Forencheck: Fischsterben in der Oder, Wettermanipulation und langfristige Klimaprojektionen für Deutschland

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.
Nachweis von Salz und Algengiften in der Oder?
Auf den Artikel "Das große Fischsterben" von Susanne Aigner merkt ein User richtig an, dass unterschiedliche Fischarten unterschiedliche Toleranzbereiche für den Sauerstoffgehalt im Wasser haben:
Hierbei ist die Fischart nicht unerheblich. Für viele Fischarten z.B Salmoniden sind schon Werte unter 6mg/L tödlich.
Ausführlich untersucht worden ist das zum Beispiel für Wanderfischarten in der Elbe.
Weiter schreibt der User unter anderem:
Beim Salz wundert es mich das es nicht nachgewiesen werden konnte.. ?? Genauso bei Algen Toxinen aber auch andere Algen können Nachts den Sauerstoff aufzehren.
Dass Salz oder Algentoxine – also Giftstoffe, die von Algen ausgestoßen werden – nicht nachgewiesen werden konnten, ist nicht richtig. Laut brandenburgischem Umweltministerium (MLUK) werden seit Jahrzehnten erhöhte Salzkonzentrationen in der Oder gemessen, "welche zeitweilig den Salz-Orientierungswert (Chlorid 200 Milligramm pro Liter) der Oberflächengewässerverordnung (OGewV 2016) übersteigen". Nur hätten diese in der Vergangenheit nicht zu einem Fischsterben geführt.
Da möglicherweise mehrere Ursachen für das Fischsterben in Frage kämen, würden zurzeit noch umfangreiche Breitbandanalysen sowohl der Wasserproben als auch der Fischkörper vorgenommen. "Festzustellen sind vor allem erhöhte Salzfrachten und eine damit verbundene starke Algenblüte", so das MLUK.
Forschende des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) konnten in Wasserproben ein von der Algenart Prymnesium parvum gebildetes Gift nachweisen. Diese Algenart komme natürlich in der Oder nicht vor, sondern ausschließlich in Brackwasser. Durch die erhöhten Salzfrachten könnte ihr Wachstum begünstigt worden sein.
Was bislang noch untersucht wird, ist, ob Algentoxine und Salzfrachten tatsächlich die Ursache des Fischsterbens sind. Da die Untersuchungen zeitaufwändig sind, konnten noch keine endgültigen Ergebnisse veröffentlicht werden. So teilte das IGB am 19. August mit, dass der Algenstamm von Prymnesium parvum in der Oder noch bestimmt werden müsse, da die 50 Algenstämme auch jeweils unterschiedliche Toxine produzieren.
Anhand von Satellitenbildern konnte außerdem der Verlauf der Algenblüte zwischen Ende Juli und Mitte August rekonstruiert werden.
Auf die im Kommentar ebenfalls geäußerten Zweifel am menschengemachten Klimawandel soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, hier sei auf die Antwort zum Einfluss der Sonnenaktivität bei der globalen Erwärmung verwiesen.
Wettermanipulation statt Verhaltensänderung?
Was sich beeinflussen lässt ist das globale Wetter, siehe auch Patent Nr. 3813875 – ein System zum Freisetzen von Barium zur Erzeugung von Ionenwolken in der oberen Atmosphäre oder auch das Patent US4653690A – Zündung einer pyrotechnischen Zusammensetzung zur Erzeugung von Cumuluswolken. Das sei mal exemplarisch aufgezeigt,
kommentiert ein User den Artikel "Klimakrise: Wenn es nur um Moral ginge" von Claudia Wangerin.
Ohne im Einzelnen auf die genannten Patente eingehen zu wollen: Die Beeinflussung des Wetters ist wohl ein uralter Traum der Menschheit und wurde und wird immer wieder eher lokal begrenzt angewandt, bestenfalls jedoch mit mäßigem Erfolg.
So werden etwa lokal Wolken aus Kleinflugzeugen mit einer Mischung aus Silberiodid und Aceton besprüht – dadurch sollen in den Wolken mehr Kondensationskeime geschaffen werden und dadurch kleinere Tropfen und im gefrorenen Zustand kleinere Hagelkörner entstehen zu lassen. Die Maßnahme soll Ernten vor Schäden durch zu große Hagelkörner schützen. Dies wird etwa in Teilen Süddeutschlands praktiziert.
Mit der Wolkenimpfung wird bereits seit den 1940er-Jahren experimentiert, unter anderem auch, um es gezielt regnen zu lassen, oder unerwünschte Wolken anderswo abregnen zu lassen. Trotz der langen Geschichte der Wolkenimpfung – zumeist mit Silberiodid – sind die Erfolge bescheiden.
Die Flutkatastrophe von Lynmouth in England im Jahr 1952 wird von manchen Quellen Experimenten der Royal Airforce in der "Operation Cumulus" zugeschrieben. Dass die heftigen Regenfälle wirklich Resultat einer Wolkenimpfung waren und die Wolken sich nicht ohnehin abgeregnet hätten, ist aber nicht nachgewiesen.
Was das Freisetzen von Partikeln in der oberen Atmosphäre angeht, so fällt dies unter den Begriff des "Solar Radiation Management" – also Techniken zur Beeinflussung der Sonneneinstrahlung. In der Regel wird hier vom Ausbringen von Schwefeldioxid in der Stratosphäre geredet.
Dieses würden sich dort zu Sulfataerosolen umwandeln und einen Teil der Sonnenstrahlen abschirmen, wie dies auch nach starken Vulkanausbrüchen geschieht, die Temperaturen auf der Erde ließen sich so zeitweilig senken. Es müssten allerdings Millionen Tonnen von Schwefel- oder anderen Partikeln ausgebracht werden, um einen Effekt zu erzielen, und zwar immer wieder aufs Neue.
Würde damit aufgehört, würde das dann zu einer plötzlichen starken Erwärmung führen, da der Treibhauseffekt durch Kohlendioxid und andere Treibhausgase ja fortbesteht. Bedenken gegen solche großflächigen Manipulationen des Erdsystems gibt es berechtigterweise auf verschiedenen Ebenen – von den möglichen Veränderungen globaler Wettermuster bis hin zur Befürchtung,
Solar Radiation Management könnte als Ersatzmaßnahme dienen, statt die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen. Der Einsatz eines anderen chemischen Elements als Schwefel dürfte an diesen grundlegenden Kritikpunkten nichts ändern.
Langfristig unklare Klimaprojektionen für Deutschland?
Der Beitrag: "Viel zu wenig: 104 Liter Regen pro Quadratmeter" von Nick Reimer wird von einem User mit Zweifeln an der Aussagekraft von Klimamodellen beantwortet. Im Kommentar heißt es unter anderem:
Im Regionalen Klimaatlas für Deutschland findet man "Nach dem aktuellen Stand der Forschung ist die Änderung des Niederschlags bis Ende des 21. Jahrhunderts (2071 – 2100) im Frühling im Vergleich zu heute (1961 – 1990) unklar. Innerhalb dieser Spannbreite sind alle Änderungen aus heutiger Sicht plausibel". Einige Modelle zeigen eine Zu-, andere eine Abnahme. Die Spannbreite dieser Änderung kann zwischen -14 Prozent und +39 Prozent liegen.
"Dürre" könnte konsistent, könnte aber auch dazu im Widerspruch stehen. Für die Land-, Forst- und Wasserwirtschaft braucht es aber keine verschärfte Klimaschutzpolitik, sondern Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel – denn die bereits eingetretenen Folgen des Klimawandels werden nicht mehr verschwinden.
Werfen wir einen Blick in den hier angeführten Klimaatlas, der übrigens von den regionalen Klimabüros der Helmholtz-Gemeinschaft herausgegeben wird. Das herausgegriffene Zitat bezieht sich auf die Prognosen zum Niederschlag in den Jahren 2071 bis 2100, und zwar im Frühjahr, hier wurde aber nur ein einzelnes Klimaszenario herausgegriffen.
Im Klimaatlas können verschiedenste Klimaszenarien und deren Auswirkung auf Parameter wie Temperatur, Niederschlag, Wind und Vegetation eingestellt werden, deswegen ist das angeführte Zitat wenig aussagekräftig. Und um zu beurteilen, ob es zu einer sommerlichen Dürre kommt, dafür reicht der Parameter Niederschlag nicht aus. Zunächst müsste die Entwicklung der Niederschläge über das ganze Jahr betrachtet werden.
Wichtig wäre die Entwicklung der Temperaturen und die Zunahme von Hitzeperioden, in denen es zu stärkerer Verdunstung kommen würde, oder die Anzahl und Länge von Trockenperioden. All dies lässt sich übrigens im Regionalen Klimaatlas abfragen.
Geht der Klimawandel ungebremst weiter, wird mit einer starken Risikozunahme in Bezug auf Trockenheit und deren Folgen gerechnet. Eine globale Erwärmung um weitere drei Grad Celsius würde zum Beispiel für Teile Südwestdeutschlands gegenüber dem Zeitraum 1971 bis 2000 eine Verdoppelung der Zeiten unter Dürre bedeuten.
Helmholtz Klima Initiative
Die Schwierigkeit der Prognosen liegt auch darin begründet, dass in Zukunft immer mehr mit langanhaltenden Wetterlagen und Extremwetterereignissen zu rechnen ist, wie eine Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt.
Langanhaltende Wetterlagen auf der Nordhalbkugel im Sommer begünstigen lange Hitzewellen und Trockenperioden, es kann aber auch zu längerem und intensiverem Regen und damit zu Überschwemmungen kommen.