Fleisch und sein wahrer Preis: Schockvideos aus Mastställen und gefährliche Keime

Screenshot aus einem Video der Albert-Schweitzer-Stiftung aus einem Maststall in Niedersachsen.

Lidl-Lieferanten fielen durch brutalen Umgang mit Tieren auf. Während Aldi mehr Tierwohl-Produkte ankündigt, will Lidl den Anteil pflanzlicher Produkte erhöhen.

Im Sommer filmte ein Team der Albert-Schweitzer-Stiftung in vier EU-Ländern in den Mastställen großer Lidl-Lieferanten. Auf dem Portal Lidl-Fleischskandal wurden es die Ergebnisse der Undercover-Recherchen veröffentlicht. Die Aufnahmen zeigen kranke und verletzte Hühner, wie hier in einem Stall in Niedersachsen.

Die Hühner, die darauf gezüchtet sind, so schnell wie möglich zu wachsen, nehmen innerhalb kürzester Zeit so schnell an Körpermasse zu, dass Knochen und Organe der Tiere überlastet sind und die Tiere ihr eigenes Körpergewicht kaum tragen können. Sie leiden unter Schmerzen, Deformationen und Organversagen.

Beine und Rücken sind häufig deformiert, die Brustmuskulatur ist unnatürlich groß. Die Hühner haben kahle Stellen, oder ihre Brust entzündet sich, weil sie in den eigenen Fäkalien liegen müssen. Ständig atmen sie ätzendes Ammoniak ein.

Einige leiden erkennbar durch seitliches Liegen, schweres Atmen und apathisches Verhalten. Viele können sich nicht mehr auf den Beinen halten und kippen um. Manche Tiere sitzen mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden und können nicht mehr aufstehen. Häufig sind die Kloaken verklebt - ein Hinweis auf Durchfall.

Qualzucht, Platzmangel und der ständige Stress machen die Tiere anfällig für Infektionen. Viele verenden qualvoll, noch bevor sie zum Schlachthof transportiert werden. Andere entwickeln neurologische Störungen etwa durch Verdrehen des Halses. Viele verhungern einfach auf dem Rücken liegend. In einem italienischen Mastbetrieb werden Küken, die im Alter von wenigen Tagen ankommen, mehrere Meter weit aus den Transportkisten geschleudert. Sie fallen zum Teil auf Küken, die zuvor heruntergeworfen wurden.

Ähnlich sind die Aufnahmen aus einem spanischen Hähnchenmaststall: Auch hier werden die Küken mit Schwung aus den Transportkisten geschüttet, ohne Rücksicht darauf, ob sie sich verletzen könnten. Eine Szene zeigt, wie ein Arbeiter auf ein Huhn einschlägt. Verletzte Küken werden gegen einen Eimer geschlagen bis sie tot sind. Tote Tiere werden Hunden zum Fraß vorgeworfen.

Diejenigen, die überlebt haben, werden brutal in Käfige auf einen Transporter gestopft, der sie zum Schlachthof fährt. Tote Tiere sind von vornherein eingeplant: Die Betriebe kalkulieren mit rund fünf Prozent Verlust noch vor der Schlachtung.

In einem AMA-Mastbetrieb im österreichischen Bundesland Steiermark werden Hühner rücksichtslos von einem Traktor mit Hänger überfahren. Auch hier liegen sterbende Hühner am Boden. Nachdem die Tiere in Transportkisten gestopft und abtransportiert wurden, werden die nächsten Kisten mit Küken auf den Stallboden entleert – das Elend beginnt von Neuem. Die brutalen Methoden erzeugen unnötige Schmerzen und unaussprechliches Leid. Damit verstoßen sie eindeutig gegen europäisches Tierschutzrecht.

Multiresistente Keime in Mastbetrieben

Zur Gewaltanwendung in den Mastställen kommt ein Problem, das auch Menschen gefährlich werden kann: antibiotikaresistente Keime in der Tierhaltung. So entdeckte die Deutsche Umwelthilfe bei Testkäufen in Discountern kürzlich in mehr als einem Viertel der getesteten Putenfleisch-Produkte antibiotikaresistente Keime. Einige waren sogar resistent gegen Reserve-Antibiotika.

Glaubt man den europäischen Gesundheits- und Lebensmittelbehörden, so ist der umstrittene Medikamenteneinsatz in der Nutztierhaltung tendenziell rückläufig. Auch der Einsatz von Antibiotika sei angeblich zurückgegangen.

Erkranken massenweise Tiere oder befinden sich in einem schlechten Zustand, könnte dies an den Haltungsbedingungen liegen, erklärt Constanze Rubach. Bakterien, die gegen viele Antibiotika widerstandsfähig sind, könnten "zu einem ernsten Gesundheitsrisiko für den Menschen werden".

Die Verbraucherschützerin kritisiert die durch den Handel eingeführte vierstufige Haltungskennzeichnung – denn die garantiere nicht, dass es den lebenden Tieren wirklich gut gehe. Das System sei nicht gesetzlich definiert, werde aber vielfach werblich genutzt, um eine tierwohlorientierte Landwirtschaft zu suggerieren, kritisiert die Projektleiterin beim Verbraucherschutz in Niedersachsen. Mehr Platz und Beschäftigungsmaterial im Stall bedeuten nicht automatisch mehr Tierwohl. Deswegen spricht sie sich für eine gesetzliche Regelung aus.

Vermarktet wird das Fleisch der gequälten Masthühner bei Lidl unter dem Tierwohl-Siegel – Haltungsform 2 (Stallhaltung Plus), das auch Qualzuchten erlaubt. Solchermaßen gelabelt, denken ahnungslose Kunden, sie fördern mit ihrem Kauf das Tierwohl, stattdessen stammt das Fleisch von Tieren aus industrieller Haltung.

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