Fast 4.000 "Reichsbürger" in Bayern

Innenminister Herrmann: "Es handelt sich nicht um irgendwelche Spinner". Zum Personenkreis der obskuren Szene gehören auch Polizisten

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In Bayern gibt es immer mehr "Reichsbürger", jedenfalls, was die veröffentlichten Zahlen der Personen angeht, die als solche identifiziert wurden. Wie CSU-Innenministers Joachim Herrmann am Mittwoch, den 28.02. 2018, im Landtag bekannt gab, zählt man in Bayern derzeit 3.850 Personen, die zu dieser obskuren "Szene" gerechnet werden, deren Mitglieder nicht als homogener Block, sondern als ziemlich unterschiedlich beschrieben werden und deren gemeinsames Kennzeichen die Nicht-Anerkennung der Bundesrepublik ist.

Bayern stellt mit beinahe 4.000 "Reichsbürgern" etwa ein Viertel der bundesweit bekannten Vertreter dieser Verweigerungshaltung, wird berichtet. In ganz Deutschland sollen es 15.600 " Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter " sein, eine Zahl, die laut Informationen des Focus von "Verfassungsschutzämtern der Länder" stammt. Berichte darüber erschienen Mitte Januar dieses Jahres.

Schon da war von einer Steigerung der Zahlen die Rede, da man Anfang Januar 2017 noch von 15.000 dieser als gefährlich eingestuften politischen Eigenbrötler ausging. Im Focus-Bericht wurde Bayern als bundesdeutsches Gelände mit dem größten Anteil der Szene dargestellt, mit 3.500 "Reichsbürgern".

Jetzt sind es laut Hermann 350 mehr, das ist nicht unbedingt viel - es geht aus den Berichten auch nicht klar hervor, ob die Szene der "Reichsbürger" wächst oder ob die Behörden nun wachsamer sind, genauer hinschauen und besser sehen - aber: Tatsächlich kann man anhand bekannt gewordener spektakulärer Einzelfälle, die auf ein enormes Maß an Gewalt- und Erregungsbereitschaft schließen lassen, sagen, dass das viel gebrauchte Klischee von jedem Einzelnen, der zählt, hier zutrifft.

Die Einzelfälle deuten auf Waffennarren hin, mit deren Gewaltbereitschaft gegenüber Behördenvertretern nicht zu spaßen ist.

Über Bayern hinaus bekannt wurde im Oktober 2016 der Fall des Reichsbürgers, der im mittelfränkischen Georgensgmünd bei einer Polizei-Hausdurchsuchung auf einen Polizisten schoss, der später seinen Verletzungen erlag.

Damals sprach Hermann davon, dass er entsetzt sei über eine in Bayern bisher so nicht gekannte Eskalation. Als Spinnerei könne man dies nicht abtun, betonte er: "Wenn es zu brutaler Gewalt führt, dann ist es keine Spinnerei mehr."

Seither nimmt er die Sache ernst. Dass es sich um keine Spinnerei handle, betonte er auch heute wieder: "Bei den sogenannten Reichsbürgern handelt es sich nicht um irgendwelche Spinner, sondern um Leute, die klar außerhalb des Grundgesetzes stehen."

Ein aktueller Fall in Hof, wo bei einem mutmaßlichen "Reichsbürger" "viele Schusswaffen, drei Langwaffen und Munition für mehr als 2000 Schuss" gefunden wurden und der 61-Jährige eine geladene scharfe Schusswaffe bei sich hatte, bestätigt Warnungen vor den obskuren Einzelgängern, die unter "Reichsbürger" eingereiht werden.

Bei rund 1.400 Personen seien die Überprüfungen wegen eines Verdachts noch nicht abgeschlossen, wird Herrmann weiter zitiert. Laut Bericht des Innenministeriums wurden gegen 18 Polizei-Beamte bis Ende Dezember letzten Jahres ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dabei handele es sich um 13 aktive und fünf Ruhestandsbeamte.

Nach Informationen des Verfassungsschutzes sind 90 Prozent der "Reichsbürger" nicht organisiert. Zehn Prozent gehören Gruppierungen wie dem Bundesstaat Bayern, den Germaniten oder dem Staatenbund Deutsches Reich an. "Reichsbürger" wurden auch als Funktionsträger bei der AfD identifiziert. Namen nannte Verfassungsschutzpräsident Burkard Körner nicht. Er verwies darauf, dass die Reichsbürger vor allem ältere Männer zwischen 40 und 70 Jahren sind.

BR

Etwa 60 "Reichsbürger" in Bayern seien dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen, so der Bericht des BR.