Fleisch und sein wahrer Preis: Schockvideos aus Mastställen und gefährliche Keime
Seite 2: Lidl-Lieferanten weisen Vorwürfe zurück
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Man setze alles daran, die Vorwürfe der Tierschutzorganisationen zu überprüfen, erklären Lidl-Vertreter, die mit den Videos konfrontiert wurden. Man werde intensiv daran arbeiten, das Sortiment in Zusammenarbeit mit Partnern und Lieferanten entlang der gesamten Lieferkette und mit Blick auf die Kundenbedürfnisse tierwohlgerechter zu gestalten.
Zwar lägen ihnen keine Hinweise zu Tierschutzverletzungen vor, doch habe man wegen der Vorwürfe eine zusätzliche unabhängige Prüfung durch externe Sachverständige veranlasst. Die Einhaltung des Tierschutzes liege in der Verantwortung der Landwirte. Diese würden regelmäßig "von unabhängigen, externen Auditoren im Rahmen der QS-Anerkennung" überprüft. So werde ein Sachkundenachweis für den Umgang mit Masthähnchen, Vorgaben zur Tierkontrolle sowie allgemeine Haltungsanforderungen mit kranken und verletzten Tieren gefordert.
Wenn die Arbeiter mit Erwerb ihres Sachkundenachweises Vögel durch die Gegend werfen, sie mit Füßen treten oder im Dreck verhungern lassen, benötigen sie vielleicht weniger Sach- und dafür mehr Tierkunde. Wie wäre es mit mehr Wissenstransfer zu artgerechter Hühnerhaltung? Und was das QS-Siegel angeht, so braucht es nicht viel, um dieses zu erwerben. So ziemlich jeder Betrieb bekommt es. Die Kontrollen sind lasch, bei Missständen werden alle Augen zugedrückt.
"Die Masse der Tiere in der industriellen Tierhaltung lassen Menschen schnell vergessen, dass es sich bei jedem einzelnen Huhn um ein leidensfähiges Lebewesen handelt", bemerken die Tierschützer der Albert-Schweitzer-Stiftung. Wer im agrarindustriellen Kontext so mit Tieren umgeht, ist auch menschlich verroht. Es drängt sich die Frage auf: Auf welche Hinweise warten Lidl & Co. noch? Wenn die genannten Aufnahmen die Verantwortlichen nicht erschüttern, was soll sie dann aufschrecken?
Mehr Veganes, mehr Tierwohl-Produkte – wie Discounter an ihrem Image feilen
Aldi Nord und Süd kündigte bereits vor zwei Jahren an, bei frischem Fleisch für mehr Tierwohl sorgen zu wollen. Nun soll dieses Versprechen auch für Salami, Kochschinken, Wiener Würstchen und Bacon gelten. Der Discounter will nicht nur neue Absatzmöglichkeiten für Landwirtschaft und Lieferanten schaffen, sondern auch das Tierwohl-Sortiment für seine Kundinnen und Kunden erweitern. Steige die Nachfrage nach Produkten aus tiergerechterer Haltung, bedeute dies für heimische Höfe mehr Planungssicherheit.
Momentan allerdings dominiert in vielen Supermärkten Fleisch aus der Haltungsform 2. Für Stufe 3 oder 4 muss den Tieren mehr Frischluft, Auslauf und Beschäftigungsmaterial geboten werden. Dafür müssen die Bauern ihre Ställe allerdings kostenaufwändig umbauen.
Gegen Krankheit und Elend von Millionen Tieren helfe keine irreführende Haltungskennzeichnung, sondern nur lückenlose Gesetze für mehr Tiergesundheit, erklärt Annemarie Botzki von der Verbrauchschutz-Organisation Foodwatch.
Sie bezweifelt, dass dieser "Haltungswechsel" von Aldi das Tierwohl nachhaltig verbessert. Damit wir unsere Klimaziele erreichen, müssen wir auch an den Fleischsektor ran, ist sie überzeugt. Die Tierhaltung müsse stark heruntergefahren werden. Vor diesem Hintergrund sei die Ankündigung von Lidl, insgesamt weniger Fleischprodukte anzubieten, ein Schritt in die richtige Richtung.
Lidl hingegen plant, Fleisch durch mehr pflanzliche Produkte ersetzen. Ob Seitan-Schnitzel, Soja-Hackfleisch, Mortadella aus Erbsenproteinen – nach eigenen Angaben will das Unternehmen den Anteil pflanzenbasierter Proteinquellen im Sortiment bis 2025 deutlich erhöhen.
Foodwatch fordert eine Reduktion der Tierzahlen um mindestens die Hälfte und begrüßt daher den Vorstoß von Lidl, das Sortiment umzustellen. Weitere Stellschrauben für mehr Klimaschutz wären zudem mehr regionale und saisonale Produkte anzubieten.
Fleischprodukte aus höheren Haltungsformen seien die Zukunft, erklärt Cem Özdemir. Der Fleischkonsum sinke beständig. Gleichzeitig wollen die Verbraucherinnen und Verbraucher, dass Tiere besser gehalten werden. Das stimmt nur teilweise. Zwar ging der Fleischkonsum in den vergangenen Jahren zurück, doch lag der Verzehr 2021 laut Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung immer noch bei durchschnittlich 55 Kilogramm pro Kopf.
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