Forcierter E-Auto-Boom: Warum nicht alle Batteriefabriken lange überleben
Die Fabriken für Batteriezellen sind noch nicht in Betrieb, schon wird vor Überkapazitäten gewarnt. Milliarden an Steuergeldern könnten in den Sand gesetzt werden
Die Automobilbranche ist im Umbruch - doch der Trend zur E-Mobilität bringt neue Probleme mit sich. In Europa wird mit großem Aufwand eine Batterie-Industrie aufgebaut, aber Experten gehen davon aus, dass nicht alle Fabriken die nächsten Jahre überstehen werden. In einem aktuellen Bericht des Handelsblatts wird vor "gewaltigen Überkapazitäten bei der Zellproduktion" gewarnt.
Getrieben werden die Pläne von den Großaufträgen der Autokonzerne, von den milliardenschweren Förderprogrammen der Europäischen Union und nicht zuletzt von deutschen Kaufprämien für Elektroautos, die Umweltbewegte zum Teil kritisch sehen, weil der Strombedarf in absehbarer Zeit nicht mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden kann, wenn die Verkehrswende nur als Antriebswende für eine wachsende oder mindestens gleichbleibend große Autoflotte verstanden wird.
Allein der deutsche Autobauer BMW hat angekündigt, bis zum Jahr 2024 Batteriezellen im Wert von 22 Milliarden Euro zu bestellen. So ist es nicht verwunderlich, dass mit einem Wachstum der Batteriebranche von 25 Prozent pro Jahr gerechnet wird.
"Mit europäischem Steuergeld aufgeblähte Blase"
Von Spanien bis Polen sind neue Batteriefabriken angekündigt; in Osteuropa produzieren bereits die asiatischen Hersteller CATL, Samsung und LG Chem; Tesla errichtet in Brandenburg eine Fabrik und von Schweden aus will das Unternehmen Northvolt den Markt aufrollen. Werden alle bislang geplanten Fabriken errichtet, dann gibt es in Europa bereits deutliche Überkapazitäten. Laut Handelsblatt rechnen Experten mit einem Bedarf von rund 900 Gigawattstunden - die Kapazitäten der angekündigten Fabriken belaufen sich aber schon auf 1.200 Gigawattstunden.
"Es ist eine zum Teil mit europäischem Steuergeld aufgeblähte Blase", sagte demnach der Autoexperte Wolfgang Bernhart von der Unternehmensberatung Roland Berger. Und das Risiko sei definitiv da, dass die Blase platze. Denn wirtschaftlich erfolgreich arbeite eine Batteriefabrik nur, wenn sie zu 90 Prozent ausgelastet sei.
Das Risiko, Milliarden Euro bei diesen Fabriken in den Sand zu setzen, gehen die Staaten der Europäischen Union bewusst ein. Sie eint das Ziel, die Marktmacht der asiatischen Hersteller zu brechen. Im Jahr 2018 hatte der damalige EU-Kommissar Maros Sefcovic entsprechend gefordert, dass in Europa mindestens zehn Gigafabriken errichtet werden und die Anschubfinanzierung sollte unter anderem von der EU kommen.
Für Bernhart ist das eine Politik, die nicht notwendig sei. Bei den Unternehmen habe es bereits ein Umdenken gegeben; viele investierten bereits in die Zellproduktion oder arbeiteten mit etablierten Herstellern zusammen. Subventionen seien deshalb nicht nötig gewesen. Außerdem hätten die staatlichen Gelder für Fehlanreize gesorgt. "Viele der Projekte, die wir gerade sehen, hätte es ohne Subventionen nicht gegeben. Und die Frage ist, wie viele davon es noch geben wird, wenn die Subventionen irgendwann auslaufen", erklärte er gegenüber dem Handelsblatt.
Hoher Bedarf an kritischen Rohstoffen
Am Horizont taucht ein weiteres Problem auf, dass die Produktion von Batterien für die Elektromobilität beeinträchtigen könnte. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass sich der Bedarf an kritischen Rohstoffen bis zum Jahr 2040 vervierfachen könnte. Der Bedarf an dem Metall Lithium könnte sich sogar um den Faktor 42 erhöhen. Aber es wird bislang nicht genug investiert, um den mutmaßlichen Bedarf decken zu können.
"Die Angebots- und Investitionspläne für viele kritische Mineralien bleiben deutlich hinter dem zurück, was nötig ist, um eine rasche Bereitstellung von Solarpaneelen, Windturbinen und Elektrofahrzeugen zu unterstützen", warnte IEA-Chef Fatih Birol in der aktuellen Ausgabe des Spiegels.
Ein E-Auto braucht demnach, je nach Batterietyp, zwischen 150 und 250 Kilogramm an kritischen Rohstoffen: Grafit, Nickel, Kupfer, Mangan, Lithium und Kobalt. Mit ihrem Verbrauch geht auch eine veränderte geostrategische Abhängigkeit einher, denn - wertmäßig - 70 Prozent der Rohstoffe, werden in nur zehn Staaten produziert. Besonders von China sind die Autobauer abhängig: Nicht nur bei einer ganzen Reihe von Rohstoffen ist es das größte Förderland. China dominiert auch die Verarbeitung der Rohstoffe, zum Beispiel bei den Seltenen Erden liegt sein Anteil bei 90 Prozent.
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