Falscher Fokus, falscher Feind

Seite 3: Eine Antifa, die Respekt vor Staatsgewalt fordert?

Geradezu staatstragend ist der Vorwurf an die Querdenker, die Staatsgewalt völlig zu missachten. Mir ist dieser Schwenk zur (teilweisen) Anerkennung der Staatsgewalt neu! Es ist doch mehr als verrückt, wenn Antifas andere zur Akzeptanz des Staates und seiner Organe auffordert. Gehörte es nicht zu den Essentials antifaschistischer Erfahrung und Praxis, dass man der Staatsgewalt grundsätzlich misstraut, dass man ihr nicht die Einhaltung und Durchsetzung der gesellschaftlichen Ordnung überlässt?

"Stuttgart gegen rechts" will die Querdenker als Faschisten bekämpfen und versteht dies als antifaschistischen "Kampf". Irgendetwas stimmt an diesem antifaschistischen Kampf ganz und gar nicht.

Als sich 2011 die neonazistische Gruppierung NSU selbst bekannt gemacht hat, als sich also die Terrordelikte, die von der "Lügenpresse" zehn Jahre als "Dönermorde" verkauft worden waren, als rassistische Morde herausstellten, wurde schnell klar, dass Baden-Württemberg zu einem bevorzugten Bundesland des NSU zählte. Im Kontext der Ermordung der Polizistin Michele Kiesewetter in Heilbronn 2007, der vorsätzlichen Verschleppung der Aufklärung bis heute, starben mehrere Zeug:innen, die sich meist selbst das Leben genommen haben sollen, nachdem sie ihre Aussage zum Fall angeboten hatten.

Zugleich wurde deutlich, wie viele neonazistische Gruppierungen in Baden-Württemberg aktiv sind und im engen, direkten und ideologischen Kontakt zum NSU-Netzwerk standen. Wäre es nicht ehrlich, aufzuarbeiten, warum (nicht nur) die "Antifa" buchstäblich vom Erdboden verschwunden war, als man mit der Dimension dieses neonazistischen Untergrundes konfrontiert war?

Ich habe die Kleinmütigkeit, die Angst und das Fehlen von handlungsfähigen antifaschistischen Strukturen sehr nahe erlebt, als es um Recherchen im NSU-Kontext ging, als es um Mithilfe gegangen wäre, um eine eigenständige Aufklärung der politischen Zusammenhänge, die in die Tat von Heilbronn 2007 hineinspielen.

Das zeigt: Sich heute eine Maske aufzuziehen und sie einer Antifa-Fahne gleich zu tragen, genügt noch lange nicht.

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