistorischen Individuen", die über moralische Kategorien erhaben scheinen.

Mao mit Henry Kissinger (Peking, 1972). Bild: U.S. Government

Mao, dessen Porträt zu Lebzeiten zigtausendfach durch die internationale Medienlandschaft geisterte, traf wenige Jahre vor seinem Tod persönlich mit Kissinger zusammen. Henry Kissinger, von 1973 bis 1977 Außenminister unter Nixon und dessen Nachfolger Gerald Ford (und bis 1973 US-Sicherheitsberater), reist im Juli 1971 von Pakistan aus nach Peking - in geheimer Mission. Er sollte den Besuch Richard Nixons bei Mao Tse-tung vorbereiten. Es war die vorsichtige Annäherung zweier Welten.

Richard Nixon trifft Mao (1972). Bild: White House

Der "Große Vorsitzende" Mao hatte die Volksrepublik China mit einer spektakulären Bekanntgabe auf dem Tiananmen-Platz in Peking am 1. Oktober 1949 gegründet. Rund 300.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee mussten antreten. Im darauffolgenden Jahr startete die Partei (KPCh) eine Kampagne gegen "Konterrevolutionäre". Schon die Jahrzehnte nach 1934 hatten Hunderttausenden von "Volksfeinden" das Leben gekostet, manche Quellen sprechen von mehreren Millionen Hinrichtungen während der Zeit der Landreform und der politischen Feldzüge. Es war die Hochzeit der Propagandisten und Denunzianten. Bis in die Familien hinein war niemand mehr sicher vor Spitzeln und Zuträgern. Die Not der Jahre 1960 bis 1962 - eine Folge von Maos Landreform - forderte 30 Millionen Opfer - Menschen, die verhungerten: Maos Idee der Volkskommunen und sein beabsichtigter "Großer Sprung nach vorn" in der Landwirtschaft erwiesen sich als monströser und todbringender Fehlschlag.

Massenversammlungen, öffentliche Propagandatänze, Huldigungen von Werktätigen und Rotgardisten, enthusiastische Studenten, die armen Bauern den Fortschritt erklärten, Kinder, die vor Fabrikarbeitern aus Maos Werken zitierten und in den Schule Revolutionslieder absangen, das waren die "revolutionären Jahre". 1,2 Milliarden rote Bibeln (im Jargon der 68er genannt "Mao-Bibel") einten das Volk quer durch alle Schichten und Ethnien, massenhafte Exekutionen von Klassenfeinden und Konterrevolutionären hielten die Masse in Angst und Spannung.

"Mao-Bibel" (deutschsprachige Ausgabe, Peking 1972)

Während des Jahrzehnts der Kulturrevolution (1966 bis 1976) wurden Tausende in Ochsenschuppen inhaftiert zwecks "Umerziehung": Intellektuelle, Geschäftsleute und Beamte, die in Ungnade gefallen waren und die dann in aller Öffentlichkeit von jedermann als Revisionist, Konterrevolutionär oder Reaktionär stigmatisiert werden durften. In zugigen Ställen sollten sie Maos Denkweise pauken und lernen, ihre Einstellung zur Revolution zu ändern.

Ideologie trifft Pragmatik

Seit dem Tode Maos (Mao Tse-tung starb am 12. September 1976) gestaltete sich die Politik des asiatischen Riesen mehr und mehr nach ökonomischen Leitlinien statt nach ideologischen Zwangsvorstellungen: An die Stelle von Maos Erziehungsdiktatur ist ein effizientes Staatswesen getreten.

Die Epoche der beginnenden Modernisierung ist mit dem Namen Deng Xiaoping verbunden. Gewaltige Projekte wurden in Angriff genommen, der Ausbau der Verkehrswege und der Aufbau von Infrastruktureinrichtungen bekamen oberste Priorität. Es wurden Gesetze geändert und 1979 erstmals Sonderwirtschaftszonen eingerichtet, private Betriebe und der Zustrom ausländischen Kapitals wurden zugelassen. Die Ergebnisse sind greifbar: Mitte 2011 erreichten Chinas Exporte das Rekordniveau von umgerechnet 22,2 Milliarden Euro; Europa ist der größte Abnehmer.

Deng Xiaoping (1979). Bild: Executive Office of the President of the United States

China könnte umgekehrt 2012 seinerseits größter Abnehmer für die EU-Exporte werden: Jeden Tag werden zwischen Europa und China Waren im Wert von über einer Milliarde Euro gehandelt. Die Zeichen stehen auf Wachstum: Allein im vergangenen Jahr legten die europäischen Ausfuhren nach China um über 20 Prozent zu.

Und Peking hat viel, sehr viel Geld, das investiert werden will. China besitzt die höchsten Währungsreserven der Welt; seit April 2011 liegen sie bei mehr als drei Billionen Dollar. Dem stehen aber auch Hemmnisse gegenüber. Ein Teil der chinesischen Konzerne ist anhaltend fest in staatlicher Hand. Und der chinesische Markt unterliegt einer strengen behördlichen Überwachung; Quoten hindern ausländische Firmen daran, aktiv zu werden

Der chinesische Weg: Beispiel Afrika

In der eigenen Wahrnehmung knüpft das geschüttelte Land an seinen über Jahrtausende behaupteten Platz als "Reich der Mitte" an. Die Identität beruht auf einem starken Zusammenhörigkeitsgefühl, dabei spielt bedingungslose Loyalität auch heutzutage eine Rolle. Persönliche Beziehungen zählen: Berühmt sind die Geschäftsnetze ethnischer Chinesen, die auf harte Arbeit, Tradition und Familien bauen. Spötter nennen sie auch Bambus-Netzwerke, mit einem Unterton von Respekt.

Auf dieser Tradition gründet Chinas strategisches Engagement in Afrika. Hier setzen die Chinesen auf die uralte Gepflogenheit aus Arbeit und Gegenseitigkeit; längst werden chinesische Ingenieure und Manager in Afrika als die wahren Freunde des Kontinents betrachtet, die nicht auf Raubbau aus sind, sondern den Menschen helfen, ihr eigenes Potential zu entfalten.

Und Chinas Engagement macht sich bezahlt: Schon heute geht jeder zweiter afrikanische Auftrag der öffentlichen Hand an chinesische Unternehmen. Ob in den vergessenen Landstrichen der Armen oder in den turbulenten Küstenregionen Afrikas, die Chinesen haben bei Projekten die Nase vorn, die Europäer sind vielerorts abgehängt. Während Europa in afrikanischen Dörfern Brunnen baut und Hilfsgüter verteilt, tüfteln chinesische Experten zusammen mit afrikanischen Beamten und Technikern an Konzepten für Afrikas Zukunft als Wirtschaftsmacht. Nicht nur im subsaharischen Afrika, an den Küsten, wo der schwarze Kontinent über Unmengen von schwefelarmem und lukrativem Tiefsee-Öl verfügt, setzt China auf zukünftige Märkte, auf Tourismus und gemeinsame Erschließung von Ressourcen.

Es ist die Einstellung zu den Menschen, gepaart mit einem langen Atem und dem Denken in Strategemen, die dem Riesen aus Fernost hier entscheidende Vorteile verschaffen: China ist dabei, dem Westen den Rang abzulaufen. Wichtigster Öllieferant für China ist derzeit Angola, aber großes Interesse besteht am Ausbau der Beziehungen zu Nigeria, das noch mehr Öl produziert.

Es geht dabei um Öl und um Kupfer, es geht um die Märkte von morgen, es geht um strategische Zusammenarbeit und weltpolitischen Einfluss. China, selber noch ein Entwicklungsland? Die geopolitischen und -ökonomischen Realitäten sprechen eine ganz andere Sprache. Von der scheinbaren welthistorischen Peripherie aus ist China gerade dabei, seinen Fuß ins Kerngebiet der bisherigen ökonomischen Giganten zu setzen. China, so scheint es, hat es dabei nicht nötig, mit der Pose des Siegers aufzutreten; man inszeniert sich nicht über die im Westen üblichen Drohgebärden und Lockrufe, man handelt einfach: Im Stillen und doch in aller Öffentlichkeit, lautlos und doch für jedermann sichtbar, im ganz alltäglichen Leben. Netzwerke spielen dabei eine Rolle, der Aufbau von Beziehungen, das Entstehen von Loyalitäten, die auf Gegenseitigkeit setzen.

Das ist etwas Anderes als Unterwerfung und auch etwas Anderes als die Generierung von Abhängigkeiten, so wie der Westen sie gewohnheitsmäßig übt. Es ist der chinesische Weg, der Amerikanern und Europäern gleich fremd vorkommt; der sie zugleich stur und alt aussehen lässt. Hier ist China wohl tatsächlich der "Jüngling", aber in ganz anderer Hinsicht als in der überheblichen Terminologie westlicher Denkungsart. Konkret umgemünzt hat China seine globale Strategie in Afrika in derzeit fünf Wirtschaftszonen, errichtet nach dem Vorbild solcher Zonen im eigenen Land. Gerne betonen chinesische Politiker, dass China aus seinen eigenen Erfahrungen mit den Kolonisatoren der Vergangenheit gelernt hat.

Zweierlei Riesen

Und es spricht einiges dafür, dass aus Pekinger Sicht Washington eine gefährliche, Kreuzzüge unternehmende und pseudoliberale, in Wahrheit imperialistische Macht bleibt, die nicht ruhen wird, bis ihre Ansichten global durchgesetzt sind. Daraus resultiert nicht zuletzt eine kontroverse Debatte um die Zukunft amerikanischer Außenpolitik: China einbinden oder eindämmen?

Die amerikanische Antwort auf diese Frage lässt sich nicht in einen Satz fassen, aber ein klares Signal gibt es 2012 schon: In Australiens tropischem Norden werden amerikanische Marineinfanteristen stationiert, zunächst 250, für später ist von 2.500 die Rede. Kein Zweifel, Uncle Sam hat den Pazifik im Visier. Der 120.000-Seelen-Ort Darwin, 1942 von den Japanern heftig bombardiert, auch als "Tor zu Asien" bezeichnet, soll anscheinend Obamas Hinwendung zum asiatisch-pazifischen Raum für alle sichtbar symbolisieren. Den US-Vorstoß verfolgen die kleineren Staaten der Region, die das Verhalten des chinesischen Riesen in ihrer Nachbarschaft schon länger argwöhnisch beobachten, mit Interesse und teils sogar mit Sympathie.

Zu dem sich räkelnden gelben Riesen gehören urbane Giganten wie Guangzhou, Peking, Shanghai, Wuhan, Chongqing, Lanzhou, Millionenstädte mit schillernden Superlativen. In Guangzhou wurde 2010 der höchste Fernsehturm der Welt eingeweiht, 600 Meter hoch. Die Stadt wird gern auch "Fabrik der Welt" genannt. Lanzhou, Megastadt am Gelben Fluss, gelangte 1998 aufgrund einer sensationellen Luftverschmutzung in den zweifelhaften Ruf der rußigsten Stadt der Erde.

Canton Tower in Guangzhou. Bild: Colin Zhu. Lizenz: CC-BY-SA-2.0

Und immer mehr Menschen zieht es in die Metropolen, das ist der Trend auch weltweit: Schon jetzt wohnt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, bald werden es mehr als zwei Drittel sein. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Sogwirkung der Städte nachlassen könnte; und ganz besonders gilt das für China, das Land mit den meisten Millionenstädten, wo Megacities und die metropolitanen Großregionen, vor allem an den Küsten, täglich Tausende mit dem Versprechen einer besseren Zukunft locken. Shanghai, heute in der Kernstadt bewohnt von 15 Millionen Menschen (im Ballungsraum Shanghai leben an die 25 Millionen), überschritt 1950 als erste Metropole des Südens die 5-Millionen-Grenze. Zwischen damals und heute liegen Welten: In einigen futuristischen Wohn- und Bürovierteln Pekings zahlen die Reichen jetzt schon mal umgerechnet 5.000 Euro für den Quadratmeter exklusiven Wohnraum.

Ritterburgen, Plüschponys und ein Plan

Beispiel Guangdong: Es ist die wirtschaftlich stärkste Provinz Chinas. Wer hier Arbeit in den Knochenmühlen der Textil- oder Spielzeugindustrie hat, verdient im Durchschnitt 70 bis 120 Euro im Monat. Die Anforderungen an die Qualität der Produkte sind gleichwohl hoch. Der Focus schilderte Impressionen nach einem winterlichen Arbeitstag einmal so:

Eine durchgehende Kolonne von Lkws zieht sich in den Monaten vor Heiligabend von den Herstellern bis zum Hafen in Hongkong, Stoßstange an Stoßstange, Barbiepuppen, Ritterburgen und Plüschponys. Die Luft ist beißend, der Himmel smogverhangen. Schwarze Rauchfahnen streichen über einen eisengrauen Horizont.

Guangdong gilt auf dem Weg in den Kapitalismus als fortgeschritten. Die Provinz repräsentiert auch aus ausländischer Sicht den chinesischen Wirtschaftsboom - und blickt als Industriezentrum an der Küste des Südchinesischen Meeres auf eine lange Handelstradition zurück. Neben der Spielzeugfabrikation zählen die Elektronikbranche und die Textilindustrie zu den besonders arbeitsintensiven Sparten der chinesischen Produktion; hier gibt es Arbeitsplätze, es vermehrt sich der Reichtum, aber es entstehen auch neue soziale Bruchlinien. Krasse Einkommensunterschiede in China sind schon gang und gäbe, in den privilegierten Küstenprovinzen wie Guangdong konkurriert jedoch das neue Subproletariat der Städte (Schätzungen gehen von rund 100 Millionen Menschen aus) mit der alten Arbeiterklasse, die offene Gewerkschaften nicht kennt. Die existierenden Betriebsgewerkschaften sind in der Regel von oben verordnet und sind lediglich darauf aus, Konflikte zu verhindern - echte Interessenvertretung und Tarifverhandlungen Fehlanzeige.

Shenzhen. Bild: Joe.H.K. (Public Domain)

Zu den leistungsstarken südchinesischen Industrien im Perflussdelta gehört Shenzhen. In die Schlagzeilen geriet der Apple-Zulieferer Foxconn, nachdem sich zehn Mitarbeiter auf dem Fabrikgelände in Shenzhen das Leben genommen hatten. Die Gehälter wurden daraufhin um bis zu 65 Prozent angehoben. Der Vorgang wirft jedoch ein Licht auf die Arbeitsbelastung der chinesischen Arbeiter und Angestellten. Auch aus anderen Teilen des Landes gibt es immer wieder Berichte über frustriertes und ausgelaugtes Personal - die Kehrseite des Booms. Die Maloche am Fließband frisst während der Sommermonate, wenn für Weihnachten vorproduziert wird, täglich bis zu 18 Stunden. Und die Regierung in Peking, so viel ist sicher, fürchtet kaum ein Unding mehr als soziale Unruhen. Wenn die Löhne (und, wie zuletzt, auch noch die Transportkosten) steigen, wird es für westliche Firmen eng. Mehr und mehr europäische Firmen denken schon darüber nach, die Produktion wieder in die Heimat zurückzuverlagern.

Foxconn-Fabrik in Shenzhen. Bild: Steve Jurvetson. Lizenz: CC-BY-2.0

Hilft da ein Plan? Jedenfalls wurde wieder einer verabschiedet. Der Volkskongress in Peking nahm den neuen Fünfjahresplan der Regierung unter Premier Wen Jiabao in der Großen Halle des Volkes im März 2011 mit großer Mehrheit an. Der Plan - der zwölfte in einer Reihe von Entscheiden seit 1953 - zielt auf die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Riesenreiches. Die neuen Rahmenrichtlinien betreffen den Zeitraum bis 2015.

Wen Jiabao beim World Economic Forum in Davos (2009). Bild: Remy Steinegger/World Economic Forum. Lizenz: CC-BY-SA-2.0

Die Regierung will den Binnenmarkt ankurbeln und damit ein Stück weit unabhängiger vom Export werden. Das Bevölkerungswachstum soll eingefroren werden und unter der Marke von 1,4 Milliarden bleiben, das überhitzte Wirtschaftswachstum will man - ein neuer Anlauf - drosseln, es soll von derzeit rund 11 auf 7 Prozent kommen, der Erfolg scheint fraglich. Positiv machen sich auf den ersten Blick die Aussagen zur Schaffung neuer Jobs und zur Bereitstellung von Wohnraum für Geringverdiener vor allem in den Städten aus, auch die beabsichtigte Senkung des Energieverbrauchs klingt einleuchtend. Auf der anderen Seite steht der Bau von Dutzenden weiterer Kernreaktoren auf der Tagesordnung - hier lässt China keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit aufkommen, das Land auch nach Fukushima beharrlich hochzurüsten. Was nicht unbedingt im Plan steht: Der Renminbi strebt den Rang einer Weltwährung an, Gold könnte der Schlüssel dazu sein.

Historie trifft Moderne

Der Berufene sucht auch Dinge, die sich erzwingen lassen, nicht zu erzwingen, darum bleibt er frei von Aufregung. Die Menschen der Masse suchen Dinge, die sich nicht errzwingen lassen, zu erzwingen, darum sind sie fortwährend in Aufregung. Weil sie ihrer Aufregung freien Lauf lassen, so haben sie immer etwas zu machen und zu erstreben. Die Aufgeregtheit aber richtet sie auf die Dauer zugrunde.

Dschuang Si

Das liest sich wie ein guter Rat an die Weltmacht von gegenüber. Die Souveränität, die bei Dschuang Si anklingt, ist Ausdruck einer kulturellen Mentalität, die tief in der Tradition wurzelt und mit der technisch-rationalen Manier westlicher Prägung nicht unbedingt kompatibel ist. Dabei ist es oft auch nur die eigene Wahrnehmung, mit der China an ein Erbe anknüpft, das Jahrhunderte zurückreicht. Die Jugend in den Wirtschaftszentren an Chinas Küsten sucht auf ihre Weise eine Verschmelzung von Moderne und Historie, testet die Überlieferung der Eltern und Großeltern und übt sich darin, den neuen, aufregenden "way of life" mit der Achtung vor althergebrachten Sitten zu harmonisieren. Da kann schon mal die rituelle Anrufung der Ahnen während der Mittagspause anstehen - zehn oder fünfzehn Minuten Auszeit in Gemeinschaft mit den Seelen der Verstorbenen, die doch schließlich dem Glauben zufolge mit verantwortlich sind für das persönliche Glück und auch für Karriere und wirtschaftlichen Fortgang.

Und es sind die jungen, smarten und wohlhabenden Chinesen, die in den urbanen Zentren vormachen, wie das neue Leben geht. Sie bilden den neuen Mittelstand, den es früher, im alten China unter Mao, nicht gab und nicht geben konnte; sie setzen auf gute Jobs, auf Bildung und Karriere, und sie definieren Chinas Kultur neu. Mit ihrer Einstellung zu einem konsumorientierten Lebensstil drehen sie das Schwungrad des neuen Sozialismus chinesischer Prägung und beschleunigen das Tempo, bei dem viele auf der Strecke bleiben.

17 Prozent der chinesischen Bevölkerung müssen mit einem Einkommen von weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen, 47 Prozent existieren mit weniger als zwei Dollar am Rand des Existenzminimums.

Hunderttausende verloren ihre Häuser und Wohnungen, Millionen sind arbeitslos, ein Heer Unzufriedener und ins Abseits Gedrängter: Das sind sie, die Verlierer des Umschwungs, die mit der Öffnung Chinas nicht Schritt halten können oder die aus den Städten verdrängt werden, weil korrupte Baubosse sich als willige Ausführungsinstanz der Partei-Strategen gebärden und mit radikalen Methoden Einwohner aus den alten Stadtvierteln vertreiben. Da kann es schon mal vorkommen, dass Bauarbeiter zusammen mit Polizisten vor der Tür stehen, sämtliche Möbel beschlagnahmen und die Wohnung besenrein zum Abbruch freigeben. Rechtsbeistand nach westlichem Muster, der hier helfen oder im Nachhinein Ansprüche ausgleichen könnte, gibt es in China nicht.

Europa braucht sich aber keineswegs überlegen zu fühlen, wie ein Blick in die Geschichte zeigt; und andererseits, Uncle Sam hat es nicht nötig, im Pazifik die Muskeln spielen zu lassen. Oder doch?

Chinas Entwicklung selbst birgt genügend Spannungen und Gefahren in sich: Die rasante Metropolisierung enthält sozialen Sprengstoff und rückt die ungelösten Fragen im Energie- und Umweltmanagement der Volksrepublik ins Licht, bringt aber auch das Thema der sozialen Polarisierung wieder auf die Tagesordnung. Mit dem fortschreitenden Bedeutungsverlust staatlicher Bevormundung und dem Rückgang der kollektiven Wirtschaftsweise (Stichwort Entkollektivierung) geht für viele auch ein Identitätsschwund einher. Das macht in Verbindung mit der Ausgrenzung großer Bevölkerungsteile vor allem in den Boomtowns ein erhebliches Konfliktpotenzial aus. Schließlich gibt es im bevölkerungsreichsten Land der Erde auch noch 55 nationale Minderheiten, allein 10 Millionen "chinesischer Muslime", Abkömmlinge arabischer und persischer Kaufleute. Hier ist eine ungeheure Integrationskraft gefragt.

Wohnhäuser am Perlfluss in Guangzhou. Bild: Daniel Berthold. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Wachsende Umweltzerstörung, eine radikal industrialisierte Landwirtschaft und explodierende Ballungsräume sind nur Schlagworte. Man denkt auch an Auswüchse wie den Organhandel, an die mächtige chinesische Mafia der "Triaden", deren Mitglieder auf 250.000 geschätzt werden (zum Vergleich: Zur japanischen Yakuza zählen nach Schätzungen rund 86.000, zur italienischen Cosa Nostra etwa 4.000 Mitglieder), an China als Weltrekordhalter in Produktpiraterie. Man denkt an Todesstrafe und Hinrichtung, an die Unterbindung einer freien Kultur, wie wir sie verstehen.

Unterdessen wächst der Verkehr in den chinesischen Städten ins Ungeheuerliche, Kriminalität, Wasserversorgung und Müllbeseitigung sind Dauerbrenner der urbanen Problemfelder der Metropolen, die dazu unter ungesteuertem Flächenwachstum zu leiden haben. Wie wird das Gesicht der Städte in zehn oder zwanzig Jahren aussehen? Darüber zerbrechen sich nicht nur Stadtplaner und Architekten die Köpfe. Trockengefallene Flüsse im chinesischen Kernland, verschwundene Wälder (an deren Stelle Ödland), das sind Spuren einer "modernen" Zivilisation und Kosten auch einer ungelenkt ausgreifenden Urbanisierung. Unter den zehn schmutzigsten Städten der Welt finden sich nach Angaben der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank, ADB) acht in China.

Vollgas voraus? Mit Zentralverriegelung!

Kunden bei Starbucks in Peking mögen zwischen Latte macchiato, Espresso, Cappucino und Frappucino wählen können, an den Wahlurnen sind derartige Freiheiten bislang noch nicht angekommen.

James Kynge

Wohin steuert das Reich? Von brisanter innenpolitischer Bedeutung ist die Frage, wie die erkennbaren Ansätze einer Zivilgesellschaft - Starbucks ist sicherlich dafür nur ein sehr oberflächlicher Beleg - mit den Realitäten der autoritären Staatsmacht in Einklang zu bringen sind. Beobachter sehen durchaus die Gefahr einer Desintegration, die das Riesenreich politisch spalten könnte; dann entstünde auch die Frage, was mit dem Nuklearpotenzial geschieht, wer darüber die Kontrolle behält, sollte keine Zentralinstanz mehr das Sagen über die chinesischen Atomwaffen haben.

An der Nostalgie-Kampagne des chinesischen Politikers Bo Xilai, der mit zweifelhaften Methoden die "rote Kultur" der Mao-Zeit wiederbeleben will und den Leuten dazu das Singen revolutionärer Lieder schmackhaft macht, ist die Gefahr einer nationalistischen Rückwendung ablesbar, die den Aufbruch des Landes ideologisch und möglicherweise auch ökonomisch ausbremsen würde.

Zunächst aber heißt es in Fernost: Ab ins automobile Zeitalter! China wird sich in den nächsten fünfzehn Jahren zum zweitgrößten Automobilmarkt der Welt entwickeln. Die Zahl der Autos, die 2004 noch bei 23 Millionen lag, hat gerade die 100-Millionen-Marke überschritten und wird sich nach Einschätzung der Regierung in Peking binnen zehn Jahren verdoppeln. Und die Staatsmacht in China setzt mittlerweile auf den Erfolg der Märkte, nämlich da, wo nur diese in der Lage sind, den "Fortschritt" zu sichern. Mobilität gehört als großes Zukunftsthema dazu, und dazu passt absolut, dass man hierzulande Meldungen über angestrebte Beteiligungen lediglich zur Kenntnis nimmt, zumal die oft sowieso nur in den schmaleren Spalten der Wirtschaftsnachrichten landen.

Den Chinesen ist das egal; ihnen geht es um die Sache als solche. Und da handeln sie, wenn auch ohne großes Aufsehen, doch immer strategisch unbeirrt. So zuletzt bei der Übernahme des weltgrößten Herstellers von Kfz-Türschlössern, einer Firma nahe Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen, bekannt als Erfinder der Zentralverriegelung. Das Pekinger Unternehmen Hebei Lingyun Industrial hat hier zugeschlagen, nur ein weiteres Indiz dafür, dass China sich den Kauf von Firmen und Technologien im Westen zum Ziel gesetzt hat und seine Absichten auch verwirklicht. Dabei beweisen die Asiaten wieder ihren langen Atem.

Also mit Vollgas in die Zukunft? Allerdings hat gerade in Bezug auf langfristige, strategische Ambitionen der Chinese dem Westler etwas voraus: Die westliche Devise "Sieg oder Niederlage" nämlich ist dem asiatischen Gemüt in dieser rabiaten Form gänzlich zuwider. Man sieht es als weitaus geschickter an, den Gegner mit Taktik und Verstand auszutricksen. Im ältesten Spiel Chinas, dem Weiqi, im Westen bekannt unter dem japanischen Namen "Go", geht es darum, den Gegner auf immer wieder neuen Teilen des Spielbretts einzukreisen und durch wohl austarierte Entfaltung der eigenen Stellung einer Umzingelung zuvorzukommen. Diese Strategie - die ultimative Entscheidungsschlacht nach westlichem Muster zu vermeiden - spiegelt die über 2000 Jahre alte legendäre "Kunst des Krieges" wieder, die heute auch in der Ökonomie Anwendung findet.

Logisch dennoch, dass China dabei ist, sein Militär weiter aufzurüsten: Offiziell um 11,2 Prozent sollen die Ausgaben 2012 steigen. Die tatsächlichen Aufwendungen dürften erheblich höher liegen, wie das Stockholmer Institut für Friedensforschung (Sipri) meint, weil militärische Forschung und Entwicklung und die paramilitärische Bewaffnung von Polizeieinheiten unter anderen Haushaltsposten rangierten. Dies allerdings gehört zu den Spielen im globalen Machtbalancing dazu; und auch, dass der Drache sehr wohl Zähne zeigt, wenn es um seinen direkten, unmittelbaren Einfluss geht, etwa in Territorialstreitigkeiten vor den eigenen Küsten.

Der gerade abgehaltene Volkskongress - im Herbst steht ein Generationenwechsel an - liefert bei all dem üblichen Reformtheater auch Hinweise darauf, dass China damit beschäftigt ist, die inneren Machtverhältnisse zu justieren: Das Gespenst der Kulturrevolution wird beschworen ebenso wie die drohende Gefahr durch Staatsfeinde, "Terrorismus" nennt man das im verschärften Strafrecht, und die Angst der Autoritäten vor Revolte ist unübersehbar.

Nochmal die Experten: China-Spezialist Markus Taube vom Lehrstuhl für Ostasien-Wirtschaft an der Universität Duisburg spricht für viele, wenn er - interessanterweise - die Metapher des Jünglings bzw. Zöglings aufgreift: "Wir müssen uns einfach daran gewöhnen, dass wir neben den etablierten Playern auf der globalen Bühne jetzt einen neuen jungen Erwachsenen haben. Die Chinesen wollen mitspielen und haben jedes Recht dazu."

Das klingt gut. Richtig ist aber auch, dass China gar kein Mitspieler zu werden braucht, weil es längst einer ist. Und zwar einer, der auf eine lange Tradition zurückschauen kann, eine Tradition und Geschichte, die den Westen mit seinen gönnerhaften Empfehlungen mitunter ganz schön onkelhaft aussehen lässt.

Ex oriente lux? China ist weder Knabe noch Zögling, und im Sinne Hegels vermutlich auch nicht der Weise. Roh und ungebärdig können das Land und seine Machthaber sein, rücksichtslos in seinen Zumutungen an die eigene, vor allem die ärmere Bevölkerung wie im Umgang mit der Natur, zynisch in seiner Leugnung der Menschenrechte. Ist China dann vielleicht doch der Drache, noch dazu mit Hirn und Biss? Und wird der Drache unter all den Voraussetzungen zu einer strategischen und ökonomischen Bedrohung werden - oder zu einem berechenbaren und kooperativen Partner?

Eine offene Frage. Die Strategen im Westen sind herausgefordert.

Literatur