Filtern für die Bürger
Die australische Regierung will den Schutz der Internetnutzer sicherstellen
Das Filtern oder Selektieren von Inhalten, die im Netz angeboten werden, scheint eines der Hauptanliegen von Staaten zu sein. Offenbar sind auch die demokratisch gewählten Repräsentanten stets der Meinung, daß die von ihnen vertretenen Bürger nicht selber in der Lage sind, sich für bestimmte Inhalte zu entscheiden, sondern daß man sie schützen muß. Und selbstverständlich sind Kinder und Jugendliche stets ein guter Anlaß, einen "Schutz" einzuführen, der dann aber auch die Erwachsenen betreffen könnte.
Nachdem das Filtern in den USA nicht recht vorankommt, will jetzt Australien einen Vorstoß unternehmen - und die EU wird dem bald nachfolgen, aber darüber wird Telepolis demnächst berichten. Die australische Regierung jedenfalls hat vor, möglichst schnell "schärfere Maßnahmen zum Schutz der australischen Bürger, besonders der Kinder, vor verbotenen und sehr anstößigen Inhalten im Internet" einzuführen. Das ist ein Anliegen von Richard Alston, des Ministers für Kommunikation, Informationstechnologie und Kunst.
Das Internet ist ja schön und gut, es kann den Zugang zu neuen Diensten eröffnen und neue Jobs schaffen, aber es ist eben auch teuflisches und schlecht kontrollierbares Medium, um Anstößiges und Ungesetzliches jedermann zur Verfügung zu stellen. Also braucht man eine Behörde, die den überforderten Bürgern die Selektionsarbeit abnimmt und sie gar nicht erst in Versuchung führt. In Australien soll das die Australian Broadcasting Authority (ABA) sein, die sich dem annehmen soll, aber auch eine Organisation mit Behörden- und Industrievertretern, die das Internet nach Untauglichem durchsucht, den Menschen, die sich über Anstößiges beschweren wollen, als Ansprechpartner dient und "Aufklärungsarbeit" leistet, beispielsweise über Filter.
Die Provider sollen dadurch entlastet werden. Verantwortlich für Anstößiges oder Verbotenes ist primär der Autor. Doch Provider haben die Verantwortung, entsprechende Inhalte aus ihren Angeboten zu entfernen, wenn sie darauf hingewiesen worden sind, oder den Zugang zu ihnen zu sperren, wenn sie auf externen Servern liegen. Wenn Inhalte nicht "jugendfrei" sind und keine angemessenen Authentifizierungsmechanismen für den Zugang existieren, dann muß auch der Zugang gesperrt werden.
Der ABA obliegt dabei die Aufgabe, die Inhalte zu klassifizieren, um die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten. Schwierig ist es freilich, wenn die anstößigen Inhalte im Ausland angeboten werden. Hier hilft nur Sperrung und die Benachrichtigung der Sicherheitsbehörden im Ausland. Irgendwie setzt man aber auch auf die berühmte Selbstregulierung durch einen Verhaltenscode, mit dem sich die Provider verpflichten, schnell mit der Sperrung zur Hand zu sein und so weit wie möglich "nicht hinnehmbaren" Inhalt auszufiltern. Mit "neuen Technologien" wird es dann den Providern, so versichert das Ministerium, möglich werden, Inhalte, die nur für Erwachsene sind, nur für diese zugänglich zu machen - und die Zugangssperren permanent auf den neuesten Stand zu bringen.
Die Electronic Frontiers Australia hat schon einmal ihre Website eingeschwärzt, um gegen diese Zensur zu protestieren. Sie kritisiert, daß die Regierung Inhalte, die offline legal seien, im Internet ungesetzlich machen wolle. Überdies sei das Sperren von Inhalten, die auf ausländischen Websites angeboten werden, praktisch nicht durchführbar. Solche Zensurversuche würden nur Staaten wie China, Singapur oder einige arabische Länder verfolgen. Und überhaupt sei der Zugriff auf Inhalte eine Privatsache. Wenn Provider Inhalte sperren müssen, sei das ein nicht akzeptabler Eingriff in die Privatsphäre. Gegen das Vorhaben vorzugehen, bleibt nur wenig Zeit. Am 30. April läuft die Frist ab, um Protest anzumelden. Daher fordert EFA alle, die das Internet frei haben wollen, dazu auf, sofort zu handeln, um diese "drakonischen Vorschläge" zu stoppen.