Explosionspotenzial: Privilegien für Geimpfte

Seite 2: Impfschäden sind ausgeblieben, doch Unmut und Ängste nehmen zu

Offen ist zudem die Frage, wie man hier mit Menschen umgehen sollte, die bereits infiziert waren und Antikörper gebildet haben könnten, die vor einer weiteren Infizierung ebenso gut wie ein Vakzin schützen. Dann müssten gerechtigkeitshalber doch Schnelltests durchgeführt werden, auf die dann auch Noch-Nicht-Geimpfte Anspruch erheben könnten.

Mit der Diskussion über diese Frage verändert sich natürlich auch die Impfbereitschaft der Menschen. Schon jetzt ist durch die Massenimpfungen in vielen Ländern deutlich geworden, dass die an die Wand gemalten Impfschäden zumindest kurzfristig nicht eingetreten sind. Die Warner wurden empirisch widerlegt.

Unklar bleibt, wie lange der Schutz nach zweimaligem Impfen anhält und ob die Vakzine – bzw. welche von ihnen – auch vor den neuen Mutanten schützen. Die Zahl der Impfwilligen steigt erwartungsgemäß: 68 Prozent geht es zu langsam voran. 59 Prozent der Befragten wollen sich auf jeden Fall, 17 Prozent wahrscheinlich impfen lassen, fünf Punkte mehr als einen Monat zuvor, während die Zahl der Impfverweigerer um zwei Punkte auf 21 Prozent gesunken ist.

Insgesamt lässt sich absehen, dass Unzufriedenheit und Ängste zunehmen. Auch wächst die Zahl der Menschen, die mit dem Krisenmanagement der Regierung unzufrieden sind. 77 Prozent sehen die Entwicklung von Kindern gefährdet. 44 Prozent haben Angst vor einer Ansteckung. Vor den neuen Virenmutanten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien, alle schon in Deutschland nachgewiesen, fürchten sich 56 Prozent. Und 44 Prozent haben Angst vor weiterer Vereinsamung. Dazu kommt die Furcht vor der einem Wirtschaftseinbruch, am stärksten bei Anhängern von FDP und AfD, die sowieso große Schnittmengen haben.

Die Gruppe der Impfgegner wird vermutlich weiter schrumpfen. Deren Lager wird auch durch die Diskussion aufgesprengt werden. Die Querdenker und ihr buntes und rechtes Umfeld werden wohl Probleme haben, nun auf einmal Grundrechte nur für Geimpfte zu fordern. Die FDP, die sich die Privilegierung der Immunisierte auf ihre Fahnen geschrieben hat, zieht zudem einen Teil des Klientels zu sich herüber.

Politische Landschaft hat sich kaum verändert

Wenn die SPD um einen Punkt auf 15 Prozent zulegen konnte, kann man daraus keinen Trend ablesen, auch nicht vom Verlust eines Punkts für die Union, die bei der Sonntagsfrage auf 34 Prozent kommt. Schwarz-Rot könnte damit weiter eine Regierung bilden.

Die Grünen bleiben bei 21 Prozent und wären so für die Union zwar Garant für eine starke Regierungskoalition. Aber mit der schwächeren SPD könnte sie wohl besser eigene Interessen durchsetzen. Aussicht auf eine linke Koalition gibt es weiter nicht. Die Linke verliert einen Punkt und kommt gerade noch auf sechs Prozent. Der Einzug ins Parlament könnte damit gefährdet sein, während die FDP um einen Punkt auf acht Prozent zulegt.

Theoretisch möglich wäre damit eine exotische Grüne-SPD-FDP-Linke-Koalition. Doch das wird nicht eintreten. Und die AfD, weiterhin bei zehn Prozent, aber tendenziell eher im Abstieg begriffen, kann sich keine Hoffnung machen, mit der Union eine Koalition bilden zu können. Eine Alternative für Deutschland ist sie nicht.

Eine Folge könnte die Pandemie aber vielleicht doch haben. Was linke Politiker bislang vergeblich forderten, um die hohe Ungleichheit der Gesellschaft zu reduzieren: Eine Vermögens- oder Reichensteuer befürwortet mit 71 Prozent eine große Mehrheit der Bevölkerung.

Eine neoliberale Politik über eine Privatisierung wollen nur 29 Prozent, mit 14 Prozent noch deutlich weniger eine Refinanzierung der Pandemie-Kosten durch die Sozialkassen oder eine Anhebung von Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung.

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