Faschisten randalieren unter Corona-Vorwand
Rechtsradikale Gruppen randalieren in spanischen Städten, um Chaos zu inszenieren. Überschaubare Anzahl von Teilnehmern
In der dritten Nacht in Folge ist es in Spanien zu Ausschreitungen gekommen. Randalierer benutzen die Corona-Maßnahmen wie die nächtlichen Ausgangsbeschränkung als Vorwand, um am Sonntag in den Städten Logroño und Leon erneut Krawall zu schlagen. In Leon wurde mit blinder Zerstörungswut mit Tischen und Stühle von Kneipen um sich geschmissen, Autos wurden beschädigt und Müllcontainer in Brand gesetzt. In Logroño, Madrid und Barcelona wurden zum Teil auch Läden geplündert.
All das passt so gar nicht mit dem Diskurs der Protestierer zusammen, die sich angeblich um das Wohl der einfachen Menschen, Selbstständigen und Kneipiers sorgen, deren ökonomische Grundlage durch Corona-Schutzmaßnahmen zerstört würde.
So verurteilte der baskische Regierungschef Iñigo Urkullu die Vorgänge: "Es handelt sich auch um Terrorismus", wenn "Gesundheit und Wohlstand angegriffen" werden. Sein Vize Josu Erkoreka verwies darauf, dass die Vorgänge über rechtsradikale soziale Netzwerke verbreitet wurden. Die baskische Polizei ermittle das Profil derer, die hinter den Krawallen stünden. Fünf von sechs Festgenommenen seien bei der Polizei aktenkundig, unter anderem wegen gewalttätiger Übergriffe auf ihre jeweiligen Partnerinnen. Es ist eher erstaunlich, dass die baskische Polizei, die an ganz andere Vorgänge gewohnt ist, die Krawalle einiger Dutzend nicht schnell in den Griff bekommen hat.
Der Chef der Linkskoalition "Unidas Podemos" (UA) macht rechtsradikale Gruppen für die Vorgänge unmittelbar verantwortlich. Laut Pablo Iglesias versuchten die Demonstranten, eine "Strategie der Spannung" anzuwenden. Dass hinter den Vorgängen eine Strategie steht, drängt sich regelrecht auf. Tatsächlich wurde im Vorfeld in rechtsradikalen Netzwerken massiv zu den Aktionen aufgerufen. Darauf wies der Journalist und Experte der Ultra-Szene Jordi Borràs hin, der auf der Abschussliste der Rechtsextremen steht. Er veröffentlichte per Twitter Screenshots aus den Netzwerken der Ultras.
Ohnehin machen die Rechtsradikalen keinen Hehl daraus, hinter den nicht angemeldeten Demonstrationen zu stehen. Der Chef der Jugendorganisation der ultrarechten "Democracia Nacional" (DN) twitterte schon am vergangenen Dienstag: "Kommende Versammlungen in Barcelona, Valencia, Logroño und Saragossa, hier die Plakate, maximale Verbreitung und Beteiligung in allen Städten". Inzwischen hat Pablo Lucini den Tweet gelöscht.
Aus ihrer faschistischen und antisemitischen Gesinnung machten die Rechten in den verschiedenen Städten auch gar keinen Hehl. Sie zeigten Hitlergrüße und riefen "Sieg Heil". In Barcelona mischten sich Rechtsradikale und ultrarechte Hooligans der "Boixos Nois" am Freitag unter die Teilnehmer einer Demonstration von Kneipenbesitzern und Corona-Leugner. Aus der Demo wurde die katalanische Polizei umgehend angegriffen.
"Fuck Jewish" oder "SS" wurde an die Wände gesprüht. "Aufstehen Europa", hieß es dort auch. Dazu wurde ein durchgestrichener Judenstern und ein durchgestrichenes Hammer-und-Sichel-Symbol gesprayt. Das entspricht der Denkweise von VOX, die gerade mit einem Sturz der "sozial-kommunistischen Regierung" per Misstrauensantrag im spanischen Parlament gescheitert ist.
Aus der ultrarechten VOX-Partei, der drittstärksten Kraft im spanischen Parlament, kamen sofort auch Rechtfertigungen. "Sie nennen sie (Corona-)Leugner, aber es sind Arbeitslose." Es seien "einfache Spanier, die die Nase voll hätten, eingelocht und zur Misere verurteilt zu werden", meinte der VOX-Chef in Barcelona, Ignacio Garriga. Für die Verteidigung der Krawalle per Tweet, den er inzwischen gelöscht hat, "entschuldigte" er sich, um sogleich neuen Fake zu verbreiten und Rassismus zu schüren. Er spricht nun von "Seelenlosen, die wir in Katalonien kennen"– und meint damit "Menas" (unbegleitete junge Flüchtlinge) und linke "Systemgegner", die für die Vorgänge verantwortlich seien.
Dabei vermischte er zwei Vorgänge, die nichts miteinander zu tun hatten, denn am Tag nach den Ausschreitungen demonstrierten in Barcelona etwa 1.500 Menschen gegen die stark zunehmenden Zwangsräumungen. Bei dieser Demonstration wurden Sicherheitsabstände eingehalten und auch Schutzmasken getragen. In diesem Rahmen wurden am Bürgermeisteramt Scheiben eingeworfen und es kam zu kleineren Scharmützeln mit der Polizei in der Altstadt. Wer aber die Verantwortlichen waren, ist unklar. Die Zeitung La Vanguardia vermutet – da ebenfalls wieder zu Protesten von Rechten mobilisiert worden war –, dass diese für die Vorgänge verantwortlich sein könnten.
In der Linkskoalition UP sieht man VOX hinter den mehrfachen Ausschreitungen. UP-Sprecher Pablo Echenique twitterte: "Eine weitere Krawall-Nacht, die von Nazis und Faschisten angezettelt wurde." Geschürt werde die Gewalt vom Partner der rechten Volkspartei (PP) und den Ciudadanos (Cs) – der rechtsradikalen Partei VOX. Schließlich arbeiteten die drei Gruppierungen in den Städten Murcia und Madrid sowie in der Region Andalusien zusammen. Das Bündnis würde, so Echeniques Vermutung, nicht einmal im Fall eines rechtsradikalen Attentats aufgekündigt..