Exklusiv: EU-Ratspräsidentschaft reagiert auf Streit um ukrainisches Billig-Getreide
Seite 2: Agenturbericht: Großteil des Getreides nach Polen
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- Agenturbericht: Großteil des Getreides nach Polen
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Reuters berichtete nun, dass seit Beginn des Konflikts rund 17 Millionen Tonnen wichtiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse die Ukraine per Lkw oder Zug verlassen hätten. Nach Daten des ukrainischen Landwirtschaftsministeriums sei dabei der größte Teil über die Grenze zu Polen gegangen.
Polen, Ungarn und die anderen Anrainerstaaten monierten jedoch, dass die "Solidaritätskorridore" nicht funktionieren. Stattdessen würden die eigenen Märkte mit den ukrainischen Produkten "überflutet", beklagten sie im EU-Sonderausschuss, wie das Protokoll belegt, das Telepolis und der Berliner Zeitung vorliegt.
Gemeint ist damit, dass die Lager in den betreffenden Ländern voll mit ukrainischem Getreide sind, das aufgrund niedriger Weltmarktpreise und einer geringen Nachfrage nicht ohne Weiteres weiterverkauft werden kann. In der Folge gingen die regionalen Preise in den Keller und beeinträchtigten die Verkäufe der örtlichen Landwirte.
Man sei sich der Folgen für die Anrainerstaaten bewusst, erklärten die Kommissionsvertreter am Montag. In Brüssel weiß man darüber Bescheid, dass es auf den Routen zu Engpässen kommt, die einen zügigen Weitertransport der Agrargüter beeinträchtigen. Einen solchen Flaschenhals stellt etwa der Sulina-Kanal in Rumänien dar. Die EU-Kommission möchte seine Kapazität im Zusammenspiel mit der Regierung in Bukarest erweitern. In welchem Zeitraum dies realisiert werden soll, ist allerdings unklar.
Kommissionsvertreter skizzierten Ende März bei einem Treffen weitere Maßnahmen. Eine Machbarkeitsstudie solle etwa klären, ob die Spurbreite der Schienenwege in der Ukraine und in der Republik Moldau an die EU-Maße angepasst werden könnten. Aber auch das dürfte kaum zu einer kurzfristigen Entspannung der Lage führen.
Bei diesem Treffen wurde seitens der EU-Kommission vorgeschlagen, dass die ukrainischen Agrargüter in Richtung der kroatischen Häfen umgelenkt werden könnten. Die Adria-Route verfüge "über beträchtliche ungenutzte Kapazitäten", hieß es, und diese könnten die übrigen Transportwege entlasten. In der Praxis scheitert das vermutlich auch an den Kosten, welche die Lieferungen verursachen.
Aber auch die Zielorte dürften eine Rolle spielen – und bei ihnen gibt sich die EU-Kommission ahnungslos. In einem Papier heißt es, einige EU-Länder hätten mehrfach den Wunsch geäußert, ein klares Bild über die Zielländer des Getreides zu bekommen. Brüssel habe daraufhin versucht, Informationen von den einzelnen EU-Staaten zu bekommen. Doch von ihnen hätten nur zehn reagiert. Ein verlässliches Bild lasse sich so nicht gewinnen, ist das Fazit der Brüsseler Behörde.
Statt kurzfristige Lösungen für die entstandenen Probleme zu erarbeiten, appelliert die EU-Kommission an die einzelnen Ukraine-Anrainer-Staaten. Einseitige Maßnahmen könnten Russland begünstigen, erklärten ihre Vertreter. Und sie betonten, dass ukrainisches Getreide auch für die Europäische Union wichtig sei, in Ungarn etwa als Futtermittel.
Die Übereinkunft zwischen Warschau und Kiew bedeutet das teilweise Ende der Blockade. Ob andere Anrainerstaaten dem Beispiel folgen werden, ist noch nicht bekannt. Die Vereinbarung stärkt aber keineswegs die Position der EU-Kommission, sondern hebt vielmehr hervor, dass schnelle und praktikable Lösungen nicht von Brüssel zu erwarten sind.
Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit der Berliner Zeitung.
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