Festsetzung von Durow in Frankreich: Held der Freiheit oder Sündenbock?
Telegram-Gründer Durow äußert sich zu seiner Verhaftung. Balance zwischen Datenschutz und digitaler Freiheit. Worum es bei dem Streit geht.
Der Mitbegründer des Messenger-Dienstes Telegram, Pawel Durow, hat sich auf seinem persönlichen Kanal des Instant-Messengers erstmals ausführlich zu den Umständen seiner Verhaftung in Paris geäußert. In seiner ausführlichen Stellungnahme erklärte Durow, dass die französischen Behörden ihn für die illegale Nutzung von Telegram durch Dritte verantwortlich machen wollten.
Durow drückte seine Verärgerung über die Festnahme aus, indem er darauf hinwies, dass Telegram eigentlich einen offiziellen Vertreter in der EU habe, der Anfragen von Strafverfolgungsbehörden beantworte.
Zudem hätten die französischen Behörden "zahlreiche Möglichkeiten" gehabt, Durow zu kontaktieren und um Unterstützung zu bitten. Zumal er sich bei einer kürzlichen Anfrage kooperativ gezeigt habe, indem er eine "Telegram-Hotline" eingerichtet habe, um der Terrorgefahr in Frankreich zu begegnen.
"Wenn ein Land mit einem Internetdienst unzufrieden ist, ist es üblich, rechtliche Schritte gegen den Dienst selbst einzuleiten", schrieb Durow. Er kritisierte die Anwendung veralteter Gesetze auf moderne Technologien und warnte davor, dass solche Maßnahmen Innovationen behindern könnten: "Kein Innovator wird jemals neue Werkzeuge entwickeln, wenn er weiß, dass er persönlich für den möglichen Missbrauch dieser Werkzeuge verantwortlich gemacht werden kann", so Durow.
Balance zwischen Datenschutz und Sicherheit
Es sei nicht einfach, die richtige Balance zwischen Datenschutz und Sicherheit zu finden, so der Telegram-Gründer weiter. Als Betreiber habe er sich jedoch verpflichtet, mit den Regulierungsbehörden zusammenzuarbeiten, um die richtige Balance zu finden. "Wir stehen zu unseren Prinzipien", sagte Durow. "Unsere Erfahrung ist geprägt von unserer Mission, unsere Nutzer in autoritären Regimen zu schützen."
Dies zeigte sich laut Durow beispielsweise auch, als Telegram sich weigerte, Verschlüsselungscodes an Russland herauszugeben oder auf Anweisung der iranischen Regierung "Kanäle friedlicher Demonstranten" zu blockieren, was beides zu einem Verbot des Messengers führte. "Wir sind bereit, Märkte zu verlassen, die nicht mit unseren Prinzipien vereinbar sind", so Durow.
Trotz seiner klaren Haltung gegen Zensur betonte Durow, dass Telegram aktiv gegen illegale Inhalte vorgehe. "Wir nehmen jeden Tag Millionen schädlicher Beiträge und Kanäle offline", sagte er. Telegram veröffentliche zudem tägliche Transparenzberichte und arbeite eng mit NGOs zusammen, um dringende Moderationsanfragen schneller zu bearbeiten.
Trotz dieser Beteuerungen und Zugeständnisse gab sich Durow in seiner Aussage kämpferisch: "Wir sind hier, um Gutes zu tun und die Grundrechte der Menschen zu verteidigen, insbesondere in Ländern, in denen diese Rechte verletzt werden".
Verhaftung des Whistleblowers Snowden verurteilt
Durow wurde am 24. August 2024 bei seiner Einreise aus Aserbaidschan von den französischen Behörden festgenommen. Die Behörden hatten Vorermittlungen gegen Durow und seinen Bruder Nikolai mit der Begründung eingeleitet, Telegram gehe nicht ausreichend gegen illegale Aktivitäten auf seiner Plattform vor.
Durow wurde nach vier Tagen gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro freigelassen, darf Frankreich aber bis zum Abschluss der Ermittlungen nicht verlassen. Seine Verhaftung löste weltweit Empörung aus, insbesondere bei Prominenten wie Elon Musk und dem ehemaligen NSA-Whistleblower Edward Snowden, der die Verhaftung auf X scharf verurteilte:
Die Verhaftung von @Durov ist ein Angriff auf die grundlegenden Menschenrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Ich bin überrascht und zutiefst betrübt, dass Macron sich auf das Niveau einer Geiselnahme herabgelassen hat, um Zugang zu privater Kommunikation zu erhalten. Das ist eine Schande nicht nur für Frankreich, sondern für die ganze Welt.
Edward Snowden auf X
Auch Elon Musk äußerte sich kritisch und forderte auf Französisch: "Liberté. Freiheit! Freiheit?", bevor er ein Meme mit einer Überwachungskamera neben den drei Prinzipien der Französischen Republik – Liberté, Égalité, Fraternité – teilte.
Durows Engagement für Meinungsfreiheit und gegen staatliche Zensur machte ihn zu einer umstrittenen Figur. Während die einen, auch in der Bundesrepublik, die Plattform des Russen lange Zeit als Verbreiter von Fake News und "Hass und Hetze" brandmarkten, gilt der ehemalige Young Global Leader des Weltwirtschaftsforums anderen als Widerstandskämpfer gegen staatliche Überwachung und Verteidiger der digitalen Freiheit - und wird bisweilen sogar als neuer Julian Assange gefeiert.