FAQ für Verschwörer: Wie viele Mitwisser darf ich einweihen?
Ein Forscher rechnet vor, nach welcher Zeit jede Verschwörung auffliegen muss. Entscheidend ist die Zahl der Eingeweihten
Es macht Spaß, sich über unsinnige, längst widerlegte Verschwörungstheorien lustig zu machen. Dass trotzdem noch Menschen an Chemtrails, gefälschte Mondlandungen oder die Verschleierung einer angeblichen Impf-Gefahr durch mächtige Kreise glauben, dass sich sogar eine ganze Szene darum entwickelt hat, ist rational nicht nachvollziehbar - wobei man natürlich eine eigene Verschwörungstheorie dazu entwickeln könnte, die vor allem mit darüber erzielbaren Gewinnen für "mächtige Kreise" zu tun hätte.
Verschwörungstheorien (simple Definition: irgendein Umstand erklärt sich aus der Einflussnahme geheimer Mächte) machen aber nicht nur Spaß, sie verursachen auch Schaden, der volkswirtschaftliche Dimensionen annehmen kann. Immerhin gelingt es manchmal, mit einer nachvollziehbaren wissenschaftlichen Erklärung gängige Verschwörungstheorien zurückzudrängen.
Zweifel an der Mondlandung haben ihren Höhepunkt ebenso überschritten (Adieu, Moon Hoax Theory!) wie Zweifel an der Verbindung des HI-Virus mit AIDS. Es gibt aber ein generelles Problem dabei, solchen Ideen den Wind aus den Segeln zu nehmen: Die tatsächliche Existenz von Verschwörungen, für die es in der Geschichte der Menschheit genügend Beispiele gab. Erst kürzlich überraschte uns Edward Snowden wieder mit einem solchen bei der NSA mit dem Prism-Programm.
Mathematisches Modell
Diese tatsächlichen Verschwörungen haben alle eine Besonderheit: Sie kamen ans Tageslicht. Klar - sonst wüssten wir ja nicht davon. Der britische Forscher David Grimes denkt in einem Paper (frei verfügbar) in PLoS One die Idee weiter: Gab es eine Gesetzmäßigkeit dahinter, dass die tatsächliche Verschwörung ans Tageslicht kam, hätten wir also auf alle Fälle irgendwann davon erfahren?
Grimes entwickelt dazu ein mathematisches Modell, das die Anzahl der Geheimnisträger, die Wahrscheinlichkeit, dass einer davon aus Versehen oder absichtlich (als Whistleblower) die Öffentlichkeit informiert und die vergangene Zeit einbezieht. Nachforschungen Dritter bleiben jedoch außen vor. Die Zahl der Eingeweihten hängt dabei von der Art der Verschwörung ab: Wenn es sich um ein einmaliges Ereignis (Mondlandung) handelt, verringert sie sich (die Zeugen sterben irgendwann). Wenn jedoch dauernde Aktivität nötig ist (Impfgefahr), dann bleibt sie konstant beziehungsweise wächst eher noch.
Dieses Modell wendet Grimes nun auf bekannte Verschwörungstheorien ebenso an wie auf tatsächlich aufgedeckte Verschwörungen. Das Ergebnis: Jede der Verschwörungstheorien hätte längst dasselbe Schicksal erlitten wie die wirklichen Verschwörungen: Sie wäre aufgedeckt.
Sie sind selbst Verschwörer, wollen aber weiter im Geheimen wirken? Dann hat das Paper noch einen Tipp für Sie: Falls Sie wenigstens 50 Jahre in Sicherheit bleiben wollen, dürfen Sie nur 250 Mitwisser zulassen. Reduzieren Sie diese Zahl auf die Hälfte, dann sind Sie - statistisch gesehen - sogar 100 Jahre vor Entdeckung geschützt. Von Prism könnten 30.000 NSA-Mitarbeiter Kenntnis gehabt haben. Da von der Mondlandungsverschwörung prinzipiell mehr als 400.000 Nasa-Angestellte hätten wissen können, wäre sie, so Grimes, in 3,68 Jahren aufgedeckt worden.