Klimakrise: Wenn es nur um Moral ginge

Es geht tatsächlich ums Ganze. Foto: Telepolis / ClaW

Beim Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel geht es um knallharte materielle Realitäten. Genau das versucht die aktive Klimabewegung die ganze Zeit zu erklären.

Vieles spricht dafür, dass zumindest der ärmere Teil der Babyboomer-Generation – auch bekannt als "die Boomer" – die Klimakrise sehr wohl noch materiell zu spüren bekommt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass viele bisher erschwingliche Lebensmittel sehr bald zu Luxusgütern werden – nicht nur wegen des Ukraine-Krieges, sondern auch wegen der Dürren in anderen europäischen Ländern, aus denen etliche Waren auch in deutschen Supermärkten stammen.

Die Berichte der letzten Wochen aus Italien sprechen für sich: Im Po-Delta führt der niedrige Wasserstand dazu, dass Meerwasser gut 30 Kilometer landeinwärts drängt – für die Bewässerung der Felder dort ist der Fluss wegen des Salzgehalts nicht mehr zu gebrauchen, was zu erheblichen Ernteausfällen führt. Auch für Tiertränken fehlt Wasser.

Die Zeiten, in denen sich Normalsterbliche Parmesan und Parmaschinken leisten konnten, sind daher vielleicht schneller Geschichte, als sich das viele Menschen vorgestellt haben, die dachten, zu ihren Lebzeiten wäre effektiver Klimaschutz teurer als "Business as usual".

Wenn jetzt die Frage des Umgangs mit dieser Klimakatastrophe zum Kulturkampf zwischen einer Schweinebraten- und einer Netflix-Fraktion verkommt – wie es manche Debattenbeiträge in der taz und ein Telepolis-Kommentar von Rüdiger Suchsland nahelegen –, dann ist die Welt, wie wir sie kennen, wohl tatsächlich nicht mehr zu retten.

Gleiches gilt, wenn diese Frage als reiner Generationenkonflikt wahrgenommen wird und ein Großteil der "Boomer" mehr Angst vor Veränderungen hat, die der Schadensbegrenzung dienen, als vor dem drohenden Totalschaden. Denn die "Boomer" sind der Generation der "Klimakids" hierzulande rein zahlenmäßig überlegen.

Wenn ein junger taz-Redakteur Sätze schreibt wie "Jüngere betrachten das große Ganze", dann ist das natürlich in dieser Pauschalität blühender Unsinn. Genauso wenig stimmt es, dass "Boomer" allgemein lieber ihre individuellen Konsumgewohnheiten reflektieren, als das Wirtschaftssystem infrage zu stellen.

Viele "Boomer" – und auch Jüngere – tun nämlich gar nichts davon. Sei es, weil sie in letzter Zeit aus ganz anderen Gründen ihren Konsum einschränken mussten und Angst vor dem Ende des Monats haben, oder weil sie momentan noch wohlhabend genug sind, um sich durch Konsum von den düsteren mittel- bis langfristigen Zukunftsaussichten abzulenken.

Eine Minderheit hat vielleicht sogar genug Geld, um in einer Welt mit mehr Dürren, Hungerkatastrophen und steigenden Meeresspiegeln immer noch einen halbwegs gemütlichen Altersruhesitz zu finden.

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