Fortgesetzte Völkerrechtsbrüche gegenüber Syrien

Seite 2: Verharmlosung israelischer Aggression

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Die gewählte und international anerkannte Regierung Syriens kann bei Bedarf Hilfe von außen anfordern, wie im Fall der Unterstützung durch Russland geschehen. Dass die russische Seite mäßigend auf die Konfliktparteien einwirkt und dabei auch syrische Akteure von eskalierenden Schritten abhält, wird von westlichen Beobachtern allgemein bescheinigt. Gleichwohl zeigt Russland Verständnis für israelische Sicherheitsbedenken, die durch martialische Reden führender Repräsentanten des Iran bestärkt wurden. Inwieweit die Drohungen einer Vernichtung Israels ernst zu nehmen oder nicht vielmehr ein Versuch sind, sich als konsequenter Verteidiger der islamischen Welt zu profilieren, wird kontrovers debattiert.

Nach der Machtübernahme durch den als moderat eingeschätzten iranischen Präsidenten Hassan Rohani im Jahr 2013 und nach der Einigung über den 13 Jahre andauernden Atomstreit zwei Jahre später verminderten sich sichtbar die Drohgebärden des Iran, wenn auch die Unterstützung der Hisbollah fortgesetzt wurde. Diese gilt in Israel, den USA und Kanada als Terrororganisation. Die israelische Regierung begreift das bloße Erstarken der Hisbollah als potentielle Gefahr, sodass prophylaktische Schläge gegen einen Nachbarstaat berechtigt erscheinen. Abgesehen davon, dass eine Klassifizierung der Hisbollah als Terrororganisation außerhalb der erwähnten Staaten nicht unterstützt wird (die EU bezeichnet nur die Hisbollah-Miliz als Terrororganisation), sind Aktionen gegen Militäreinrichtungen eines anderen Landes nicht völkerrechtskonform, falls diese nicht der unmittelbaren Vorbereitung einer Aggression dienen.

Sollte sich eine iranische Drohne in den israelischen Luftraum verirrt haben, was im Übrigen vom Iran dementiert wird, dann würde bereits das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel keinen Militärschlag im stattgefundenen Umfang rechtfertigen. Anstatt aber vehement gegen die israelische Aggression Stellung zu beziehen, werden in westlichen Medien lediglich Fakten referiert. Europäische Staatslenker, die mit Kritik an der Trump-Administration nicht gerade sparsam umgehen, ließen das US-amerikanische Lob für Israel unkommentiert. Während der Angriff von türkischen und FSA-Militäreinheiten auf Afrin mit Besorgnis quittiert wird, haben die israelischen Luftschläge auf syrische Stellungen allenfalls Ängste vor einer Eskalation ausgelöst.

Wenn sich die "Tagesschau" als halboffizielles Organ deutscher Regierungspolitik auch einer direkten Wertung der Ereignisse enthält, lassen Faktenauswahl und -gewichtung keinen Zweifel, auf wessen Seite die Sympathien liegen. Zu Beginn heißt es: "In Syrien droht nach israelischen Angriffen eine Ausweitung des Konflikts in der Region: Israel und die USA warnten Syrien und den Iran. Russland und die UN forderten die Konfliktparteien zur Deeskalation auf." Die israelisch-amerikanische Position ist 14 Sätze wert, die Stellungnahmen Russlands und der UN nur drei. Es wird über "schwere Vorwürfe" der USA an den Iran und über Friedensbeteuerungen Netanyahus berichtet, der sich gegen den syrischen "Machthaber" Baschar Al-Assad verteidigen würde, da dieser ein Verbündeter des Irans sei.

Vom "Kreml" erfährt der Leser lediglich, dass "eine gefährliche Konfrontation" vermieden werden soll, was als indirektes Geständnis für eigenes Verschulden interpretiert werden kann. Unerwähnt bleiben russische Erklärungen über die Völkerrechtswidrigkeit von militärischen Aktionen gegen syrische Einrichtungen und Kampftruppen. Als der russische Außenminister Sergej Lawrow sich bei seinem Besuch in Berlin im Sommer 2017 hierzu äußerte, wurde er von der westlichen Medienwelt mit dem Verweis auf die Krim-Ereignisse attackiert, um seine Glaubwürdigkeit zu untergraben. Werden allerdings die Auswirkungen von Völkerrechtsverletzungen für die betroffenen Bürger während der letzten Jahrzehnte betrachtet, dann hatten westliche Aktivitäten weitaus gravierendere Folgen, die Hunderttausenden das Leben kosteten.