Flugdatenübermittlungen und innere Sicherheit

Datenschutz auf der "schiefen Ebene" oder doch eher im freien Fall? Der Stand des Datenschutzes nach dem 21. Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten - Teil 1

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Die Übermittlung von Fluggastdaten innerhalb der EU sowie an die USA wird vom Datenschutzbeauftragten scharf kritisiert. Die Reaktionen auf seine Rügen geben wenig Grund zur Annahme, dass von Seiten der Regierungen der Datenschutz einen hohen Stellenwert genießt. Forderungen werden nicht berücksichtigt und man beugt sich dem wirtschaftlichen Druck.

Der Europäische Gerichtshof entschied am 30.06.2006, dass die Flugpassagierdatenübermittlung durch die EU an die USA wegen fehlender Rechtsgrundlage zum 30.09.2006 spätestens zu beenden sei. Hektisch machte man sich daran, eine entsprechende Rechtsgrundlage – ggf. auch ohne das EU Parlament - zu schaffen. Bis dieses Abkommen vorlag, bewegten sich die Fluggesellschaften, wie es euphemistisch hieß, in einem „juristischen Vakuum“. Das ausgehandelte Folgeabkommen läuft zum 30. Juli 2007 aus, bisher sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht berücksichtigt worden. Weiterhin werden mindestens 34 Einzeldaten statt der vorgeschlagenen 19 Einzeldaten übermittelt und bislang ist man – was weitaus gravierender ist – trotz der technischen Möglichkeit, nicht vom bisherigen Pull-System auf ein Push-System umgestiegen. Das bedeutet, dass die USA weiterhin einen Zugriff auf die Gesamtdaten bei den Fluggesellschaften haben und lediglich versichern, nicht mehr als die vereinbarten Daten zu nutzen.

Es wird Aufgabe der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 sein, ein neues und langfristig geltendes PNR-Abkommen auszuhandeln, das in der Zukunft den Datenschutz angemessen berücksichtigt und die Rechte und Freiheiten der Passagiere sichert.

21. Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten

Die Forderungen der deutschen Regierung sind bisher bei der USA auf taube Ohren gestoßen, und es ist anzunehmen, dass die wirtschaftliche Erpressung (durch Androhung des Entzuges von Landerechten) auch weiterhin funktioniert. Die Datenschützer halten sich, was Sanktionen angeht, bei dem Thema der Flugdatenübermittlung eher bedeckt. Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte beispielsweise teilte mit, dass auch bei einer fehlenden Rechtsgrundlage keine Sanktionen gegen die Daten übermittelnden Fluggesellschaften verhängt werden würde. Einerseits seien die Fluggesellschaften ihrerseits ja „Opfer der Politik“, andererseits würden Sanktionen auch Wettbewerbsnachteile mit sich bringen.

Flugdatenübermittelung innerhalb der EU

Eher unbemerkt wurde bereits 2004 eine Richtlinie zur Flugdatenübermittlung in der EU verabschiedet, welche bis 5. September 2006 hätte umgesetzt werden müssen. Der erste Entwurf gelangte jedoch nicht zur Kabinettreife, so dass eine deutsche Umsetzung noch aussteht. Grund für die Datenweitergabe ist hier einmal öfter die Bekämpfung des Terrorismus.

Im Herbst 2006 wurde ein Entwurf des Fluggastdatengesetzes durch das Bundesministerium des Innern in die Ressortabstimmung eingebracht, welches laut Peter Schaar mit erheblichen datenschutzrechtlichen Mängeln behaftet ist. Vorgeschlagen wurde, die Richtlinie durch eine Erweiterung des Bundespolizeigesetzes umzusetzen, was vom Bundesbeauftragten für Datenschutz begrüßt wird. Jedoch ist die Liste der zu übermittelnden Daten zu lang und umfasst u.a. auch eine Kopie des Personalausweises. Weiterhin würden durch den Entwurf auch Daten derjenigen übermittelt, welche bisher dem Schengener Durchführungsübereinkommen unterliegen, wofür laut Schaar keinerlei Grund vorliegt. Auch sollen die Daten innerhalb von 24 Stunden durch die Bundespolizei gelöscht werden, sofern sie nicht von dieser zur Erfüllung einer ihr obliegenden gesetzlichen Aufgabe benötigt werden – angesichts des weit gefassten Aufgabenbereichs der Bundespolizei laut Schaar unverhältnismäßig und nicht mit dem Prinzip der Normenklarheit vereinbar.

Die Übermittlung von Daten innerhalb der EU sowie an die USA spielt nicht nur in Bezug auf Flugdatenweitergabe eine Rolle im Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten, auch die umstrittene Weitergabe der Finanzdaten durch SWIFT verdeutlicht, wie durch internationale Verflechtungen, Abkommen und die Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Stellen der Datenschutz weiter ausgehebelt wird. Gerade hinsichtlich der Flugdaten- und Finanzdatenübermittlung an die USA wird auch deutlich, welche Rolle wirtschaftliche Interessen hier spielen, die schwerer wiegen als der Schutz der Kunden von Fluggesellschaften und Banken vor Wirtschafstsspionage etc.