Fertigmachen für kommende Bankenrettungen

Seite 2: Was aus Spanien auf Europa zurollt

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Leider wird auch Spanien nicht mit offenem Visier angetreten, sondern wird wie üblich eher verschleiert. Deshalb sei ein eingehender Blick auf die spanischen Arbeitsmarktdaten geworfen. Denn ohne eine kritische Betrachtung erhält man über die Daten des Statistikamts (INE) einen völlig falschen Eindruck und zieht daraus dann auch die falschen Schlüsse.

Die INE-Daten dürfen wie stets nur mit großer Vorsicht genossen werden. Das zeigt zum Beispiel schon die Tatsache, dass in Spanien die Arbeitslosigkeit offiziell nach Angaben des Statistikamts von 14,41% im 1. Quartal nun angeblich auf 15,33% im 2. Quartal gestiegen sein soll.

Das ist das Ergebnis nach einem Verlust von fast 1,1 Millionen Beitragszahlern der Sozialversicherung zwischen April und Juni? Das soll das Ergebnis sein, wenn das INE feststellt, dass die Gesamtzahl der gearbeiteten Stunden "wie nie zuvor" um fast 23% eingebrochen ist? Hatte das Amt schon für das 1. Quartal eine Reduzierung der Beschäftigten um 285.600 Personen auf 19,7 Millionen festgestellt, sollen nun noch 18,6 Millionen beschäftigt sein.

Aber auch INE schränkt ein, dass die etwa 3,5 Millionen Personen, die sich in sogenannter "temporärer Regulierung" (ERTE) befinden, als "Beschäftigte" gezählt werden, obwohl sie meist in Null-Kurzarbeit stecken. Viele davon werden nie wieder ihren Arbeitsplatz betreten. Wenn die ERTE-Regelung im September ausläuft, werden viele in EREs umgewandelt, wie die Massenkündigungen genannt werden. Es ist offensichtlich, dass diese absurden spanischen Angaben den Statistikern fast niemand mehr abnimmt, der mit etwas Sachverstand an die Sache herangeht.

So erklärt zum Beispiel Wolfgang Müller in der Finanzmarktwelt zu den INE-Zahlen: "Alles in allem ein ziemliches Durcheinander mit den Daten zur Beschäftigung." Er stellt in seinem Artikel über "Zweifelhafte Zahlen - das Beispiel Spanien" heraus, dass real im 2. Quartal nur 35% der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter tatsächlich auch gearbeitet habe. Angesichts dessen ist der Einbruch der Wirtschaft vermutlich in der ersten Schnellschätzung sogar noch viel zu positiv geschätzt.

Es muss allen klar sein, was vor allem aus Spanien auf Europa zurollt, denn es handelt sich um ein Land, das in der letzten Krise zur Bankenrettung und danach völlig ausgeblutet worden ist.

Da anders als in Portugal auf die absurde Austeritätspolitik gehört wurde, statt wie das Nachbarland die Spielräume für eine intelligente Politik zu nutzen, kam Spanien nie von der hohen Arbeitslosigkeit (14%) herunter. Nach Lesart von Ökonomen herrschte in Portugal dagegen praktisch im Frühjahr "Vollbeschäftigung", weil die Arbeitslosenquote bei gut 5% lag und sogar im 1. Quartal weiter gesunken war.

Portugal bescherte das deutlich höhere Steuereinnahmen und 2019 einen Haushaltsüberschuss, nachdem die Linksregierung in den vier Jahren zuvor das Defizit immer stärker abbauen konnte, ohne Einschnitte ins Sozialsystem. In Spanien sah das anders aus. Das Defizit konnte lange nicht einmal unter die Marke von 3% gedrückt werden und die Sozialkassen sind leer.

Sozialversicherung zahlungsunfähig

Praktisch ist die Sozialversicherung schon längst zahlungsunfähig. Auch die großen Reserven hatten die konservative Vorgängerregierung fast vollständig aufgebraucht und nur noch durch Kredite können die Renten seit längerer Zeit bezahlt werden, da wegen der weiter hohen Arbeitslosigkeit die Einnahmen dafür nicht reichen.

Und nun steigen die Sozialausgaben weiter massiv an, während die Einnahmen aus der Sozialversicherung und aus Steuern massiv einbrechen. Die Kosten steigen weiter, obwohl das Sozialsystem sehr löchrig ist und obwohl die sozialdemokratische Regierung nur ein paar kleine Flicken aufgesetzt.

Da ist zum Beispiel die Einführung eines völlig unzureichenden Sozialgelds zu nennen, das ebenfalls 3,5 Milliarden Euro kosten soll, allerdings wenig hilft und noch weniger Einfluss auf den Binnenkonsum haben wird.

Und es wird sich rächen, dass der berühmte Stier nicht bei den Hörnern ergriffen wurde und kein bedingungsloses Grundeinkommen wenigstens temporär eingeführt wurde, wie es viele Initiativen gefordert haben. Darüber hätte man wenigstens den Binnenmarkt und die nationale Konjunktur stärken können.

Die bricht aber demnächst erst richtig ein, da internationale Touristen ausbleiben und viele Leute im Land, die von Kurzarbeit oder von Arbeitslosigkeit betroffen sind, einfach kein Geld haben, um es auszugeben und damit die Wirtschaft und den Tourismus zu stärken.

Im September, wenn bisherige Maßnahmen auslaufen, wird es hart. Der Ansatz der Regierung, wie in der EU üblich, die Milliarden auf das obere 1% auszuschütten, statt es denen zu geben, die es tatsächlich ausgeben, wird auch in dieser Krise fatale Ergebnisse zeitigen.

Aus der letzten Krise wurde nichts gelernt. Denn was passiert, wenn die Leute kein Geld haben, sich in den letzten Jahren zudem wieder verschuldet haben oder noch verschuldet sind?

Die Kredite werden in großem Umfang faul.