FabLab - FabCity - CityFab - StadtWerk?

Digitale Fabrikation und die Trennung von Fertigung und Design könnten dem vergessenen Munizipalsozialismus im Klima der schwindenden Arbeit ganz neue Aufgaben zuführen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der jährlich stattfindende Hamburger Kongress "Work in Progress" behandelte in diesem Jahr neben der Definition und den Realisierungschancen für "Gute Arbeit" auch das immer dringlicher werdende Problem der schwindenden Erwerbsarbeit, nicht zuletzt als Konsequenz der ständig steigenden Wirtschaftlichkeit und Leistungsreichweite der "Maschinen, die uns ersetzen".

Als Lösungsansätze hierzu wurden wiederum die beiden bekannten Modelle "bedingungsloses Grundeinkommen" und "allgemeine Arbeitszeitverkürzung" diskutiert, die aber beide erhebliches politisches Steuerungspotenzial voraussetzen: Entweder wäre eine umfangreiche Umverteilung von Einkommen durch Steuereinnahmen politisch durchzusetzen oder es müssten sich neue Mehrheiten für eine Verteilung des Produktivitätsfortschritts in Gestalt von verbindlichen Arbeitszeitverkürzungen finden lassen. Für beide Ansätze dürfte das politische Klima noch immer eher ungünstig ausfallen. Möglicherweise eröffnet aber bei genauerem Hinsehen die technische Natur weitgehend automatisierter Betriebe eine Verwendungsweise, für welche bisher nur ein sehr begrenztes Leistungsangebot geeignet erschien.

Munizipalsozialismus

Der Munizipalsozialismus entstand ab Mitte des 19. Jahrhunderts in der Nachfolge der Ausbreitung von Industrialisierung, Urbanisierung und der allgemeinen Technisierung, und verbreitete sich ausgehend von England, Deutschland und Frankreich fast in ganz Europa. Mit Infrastrukturunternehmen wie Elektrizitätswerken, Gaswerken und Wasserwerken hatte sich die Erfahrung unbefriedigender Leistung eingestellt, wenn diese am freien Markt im Wettbewerb operieren und ihr Leistungsangebot rein gewinnorientiert erstellen. Diese wurden in der Konsequenz als kommunale Unternehmen betrieben, die nun in öffentlichem Auftrag und öffentlicher Trägerschaft den sozialen Zweck der "Daseinsvorsorge" verfolgten. Im Allgemeinen bestand später der Auftrag in der

  • Ver- und Entsorgung mit Energie, Wasser, zeitweilig Information und Kommunikation, und der Abfallentsorgung sowie der Straßenreinigung;
  • der Bereitstellung von Infrastruktur (Transport- und Verkehrsinfrastruktur, Gewässerwirtschaft, öffentlicher Gebäude und Anlagen für Bildung, Kultur, Sport und soziale Dienste)
  • dem öffentlichen Verkehr

Da diese Wirtschafts- und Infrastrukturbetriebe bis zum Ende des 20. Jahrhunderts nur von Städten betrieben wurden, hat sich dafür der Ausdruck "Stadtwerke" eingebürgert.

Ab den 1980er und 1990er Jahren begann dann eine Privatisierungswelle vieler bis dahin kommunaler Unternehmen, von der man sich - trotz der früher gemachten schlechten Erfahrungen - Effizienzgewinne und damit Einsparungen der öffentlichen Haushalte erhoffte, bei gleichzeitig beibehaltenem oder sogar verbessertem Angebot. Diese Hoffnungen haben sich aber in vielen Fällen nicht erfüllt, weshalb es seit den 2000er Jahren wiederum zu einer Rekommunalisierung gekommen ist. Das Argument einer besseren Eignung des kommunalen Unternehmens für Zwecke der allgemeinen Daseinsvorsorge darf von daher also nach wie vor als gültig betrachtet werden.

Es scheint nun auf den ersten Blick schwer, hierzu die Verbindung zum Problem der schwindenden Arbeitsplätze infolge von Technisierung herzustellen. Auch kommunale Unternehmen setzen nach Möglichkeit Arbeit sparende Technik ein, und sehen ihren Auftrag der Daseinsvorsorge keinesfalls darin, möglichst viele - an sich unnötige - Arbeitsplätze bereitzustellen. Worin könnte also das Motiv bestehen, zusätzliche Leistungsbereiche in kommunaler, überprivater Trägerschaft operieren zu lassen? Das Motiv besteht nicht etwa darin, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, sondern darin, die "Automationsdividende", den Ertrag des Einsatzes von Arbeit sparender Hochtechnologie auf eine wirkungsvolle, verlässliche und volkswirtschaftlich stabilisierende Weise der Gesellschaft optimal zu Zwecken der Daseinsvorsorge verfügbar zu machen. Zur Verdeutlichung ist ein Blick zu werfen auf die entstehenden neuen Verwendungsoptionen von Produktionstechnologie.

The Robots Steal All Our Jobs - Anyone Can Make Anything

Grob wird das sich anbahnende Organisationsproblem der Arbeitsgesellschaft oft in diesen beiden "visionären" Varianten beschrieben: a) die Roboter stehlen alle unsere Jobs oder b) jeder kann jederzeit alles herstellen. Dabei ist es nun nicht etwa so, dass die Wirkung dieser beiden Varianten alternativ zu sehen sind, sondern eher additiv. Die der zweiten Variante unterliegende "Wissenschaft der Digitalen Fabrikation" verspricht eine Weise der Herstellung von Konsumgütern, die sich radikal von der herkömmlichen Fabrikation mit Werkzeugen und natürliche Materialien subtraktiv bearbeitenden Maschinen unterscheidet; Roboter könnten den größten Teil eines digitalen additiven Herstellungsprozesses kaum unterstützen. Aber auch die Digitale Fabrikation soll einmal extrem produktive sowie gleichzeitig auch extrem vielseitige, universale Produktionsprozesse ermöglichen. Beide Technologien, die Robotik und die Digitale Fabrikation, haben ihre Anwendungsgebiete und Schwerpunkte, in denen sie die menschliche Arbeit sehr effizient unterstützen, bzw. eben: ersetzen.

Die vom prominenten Vertreter der "Digitalen Fabrikation" Neil Gershenfeld häufig verwendete Umschreibung "Anyone can make anything" unterstellt ein Verhältnis von Maschine und Benutzer derart, dass dem Benutzer die Maschine gehört: Er verwendet sie wie sein Werkzeug und mit seiner Hilfe kann er "alles" herstellen. Diese Unterstellung gilt für Roboter gewöhnlich eher nicht: Man sieht die Roboter meist eher als Teil der maschinellen Ausstattung einer konventionellen Industriefabrik. In beiden Fällen leisten diese Maschinen Arbeit, die ein Mensch dann nicht leisten muss.

In der Variante der "Digitalen Fabrikation" wäre der Nutzer dieser Maschine aber auch gleichzeitig der Nutznießer: Ihr "Produkt" wäre eben auch seines, was bei dem Produkt des Roboters bzw. des ihn einsetzenden Betriebes offenbar nicht der Fall wäre. Der Roboter ist enthalten in der Geschäfts- und Betriebsausstattung eines Betriebes, er ist also Aktiv-Kapital. Das unter dieser Voraussetzung entstehende volkswirtschaftliche Problem ist vielfach beschrieben worden: Wenn in den Betrieben nicht mehr Menschen an der Wertschöpfung beteiligt sind, sondern eben nur noch "Kapital", ist in letzter Konsequenz der volkswirtschaftliche Kreislauf unterbrochen, denn mangels Beschäftigung fehlt es dann auch an kaufkräftiger Nachfrage, um die maschinell hergestellten Produkte oder Leistungen auf der Konsumseite abzunehmen.

Digitale Fabrikation ermöglicht die Entkopplung von Design und Fertigung

Dieses Problem wäre offenbar in der Maximalversion der Digitalen Fabrikation gelöst: Produzent und Konsument wären in dem Fall identisch. Während von der Robotik aber nun bereits bekannt und erfahrbar ist, zu welchen Leistungen sie fähig sind und wie mit ihrer Hilfe und weiterer Automations- und Steuerungstechnik komplette Betriebe fast vollständig automatisiert werden können, ist dies für die Digitale Fabrikation noch unbekannt. Der "Star Trek Replicator" ist noch immer ein Produkt der "Magie", und die "Wissenschaft der Digitalen Fabrikation" am MIT in Cambridge, USA, befindet sich noch in einer sehr frühen Phase der Grundlagenforschung.

In einem anderen Sinn aber beginnt die "Digitale Fabrikation" bereits die industrielle Praxis zu verändern: In der Produktionswissenschaft oder der Wirtschaftsinformatik gilt Digitale Fabrikation als ein integriertes Konzept von Fabrikation mit einer Vielzahl von Komponenten zur digitalen Steuerung und digitalen Ausführung, in welchem additive Verfahren wie der 3D-Druck einen integralen Bestandteil darstellen.

Die "Vision" der Digitalen Fabrikation in diesem Sinne wird wie folgt beschrieben:

Auf der Ebene der gesamten Wertschöpfungskette ermöglicht additive Fertigung eine zunehmende Entkopplung von Design und Fertigung bzw. die Dezentralisierung der Produktion in Richtung des Kunden. Durch eine Produktion verschiedenster Güter "on demand" werden bei gleichzeitig höherer Lieferfähigkeit Lagerbestände reduziert. Physische Güterflüsse werden zunehmend durch digitale Informationsflüsse ersetzt.

CEDIFA

Mit anderen Worten: Digitale Fabrikation in diesem Sinne bedeutet eine Annäherung industrieller Produktion an das Produktionsprinzip, nach welchem heute auf 3D-Druckern auch von Privatanwendern für den Hausgebrauch einfache Dinge hergestellt werden können: man lädt das Design, die Produktionsvorschrift eines "Produktes", gegen eine Gebühr von der Datenbank eines entsprechenden Anbieters, und leitet dieses Design an den 3D-Drucker, der es dann in einzelne Produktionsschritte umsetzt. Die Arbeit, dieses Design herzustellen, also ein Produkt zu konstruieren und seine Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, ferner auch einen Ablaufplan für das maschinelle Herstellen des Produktes zu konstruieren, und auf der anderen Seite die Arbeit des Herstellens selber sind nach diesem Prinzip vollkommen getrennte und voneinander unabhängige Vorgänge. Das heißt: es wäre im Prinzip möglich, eine - möglichst universal verwendbare - industrielle Fabrikationsanlage für verschiedenste Konsumgüter zu betreiben, die diese Designs als Produktionsvorschriften von unabhängigen, externen Herstellern solcher digitalen Designs und Entwürfe abarbeitet. Ein Kunde würde nun so ein Design auswählen, möglicherweise noch bearbeiten und editieren, und anstatt dann "zur Kasse gehen" zu klicken und ein fertig hergestelltes Produkt von einem Lager abzurufen und es per Schnellversand sich zuschicken zu lassen, würde er das fertig bearbeitete Design per Mausklick in die Produktion geben: möglicherweise eben - bei einem "Stadt-Werk".

So wie das Leistungsangebot der frühen kommunalen Betriebe sich auf wichtige Funktionen der Daseinsvorsorge beschränkte, sollten hier möglicherweise die Leistungen auf solche beschränkt sein, die sich a) für eine solche Produktionsweise eigenen, also vor allem einen hohen Automationsgrad aufweisen, und b) die basale und wiederkehrende Bedarfe darstellen, wie etwa Möbel und Wohnungsausstattung, Bekleidung und Ernährung. Durch einen hochintegrativen Einsatz dieser beiden hochproduktiven Fertigungsprinzipien additive Fertigung und Robotik in digitaler Fabrikation sollte es möglich sein, ein hochflexibles und ebenso hoch automatisiertes, damit kostengünstiges und trotzdem hoch qualitatives und attraktives Leistungsangebot bereit zu stellen, das einen möglichst großen Bereich der alltäglichen Bedarfe der Menschen solide und vertrauenswürdig abdeckt.

The Self Sufficient City

Der in Barcelona lebende Architekt Vicente Guallart betrachtet das Konzept der sich-selbst-versorgenden Stadt als "Blueprint For A World To Come". Er entwickelt diese Idee in enger Kooperation mit dem MIT und seinem "Center for Bits and Bytes", an dem die "Wissenschaft der digitalen Fabrikation" federführend von Neil Gershenfeld entwickelt wird. In der Gegenwart basiert seine Idee auf der Produktivkraft von "FabLabs", den von Gershenfeld entwickelten Fabrikationslaboren, die Guallart in hinreichender Anzahl über eine Stadt verteilen will, so dass jedem Einwohner die Möglichkeit offensteht, so ein FabLab zur Herstellung benötigter oder gewünschter Konsumgüter zu nutzen. Auf der Grundlage einer komplexen sozialwissenschaftlich-ökonomischen Argumentation kommt der Hamburger Stadtplaner Prof. Dieter Läpple ebenfalls zu der These "Produktion zurück in die Stadt?", unter expliziter Erwähnung des "FabLab St. Pauli" und dessen Motto "Die Stadt ist unsere Fabrik".

Allerdings sind die Möglichkeiten naturgemäß noch eher gering: es wird nicht möglich sein, Konsumgüter auf einem industriellen Standard und Niveau herzustellen, und wenn, dann nur mit erheblichem Aufwand von Zeit und Können des Anwenders. Aber das Prinzip, und vor allem auch die volkswirtschaftliche Wirkung könnten gleich sein, wenn statt der oder zusätzlich zu den vergleichsweise einfach ausgestatteten FabLabs hochindustriell und modern ausgestattete "Stadt-Werke" zum Einsatz kämen: so dürfte es wesentlich eher möglich sein, den Komfort und die Nutzenstiftung eines ganz herkömmlich industriell gefertigten, auf Lager produzierten und von da per Kaufauftrag abgerufenen Konsumgutes zu erreichen. Die Vorteile demgegenüber wären dennoch erheblich: durch Wegfall von Transport- und Logistikkosten, von Werbemaßnahmen, von Lagerkosten, oder etwa durch die umgelegten Kosten für nicht verkäufliche Lagerbestände. Diese Einsparungen kämen dann aber der Allgemeinheit als Träger eines solchen Stadt-Werkes zu Gute.

Post-IKEA und MIY-Utopie

Die technische Möglichkeit ist von professionellen Möbeldesignern an Beispiel des Designs von IKEA-Möbeln bereits in den 1990er Jahren durchgespielt worden: Der Designtheoretiker Jochen Gros hat für diesen das Design von der Fertigung trennenden Ansatz den Begriff "Post-IKEA" geprägt, und vertritt ihn als "digitales Selber-Machen in den Dimensionen des Möbelbaus bis heute. Durch neue Fertigungstechnologien wie "einfach zu bedienende 5-achsige Fräsen, neue Laserstrahl- und Wasserstrahlschneider, 3D-Plotter, das zunehmend über den Modellbau hinausgehende Lasersintern und völlig neue Maschinen wie den Hexapoden" wird eine "Fabrik der Zukunft" vorstellbar, die "mit wenigen flexiblen Universalmaschinen auskommt", "digital gesteuert" ist, und wegen der dadurch möglichen Verkleinerung eigentlich einen anderen Namen haben müsste als Fabrik: Er hat dafür in den 1990er Jahren den Namen "Technofaktur" vorgeschlagen, und verwendet heute den Begriff "FabShop".

Durch die fast vollständige Trennung von Design und Fertigung wird es möglich, dass ein Kunde ein Design als "Template" von der Datenbank eines Anbieters herunterlädt, es seinen Wünschen entsprechend bearbeitet, und es dann in der "nächstgelegenen Technofaktur" bearbeiten bzw. realisieren lässt. Natürlich würden sich Aufgabe und Rolle des Designers dadurch vollkommen verändern: "Der Designer entwickelt dann nur noch variable Grund- und Vario-Typen, und überlässt deren Differenzierung in einem interaktiven Prozess weitgehend der direkten Reaktion auf die Wünsche und Vorschläge des Kunden."

Und hier arbeitet die Software-Industrie bereits seit langem an der Möglichkeit, das "Wissen" des Designers vollständig in einer Software abzulegen, so dass dieser interaktive Prozess der Festlegung des endgültigen kundenindividuellen Designs sich ganz im Online-Dialog abspielen würde, also eine Mitwirkung eines Designers beim einzelnen Entwurf nicht erforderlich wäre.

Die lokale Fertigung von global vermarkteten und zu beziehenden Möbel-Designs in kommunaler Verantwortung und Wertschöpfung würde bedeuten, dass die physische Logistik und die damit verbundenen Kosten sowie auch Umweltbelastungen komplett entfallen, wenn die von einem gemeinnützigen und nicht erwerbswirtschaftlich geprägten Betrieb gefertigten Möbel auch nur vor Ort vertrieben bzw. konsumiert und verwendet werden. Und wenn die Wertschöpfung der digitalen Fertigung eben nicht bei einem Möbelhersteller, sondern auch lokal, bei der Kommune verbleibt, die eben eine solche digitale und hochmaschinelle Technofaktur als Teil eines "Stadt-Werkes" betreibt, würde dies die Fähigkeit einer Kommune zur "Self-Sufficiency" erheblich erweitern.

Ist Munizipalsozialismus kein Sozialismus?

Die Idee des Munizipalsozialismus war entstanden als Reaktion auf früheste Erfahrungen von Marktversagen in bestimmten wirtschaftlichen Leistungsbereichen. Die ansonsten ja zugestandene Profitorientierung privatwirtschaftlich geführter Unternehmen führte in Bereichen, in denen das Ziel der kommunalen Daseinsvorsorge dominierend sein soll, zu unerwünschten Ergebnissen. Daher wurde in diesen Bereichen eine kommunale Trägerschaft befürwortet. Darüber hinaus blieb die private und profitorientierte Wirtschaftstätigkeit aber unverändert. Im "Sozialismus", also etwa den meisten Ländern des ehemaligen "Ostblocks" wurde aber bis auf wenige Ausnahmen die gesamte Wirtschaft verstaatlicht, was auch die staatliche Planung und Lenkung der gesamten eigentlichen Steuerungsfunktionen einer Volkswirtschaft beinhaltete, also die Preisbildung, die Investitionsplanungen und -entscheidungen, sowie die Produktionsplanungen und -entscheidungen. Durch die Unterbindung von Mechanismen der freien Preisbildung wurde die Steuerungsfunktion der Marktpreise ausgehebelt, und es kam zu den bekannten Funktionsmängeln der staatlich gelenkten Planwirtschaften.

Wenn aber die Herstellung von Konsumgütern - zumindest was den Teil der physischen Realisierung angeht, also die maschinelle Abarbeitung digitaler Produktionsvorschriften - sehr weitgehend maschinell erfolgen kann, und darüber hinaus sehr flexibel, so dass ein und dieselbe Fertigungsanlage möglichst viele verschiedene Arten von Konsumgütern herstellen kann, so ist einerseits die technische Voraussetzung gegeben, eine solche Fertigungsanlage in kommunaler Verantwortung zu betreiben, als andererseits auch die politische Notwendigkeit: in profitorientierter Trägerschaft und Verantwortung würde die "Automationsdividende" mit hoher Wahrscheinlichkeit eben nur dem Kapitaleigner dieser Fertigungsanlage zukommen.

Sofern diese Anlage diesen sehr hohen Automationsgrad aufweist, handelte es sich bei dem erzielten Profit um eine weitgehend leistungsfrei zugefallene Kapitalrente, was in volkswirtschaftlicher Hinsicht als unerwünscht zu bezeichnen ist. Umgekehrt könnte man diesen Sachverhalt auch einfach so ausdrücken: es wäre offensichtlich klüger von der Allgemeinheit oder einer Kommune, eine auf diese Weise erzielbare Automationsdividende sich selbst - der Allgemeinheit - zukommen zu lassen. Darüber hinaus läge der erhebliche volkswirtschaftliche Vorteil und Nutzen in der Annäherung an einen Zustand kommunaler oder urbaner marktunabhängiger Selbstversorgung: der volkswirtschaftlich wesentliche Effekt läge in Anbetracht der gegenwärtig sehr volatilen globalen Ökonomie in der Abkopplung von globalen Finanzströmen und der Bildung lokaler, gemeinwohlorientierter Versorgungsstrukturen.

Woher kommen die Arbeitsplätze?

Unter den skizzierten Bedingungen einer in breite Bereiche der Erwerbstätigkeit vordringenden Technologie würde sich die ökonomische Landschaft wie folgt darstellen:

  • Die freie, profitorientierte Wirtschaft würde sich da entfalten und ihre wohlfahrtsteigernde Wirkung erzielen, wo Wettbewerb notwendig und sinnvoll ist, und wo noch weitere Fortschritte in der Leistungserstellung durch Produkt- und/oder Prozessinnovationen erzielt werden müssen oder können; wo also unternehmerische Initiative und Leistung gefragt sind und insgesamt noch weitere wohlstandssteigernde Wirkung erwarten lassen
  • Sehr stark bis voll automatisierte Leistungserstellung kann bei Eignung in öffentliche, kommunale Verantwortung und Trägerschaft übergehen: dies bedeutete eine durch digitale Fabrikation realisierte personalisierbare on-demand-Fertigung von Konsumgütern, etwa als hochflexible Endfertigung von zugekauften Designs; möglicherweise sollten in Zukunft auch landwirtschaftliche Betriebe in kommunaler Trägerschaft existieren; ferner die Erzeugung einiger Grundnahrungsmittel, sowie stark automatisierte Logistik- und Verkehrsunternehmen
  • Sichere Jobs werden nur in unter allen denkbaren gesellschaftlichen Zuständen notwendigen und prinzipiell nicht-automatisierbaren Tätigkeiten vorhanden sein: dies sind die sog. "höheren" Dienstleistungen wie Wissenschaft, bildende und darstellende Kunst und sonstiges Kulturschaffen, Pflegeberufe, die meisten Tätigkeiten im Gesundheitswesen, Tätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung, der Justiz, der Bildung, Seelsorge etc. Möglicherweise könnten hier den bestehenden Verhältnissen angepasste Arbeitszeitverkürzungen notwendig und sinnvoll sein.
  • Weniger sichere, aber möglicherweise auch besser bezahlte Jobs und Tätigkeiten würden dann in der Erstellung von "Luxus"-Leistungen bestehen, also von Gütern, Leistungen und Arbeiten, die über das Notwendige und die Befriedigung der basalen Bedarfe hinausgehen, also etwa der Unterhaltung dienliche Tätigkeiten und Leistungen, die möglicherweise vor allem dem eigenen "Spaß" an einer Tätigkeit als auch dem "Spaß" beim Konsum der Resultate dieser Tätigkeit dienlich sind. Zum Teil deckt sich dies mit der sog. "tertiären Perspektive" im Sinne der Sektoren-Hypothese nach Jean Fourastié. Die Nachfrage nach einem solchen Spaß-, Kultur- und Luxus-Konsum ist gewöhnlich dann eher hoch, wenn das umgebende wirtschaftliche Klima stabil und berechenbar ist, und die Versorgung mit grundlegenden und lebensnotwendigen Leistungen und Gütern gesichert.

Die Herstellung lokaler, nachhaltiger und vom globalen Kapitalverkehr unabhängiger Versorgungs- und Produktionsstrukturen ist nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil es sonst kaum möglich ist, den durch das übergroße weltweite Kapitalangebot entstehenden Wachstumszwängen zu entgehen. Insofern haben sich viele der großen Privatisierungsmaßnahmen der 1990er Jahre als Misserfolg herausgestellt: die Privatisierung eines großen Teils der Rentenversicherung ebenso wie etwa die private Telekommunikation, die in vielen Fällen entweder zu unsicherer Versorgung oder zu aggressiven Werbemaßnahmen und unseriösen Kundenberatungen geführt hat; und auch die Privatisierung der Schienenverkehrs hat zu einigen unerfreulichen Entwicklungen geführt, in England sind die privatisierten Schienennetze wieder verstaatlicht worden.

Ohne eine Wiederherstellung des Primats der Politik ist eine weiterhin steuerlose Weltwirtschaft sowohl mehr oder weniger exzessiven Wachstums- als auch Konsumzwängen unterworfen, was das globale Klima den in immer kürzeren Abständen erfolgenden Warnschüssen zufolge nicht mehr lange sich bieten lassen dürfte. Eine kürzlich erschienene, von der NASA mitfinanzierte Studie des National Socio-Environmental Synthesis Center (SESYNC) und der Universitäten von Maryland und Minnesota warnt einmal mehr vor einem irreversiblen Kollaps der globalen industriellen Zivilisationen infolge exzessiven Ressourcenverbrauchs und zunehmend ungleicher Wohlstandsverteilung, von dessen Beibehaltung Eliten profitieren und daher meist auf den bisher erreichten Wohlstandszuwachs verweisen, um ein von allen alarmierenden Daten unbeeindrucktes "Weiter so" durchsetzen zu können.