"Fakten" für eine Amtsenthebung "noch nicht ganz ausgearbeitet"
Donald Trump ruft China öffentlich zu Untersuchungen über Hunter Bidens Geschäfte dort auf - und Joseph Biden weigert sich, Fragen dazu zu beantworten
Gut zwei Wochen nach der Ankündigung von Repräsentantenhaussprecherin Nancy Pelosi, ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump einzuleiten, ist das formal immer noch nicht geschehen. Stattdessen hat die Demokratische Partei bislang lediglich Mitarbeiter der Administration vorgeladen und zahlreiche Unterlagen über außen- und rüstungspolitische Gespräche angefordert - auch vom Vizepräsidenten Mike Pence, der im Falle eines Amtsenthebungsverfahrens den Präsidentenposten übernehmen würde.
Dass so etwas beim bisherigen Stand der Vorwürfe geschieht, ist allerdings eher unwahrscheinlich, weil dazu nicht nur eine Mehrheit im Repräsentantenhaus, sondern auch eine Zweidrittelmehrheit im republikanisch dominierten Senat nötig wäre (vgl. Amtsenthebungsforderungen: Gewöhnlicher als man denkt). Dort könnte es zwar den einen oder anderen republikanischen Senator geben, dem der als sehr religiös geltende Vizepräsident lieber wäre als der amtierende - aber Pence hätte bei einer Wahl im Herbst wahrscheinlich geringere Chancen als Donald Trump. Vor allem dann, wenn Trump, der früher bei der Reform Party war, dann mit einer eigenen dritten Plattform antreten würde (vgl. Proto-Trump).
"Betrug", "Machtmissbrauch" und "nationale Sicherheit"
Der eigentliche Grund, warum Pelosi so ein Amtsenthebungsverfahren anstrengt, könnte die für einen Wahlkampf potentiell nützliche Medienaufmerksamkeit sein, die die Vorbereitungen dazu generieren. Und die Hoffnung, dass man in Aussagen und Dokumenten auf etwas stößt, was sich skandalisieren lässt. Der demokratische Geheimdienstausschussvorsitzende Adam Schiff meinte der Chicago Tribune zufolge in einem Vortrag an der Northwestern University in Illinois dazu, man habe die "Fakten" für eine Amtsenthebung "noch nicht ganz ausgearbeitet". Fertig ist dem demokratischen Funktionär Hakeem Jeffries nach aber die Begriffskombination, mit der seine Partei Donald Trump angreifen wird: "Betrug", "Machtmissbrauch" und "nationale Sicherheit".
Hoffnungen, mehr skandalisiertbares Material zu finden, hegt man unter anderem wegen eines zweiten Informanten, der sich gestern meldete, und durch die Vorladung der im Mai 2019 abberufenen ehemaligen Ukraine-Botschafterin Marie Yovanovitch. Die gebürtige Kanadierin soll neuen Korruptionsermittlungen entgegengestanden sein, wie Donald Trumps Anwalt Rudolph Giuliani dem Wall Street Journal offenbarte. Giuliani wertet das Beharren auf Korruptionsermittlungen allerdings als legitime politische Handlung: Denn "ein Präsident, der einem gewählten Präsidenten eines als korrupt bekannten Landes sagt, er solle besser Korruption untersuchen, die die USA betrifft, macht seinen Job" - so der ehemalige New Yorker Bürgermeister auf Twitter.
Senior und Junior gemeinsam auf offizieller Chinareise
Trump selbst gab sich am Donnerstag der gleichen Meinung und meinte zur Presse, auch die Chinesen, mit denen am 10. Oktober eine neue Handelsgesprächsrunde beginnt, sollten sich das politische und wirtschaftliche Agieren der Biden-Familie genauer ansehen. Hintergrund ist hier, dass Hunter Biden Joseph Biden 2013 auf einer offiziellen Chinareise begleitete. Später saß der Junior dann im Vorstand einer Investmentfirma mit chinesischen Partnern, die eineinhalb Milliarden Dollar investierten. Hunter Biden sieht darin kein Problem, weil er nach eigenen Angaben erst nach dem Ende der Vizepräsidentschaft seines Vaters selbst 420.000 Dollar investierte.
Inzwischen nahm die ukrainische Justiz ihre Untersuchung der Burisma-Geschäfte wieder auf, wie der ukrainische Generalstaatsanwalt Ruslan Ryaboschapka am Freitag bekannt gab. Als Reporter Joseph Biden kurz danach Fragen dazu stellten, weigerte sich der ehemalige Vizepräsident explizit, diese zu beantworten und twitterte stattdessen, Donald Trump werde es nicht gelingen, ihn und seine Familie zu "zerstören".
Interessenslage in der Ukraine-Affäre verläuft nicht sauber entlang der Parteilinien
Sollte bei den Untersuchungen in der Ukraine - und eventuell auch in China - etwas für die Biden-Familie unangenehmes herauskommen, wäre Donald Trump allerdings nicht der einzige Profiteur. Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren, die sich sehr entschieden für das Amtsenthebungsverfahren ausspricht, hätte dann möglicherweise einen wichtigen innerparteilichen Rivalen weniger. Ihr anderer wichtiger Rivale, Bernie Sanders, musste sich letzte Woche zwei Stents legen lassen, nachdem er durch einen Arterienverschluss einen Herzinfarkt erlitt. Seine 78 Jahre hatte man ihm bereits bei den letzten Fernsehdebatten immer stärker angemerkt.
Dass die Interessenslage in der Ukraine-Affäre nicht sauber entlang der Parteilinien verläuft, zeigten am Wochenende auch Äußerungen von republikanischen Politikern wie John Kasich und Mitt Romney, der twitterte, Trumps Aufforderungen an die Ukrainer und die Chinesen seien "falsch" und "abstoßend". Der Präsident konterte darauf mit der Bemerkung, Romney sei ein "pompöser 'Esel'", der nicht wisse, "wie man gewinnt" und bei seiner letzten Wahl zum Senator um eine präsidentielle Empfehlung "gebettelt" habe. In Anspielung darauf, dass sich die Bürger von Utah in einer Umfrage aus dem Juli mit Romney so unzufrieden gezeigt hatten wie mit keinem anderen Vertreter ihres Bundesstaats, regte er außerdem ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Mormonen an (was jedoch weder im US-Bundesrecht noch in Utahs Staatsgesetzen vorgesehen ist).
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