Fall Mollath: Der Stolperstein der Beate Merk

Die bayerische Justizministerin zwischen Paralleljustiz, einem gähnenden Hündchen und einem Zwangspsychiatrisierten

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Beate Merk hat im Fall Mollath versagt. Als Politikerin, als Justizministerin, als Mensch. Ihr Handeln hat einen Öffentlichkeitsgau provoziert. Sie muss durch ihr Verhalten mit die Verantwortung dafür tragen, dass die bayerische Justiz einem ungeheuerlichen Verdacht ausgesetzt und ihr Ruf schwer beschädigt ist. Die beiden Wiederaufnahmeanträge von Rechtsanwalt Gerhard Strate und der Regensburger Staatsanwaltschaft, bringen auf formaler Ebene auf den Punkt, was seit Monaten die Spatzen von den Münchner Dächern pfeifen: Gustl Mollath wurde übel mitgespielt. Doch Merk redet, ob in Interviews, im Rechtsausschuss oder im Landtag, unaufhörlich von der "Gefährlichkeit" des Zwangspsychiatrisierten. Nun hat sich Merk wieder zu Wort gemeldet, wehrt sich, spricht gar von Verleumdung. Deutlich wird: Merk agiert in ihrer eigenen Sinnprovinz. Merk erkennt nicht, dass der Fall Gustl Mollath längst ihren Fall eingeläutet hat.

Die Welt von Beate Merk ist scheinbar eine bunte, eine farbenfrohe, ja eine frische und luftige Welt. Mal steht die Justizministerin, bekleidet mit einem pinkfarbenen Jäckchen, vor einer überdimensionalen Kinderfigur mit grünem Kopf und lacht vergnügt in die Kamera , mal winkt sie herzlich aus einer offenen Kutsche, die mit Blumen geschmückt ist, den Betrachtern auf der Straße zu. Mal sitzt sie lächelnd auf einem Fahrrad, mal teilt sie sich das Steuer eines alten Busses zusammen mit der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen.

Wer sich einen ersten Eindruck von der Dame, die einige Jahre vor Beginn ihrer steilen Karriere auch im bayerischen Innenministerium gearbeitet hat, verschaffen möchte, sollte sich auf der Homepage der Ministerin umschauen. Merk zeigt sich dort mit bekannten Gesichtern und Persönlichkeiten. Merk mit Hillary Clinton, Merk mit Sylvester "Rocky-Rambo" Stallone, Merk mit dem Papst, Merk mit Angela Merkel, Merk mit den Politstars und den Celebrities dieser Welt. Doch Merk bietet auf ihrer Internetseite neben vielen schönen bunten Bildern, auch Inhaltliches.

Bayerische Justizministerin Beate Merk. Bild: Ralf Roletschek/ CC-BY-SA-3.0

Merk, so darf man erfahren, sagt "nein zu Doping und Wettbetrug", sie steht für ein "Dynamisches Neu-Ulm" - jene Gegend, in der Sie gute 8 Jahren Oberbürgermeisterin war -, sie setzt sich für Opferschutz vor Täterschutz ein und, auch das darf man hervorheben: sie führt ihre Mitgliedschaft bei den Rotariern an.

Transparenz scheint der Frau, die direkt neben ihrem Lebenslauf auf der Internetseite ein Bild von sich und einem gähnenden Hündchen platziert hat, wichtig. Auf ihrer Homepage sind mehrere Dutzend Reden veröffentlicht, die sie in den vergangenen drei Jahren gehalten hat. Das ist vorbildlich. Sie sprach Grußworte zur Eröffnung des Magnolienballs in München, sie hielt eine Rede zum Neujahrsempfang des CSU-Ortsverbandes Landau und sprach ein Grußwort "anlässlich der Einweihungsfeier der Sparkassendome DAV in Neu-Ulm. Auch für Geschichte interessiert sich die bayerische Justizministerin. Zum Tag der Deutschen Einheit im Oktober 2010, reiste sie extra nach Zagreb in Kroatien, um eine Rede zu halten, und auch zur Eröffnung des "Memoriums Nürnberger Prozesse" sprach sie. Vielleicht sollte man das an dieser Stelle auch nochmal wiederholen: Sie sprach zur Eröffnung des "Memoriums Nürnberger Prozesse".

Die Welt des Gustl Ferdinand Mollath hingegen, ist seit über 7 Jahren alles andere als eine frische, luftige und leichte Welt. Eingesperrt hinter hohen Mauern, unterliegt er als angeblich psychisch kranker Gewalttäter der Kontrolle einer totalen Institution: der forensischen Psychiatrie in Bayreuth.

"Ich habe nicht das Recht, entsetzt zu sein"

Beate Merk ist seit Oktober 2003 Justizministerin in Bayern. Unter ihrer Aufsicht, so darf man es ruhig sagen, hat sich der Fall Mollath entwickelt, hochgeschaukelt und zugespitzt.

Die Gerichte, die Staatsanwaltschaften, die Steuerbehörden und die Politik haben im Fall Mollath allesamt über Jahre nicht reagiert. Dieses Nichtreagieren oder vielleicht treffender: das fragwürdige Reagieren, ist nun Gegenstand des Interesse eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Merk selbst wird im Laufe der nächste Woche in den Fokus des Untersuchungsausschusse rücken, denn auch sie hat im Fall Gustl Mollath über einen langen Zeitraum nicht reagiert. Und noch schlimmer: Als sie endlich reagiert hat, hat sie auf eine so "eigenwillige" Art reagiert, dass ihr Verhalten geradezu einen Öffentlichkeitsgau ausgelöst hat.

In einem Interview vom Dezember des vergangenen Jahres sagte die Ministerin zum Fall Mollath unterkühlt: "Ich habe nicht das Recht, entsetzt zu sein." Um nur ein Beispiel eines aufgebrachten Lesers und Bürgers hier anzuführen, der schreibt:

Wenn ein so gravierender Verdacht von Fehlgutachten + Justiz-Versagen mit der Folge von 7 Jahren Freiheitsentzug aufkommt, dann hat jeder anständige Mensch mit oder ohne Amtwürden die Pflicht entsetzt zu sein.

Das Problem wird deutlich: Über den gesamten Verlauf der Mollath-Affäre sieht die Öffentlichkeit eine bayerische Justizministerin, die mit markigen Worten und entschlossener Mimik das Handeln der Behörden verteidigt, und dabei eine mehr als problematische Auffassung von ihrem Amt als Justizministerin offenbart.

Wird Merk gefragt, warum sie die Meinung der "fehlbaren" Gerichte und psychiatrischen Gutachten zu ihren eigenen mache, dann zieht sie sich zurück, versucht "klarzustellen", dass sie ja nur "erkläre", "warum ein Gericht - oder genauer gesagt mehrere Gerichte, u.a. der Bundesgerichtshof - so entschieden haben"." Sie sagt dann: "Es geht hier um richterliche Entscheidungen. Eine Justizministerin darf diese nicht bewerten, nachprüfen oder kommentieren." ("Wie kommen Sie darauf, dass es nicht nach Recht und Ordnung zugeht?")

Wer sich Merks öffentliches Agieren im Fall Mollath anschaut, darf die Ministerin bei derartigen Aussagen ruhig darauf hinweisen, dass das, was sie lediglich als "erklären", bezeichnet, nur noch unter dem Verlust jeglichen Realitätssinns als die sachliche Wiedergabe höchst richterlicher Entscheidungen verstanden werden kann.

Merks Agieren in der Causa Mollath spricht eben gerade nicht die Sprache einer Justizministerin, die es versteht, die Souveränität der Judikative zu achten und zugleich bereit ist, auch mit Entschlossenheit einzuschreiten, wenn so ein schlimmes Fehlverhalten des Justizsystems, wie es im Fall Mollath deutlich wurde, ans Licht kommt. Merk hätte, daran kann heute nicht mehr gezweifelt werden, viel früher der Staatsanwaltschaft Anweisung erteilen müssen, sich den Fall zur Brust zu nehmen. Merk hätte nach außen hin klar kommunizieren müssen, dass sich um den Fall Mollath mit einem kritischen Auge gekümmert wird und das, wenn nötig, Konsequenzen auf allen Ebenen gezogen werden. Vielleicht, ja wahrscheinlich sogar, wäre dann der öffentliche Unmut längst nicht so hochgekocht.

Doch Merk hat sich einer Strategie bedient, die deutlich macht, dass sie als Justizministerin, einer ihrer Hauptverantwortungen, nämlich "ihren Laden", wie man so sagt, im Griff zu haben, nicht nachkommt. Merk hat beschönigt, Merk hat verschleiert, Merk hat Verantwortung von sich geschoben, Merk hat immer wieder in Interviews ausweichend und rhetorisch reagiert, kurz um: Merk hat als Justizministerin, zumindest was die Affäre Mollath angeht, auf ganzer Linie versagt.

Für Merk leidet Mollath weiterhin "an einem verzerrten Wahrnehmungsbild"

Ein anschauliches Beispiel für das katastrophale Agieren der Justizministerin in dem Fall, bietet die Sendung Stammtisch des Bayerischen Rundfunk, in der Merk zu Gast war und, neben dem Wetter, auch über den Fall Mollath sprach. Merk spricht in dem "Stammtischgespräch" die angeblich begangenen Körperverletzungen von Mollath an seiner Frau an:

Er sitzt nicht im Bezirkskrankenhaus, weil möglicherweise irgendwelche Geldverschiebungen stattgefunden haben, sondern, weil das Gericht entschieden hat, dass er eine gefährliche Körperverletzung begangen hat, dass er seine Frau gewürgt hat bis zur Bewusstlosigkeit, dass er sie eingesperrt hat …das hat das Gericht festgestellt und aus diesem Grund ist er in der Psychiatrie.

Merk greift hier einen hochumstrittenen Aspekt des Urteils gegen Mollath auf, von dem sie sicher sein kann, dass er Emotionen schürt. Merk weiß genau, dass niemand gerne Sympathien für einen Gewalttäter aufbringen wird, der seine Frau gewürgt und misshandelt hat. Merk unterstreicht ihre Einlassungen durch eine Mimik, Gestik und Intonation, die den ahnungslosen Zuschauer nur zu einem Schluss kommen lassen: Mollath sitzt zu Recht in der Anstalt.

Alleine schon die Tatsache, dass Merk, offensichtlich unter völliger Ausblendung zweier Wiederaufnahmeanträge und der damit klar sichtbaren Schlampigkeit des ursprünglichen Urteils, noch immer kein Wort zu den Justizfehlern sagt, wirft ein fragwürdiges Licht auf die Ministerin. Hinzu kommt: Einerseits verweist Merk in ihren Stellungnahmen immer wieder darauf, dass sie sich nicht einmischen dürfe, um dann quasi im gleichen Atemzug davon zu sprechen, dass Gerichte in dem Fall "festgestellt haben …" Das Problem hierbei ist: Die gerichtlichen "Feststellungen" werden in der Kommunikation von Merk weitestgehend als "faktisch" behandelt.

Schlimm auch die klar wertenden Aussagen der Ministerin vor dem Bayerischen Landtag: Dort bezeichnet sie Mollath etwa als "kranken Menschen" (0:45:13) oder sagt, sie habe "deutlich machen wollen, dass er [Mollath] an einem verzerrten Wahrnehmungsbild" leidet (046:20).

Wenn selbst der Richter, der das Urteil im Fall Mollath gefällt hat, eingesteht, dass er überlastet war, dass er private Probleme hatte, dass er sich nicht richtig um den Fall kümmern konnte, dass er noch nicht einmal zentrale Schriftsätze des Angeklagten gelesen habe, weil er "anderes zu tun hatte", wenn zentrale Zeugen in dem Fall nicht gehört wurden, kurz: Wenn ein Prozess und das sich daraus ergebene Urteil so viele Mängel offenbart wie im Fall Mollath und eine Justizministerin von einem juristischen "Feststellen" redet, dann ist es wohl an der Zeit, dass der Duden sein Verständnis des Begriffs feststellen nochmals überdenkt. Der Regensburger Strafrechtsprofessor Henning Ernst Müller schreibt zu dem Fall Mollath auf seinem Blog:

Die Strafsache Mollath ist eine bisher von mir nie gesehene Ansammlung von vorsätzlichen Gesetzesverletzungen, gravierenden Verfahrensfehlern, gepaart mit schweren Verteidigungsfehlern und Versagen von kontrollierenden Instanzen.

So notwendig es einerseits sicherlich ist, dass sich Politik aus den Entscheidungen der Justiz heraushält, so wenig greift die Argumentation von Merk in diesem Fall. Merks Aussagen sind so schlimm, weil sie auf eine geradezu perfide Weise die nicht von der Hand zu weisende Notwendigkeit unabhängiger Gerichte pervertiert.

Wenn mögliches Unrecht durch "Recht" (welches in dem Fall, wie es aussieht, weder gesprochen wurde, noch Anwendung fand) gestützt wird, dann ist ein so beschämender Grad der "Rechtsanwendung" erreicht, dass eine Justizministerin innerhalb des ihr zur Verfügung stehenden "Rahmens", eingreifen muss - schnell und unverzüglich.

Doch der Tiefpunkt des politischen Handelns der Bayerischen Justizministerin ist an dieser Stelle noch immer nicht erreicht.

Merk versucht tatsächlich auch noch den Anstoß zur Prüfung des Wiederaufnahmeverfahrens, der formal betrachtet, nach einem schier endlosen Hin und Her, von ihr ausgegangen ist, als Hinweis auf ihr aufrichtiges Engagement in der Causa Mollath nach außen zu verkaufen. Merk sagte gegenüber der FAZ: "Ich muss aber auch ganz klar sagen: Ich habe mich nie geweigert, die Zweifel der Menschen an den Entscheidungen zu klären. Das war von Anfang an mein Ziel." Merk inszeniert sich mit dieser Aussage geradezu als die Vorreiterin im Kampf um Recht für Gustl Mollath.

Doch bereits in der ersten Aussage des Interviews von Report Mainz antwortet Merk auf die Frage, ob "Herr Mollath zu Recht in der Psychiatrie sitzt": "Ja, das tut er!" Sie begründet dann ihre Aussage:

Herr Mollath ist gefährlich. Man hat das auch unter anderem dadurch festgestellt, dass er schwere Körperverletzungen an seiner Ehefrau begangen hat. Das Gericht hat es festgestellt, aufgrund von Gutachten und…insofern muss ich davon ausgehen, dass er zu Recht in der Psychiatrie sitzt, ja.

Wenn Merk, so wie sie es im FAZ-Interview anspricht, tatsächlich doch eigentlich hinter den Kulissen alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um zu einer Aufklärung beizutragen, dann hat sie nahezu in jeder Sekunde des gut 15 Minuten dauernden Report-Mainz-Interview, in dem sie sogar einmal, als es "unangenehm" wird, darum bittet, die Kamera auszuschalten (13:33), den gegenteiligen Eindruck erweckt. Wenn Merks Aussagen in der FAZ der Wahrheit entsprechen, dann offenbart die bayerische Justizministerin ein gravierendes Kommunikationsproblem, das zu schwersten Missverständnissen mit der Öffentlichkeit geführt hat - und weiter führen kann. Dann wäre Merk - auch aufgrund weiterer zu erwartender "Kommunikationsprobleme" in der Öffentlichkeit - ein permanentes Risiko, das sich keine Partei leisten könnte.

Fall einer Paralleljustiz?

Aber, auch das soll nicht unerwähnt gelassen werden, mitunter geht Merk durchaus auch kritisch mit der Justiz ins Gericht. Merk sagte doch tatsächlich in einer Rede:

Ich rede von einer "Paralleljustiz", die sich vor dem Staat versteckt und unser Rechtssystem unterläuft… Eine "Paralleljustiz", die die Aufklärung von Straftaten behindert und die Grundentscheidungen unserer Verfassung in unerträglicher Weise ignoriert…dürfen wir nicht dulden.

Ist es vermessen anzunehmen, Merk könnte hier über Teile der bayerischen Justiz sprechen? Vielleicht sogar über den Fall Mollath? Gewiss, das tut sie nicht. Merk spricht über die Scharia-Gerichtsbarkeit in Deutschland. Doch wenn Merk schon so offen das Wort Paralleljustiz gebraucht, sollte es gestattet sein, die Ministerin zu fragen: Frau Merk, hat sich im Fall Mollath auch eine Art Paralleljustiz bemerkbar gemacht, ähnlich der Paralleljustiz, über die Sie in ihrer Rede gesprochen haben?

Eine Paralleljustiz, die sich inmitten unseres Rechtssystems gebildet hat. Eine Paralleljustiz, die aus der Mitte unseres Rechtssystems kommt. Eine Paralleljustiz, die über alle formalen Voraussetzungen des staatlichen Justizsystems verfügt und mit dem symbolischen Kapital des Systems, in dem sie sich bewegt, geradezu übergossen wird. Ein Paralleljustiz, die Recht spricht mit der vollen Deckung der Institutionen, in die sie eingebunden ist. Eine Paralleljustiz, die aber, im Gegensatz zur wahren Justiz, nicht Recht im Sinne des Rechts, sondern Unrecht spricht im Namen dessen, was diese Form von "Schattenjustiz" als "Recht" bezeichnet. Gibt es diese "Paralleljustiz" in Bayern, Frau Ministerin?

Wenn es diese "Paralleljustiz" in Bayern nicht gibt, wie ist es dann zu erklären, dass es über 7 Jahre gedauert und einen massiven Druck der medialen Öffentlichkeit benötigt hat, bis ein Wiederaufnahmeverfahren im Fall Mollath in greifbare Nähe gerückt ist? Was wäre passiert, wenn der Revisionsbericht der HypoVereinsbank nicht an die Öffentlichkeit gelangt und die Medien nicht massiv über den Fall berichtet hätten?

Der Fall Mollath ist längst zu einer Schande für die bayerische Justiz und für die bayerische Politik geworden - daran kann kein Zweifel mehr bestehen. Doch Merk hat das nicht begriffen. Ob es ihr überhaupt in den Sinn kommt, dass sie als Justizministerin untragbar geworden ist? Überhaupt: Der Realitätsbruch zwischen Merks (visueller) politischer Inszenierung und ihrem tatsächlichen politischen Handeln ist so offensichtlich und zugleich so unerträglich.

Merk beim Tauchen, Merk über den Dächern von München beim Abseilen von einem Haus, Merk in der Leitzentrale der Polizei, kurz: Merk zu Lande, zu Wasser und in der Luft. So zeigt sich Merk auf ihrer Homepage. Die politische Selbstdarstellung von Beate Merk ist einfach zu dekonstruieren. Merk am Steuer eines Busses (sie hat alles im Griff, das Steuer fest in der Hand), Merk beim Abseilen von einem Haus (Merk ist mutig, traut sich was), Merk in der Leitzentrale der Polizei (Merk mitten im "Gefechtsstand", sie hat den Überblick, die Kontrolle), Merk mit einem süßen Hündchen auf dem Arm (Merk hat Herz):

Was ist von einer Politikerin zu halten, die mit einer derart plumpen Bildsprache, die wahrscheinlich selbst manch "einfachem" Lokalpolitiker zu billig wäre, ihr politisches Image aufbaut? Die Bilder, die die politische Inszenierung der Beate Merk zeigen, dienen nur einem Zweck: zu verschleiern. Sie verschleiern, indem sie vorgeben, etwas zu zeigen. Doch das, was sie zeigen, zeigt so offensichtlich gerade das, was doch verschleiert werden soll.

Man muss beim Betrachten der Bilder, die Merk auf ihrer Homepage zeigt, nur die "Antithese" mitdenken. Wir sehen eine Frau, die alles dransetzt, sich selbst zu inszenieren, um durch die Kraft der Illusion ihren Weg in der Politik zu gehen. Doch der Fall Mollath ist das Kontrastmittel, das die wahre Realität ihres politischen Seins und Handelns sichtbar macht. Beate Merk muss sich mindestens an dem messen lassen, was sie bis zur Prüfung des Wiederaufnahmeverfahrens öffentlich gesagt hat. Und das war katastrophal.

Merk hat, so darf man es sehen, die Frage ihrer persönlichen Macht und ihrer Karriere, über das Schicksal eines Menschen gestellt. Gustl Mollath, ein Mensch aus der gesellschaftlichen Mitte, hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals die Aussicht bekommen, doch noch ein ordentliches Verfahren, wie es einem Rechtstaat würdig ist, zu erfahren und wie es jetzt zumindest möglich erscheint, wenn es nicht zu so einem massiven Druck durch die Medien gekommen wäre. Dieser Gedanke ist unerträglich und er ist aufs Engste mit der bayerischen Justizministerin verbunden. Beate Merk darf nicht mehr im Amt bleiben. Es wird Zeit, dass Horst Seehofer einschreitet und tut, was er tun muss.