Fossile Renaissance: Olaf Scholz gründet einen Klimaclub – und setzt auf Gas
Energie und Klima – kompakt: Klimaclubgründer Scholz möchte weiter fossile Gasprojekte finanzieren. Dem folgt die deutsche Förderbank KfW. Sie plant, bei Kreditzusagen das 1,5-Grad-Limit de facto zu verabschieden.
Bundeskanzler Olaf Scholz möchte einen Klimaclub gründen. Die Gründungsmitglieder: Die Gruppe der G7, also ein Teil der reichen Industriestaaten. Wie die Tagesschau berichtet, sei der Club nach Scholz‘ Aussage nicht als exklusiver Club gedacht und solle global möglichst breit getragen werden.
Wenn das stimmt, mag man sich fragen, wofür ein neuer Klimaclub gebraucht wird, gibt es doch das Abkommen von Paris, das von den allermeisten Staaten auf der Erde getragen wird. Wieso ein neuer Zusammenschluss von Staaten eher dazu beitragen könnte, dass die vereinbarten Klimaziele auch umgesetzt werden, erschließt sich nicht, denn für schnelleren Klimaschutz ist es in erster Linie wichtig, dass die Staaten ihre Selbstverpflichtungen umsetzen und diese zweitens nachschärfen.
Hier gibt es in Deutschland und auch in der EU viel Luft nach oben. Deutschland ist nach Einschätzung des Expertenrats für Klimafragen auf dem Weg, seine Emissionsreduktionsziele bis 2030 zu verfehlen. Das unabhängige Expertengremium, dessen Auftrag im Klimaschutzgesetz verankert ist, hatte Anfang November sein Zweijahresgutachten vorgelegt.
Die jährlich erzielte Minderungsmenge müsste sich im Vergleich zur historischen Entwicklung der letzten zehn Jahre mehr als verdoppeln. Im Industriesektor wäre etwa eine zehnfache und bei Verkehr sogar eine 14-fache Erhöhung der durchschnittlichen Minderungsmenge pro Jahr notwendig,
… erklärte Expertenratsmitglied Thomas Heimer seinerzeit. Viel zu tun also. Könnte die Mitgliedschaft in einem Klimaclub die deutsche Politik auch zu mehr Klimaschutz anspornen?
Beim Klimaclub geht es um den Umbau zu einer klimafreundlichen Industrie, der nicht zu Wettbewerbsnachteilen im internationalen Handel und Handelsbeschränkungen führen soll. Wenn die G7 tatsächlich nur zufällig Clubgründer sind, so verfolgen sie doch erhebliche wirtschaftliche Interessen.
Es kann auch nicht oft genug gesagt werden, dass Olaf Scholz sich für eine Erdgasförderung im Senegal einsetzt und das afrikanische Land dabei finanziell unterstützen möchte. Das wiederum verstößt gegen das "Glasgow-Statement" der COP 26 im vergangenen Jahr, demzufolge bis Ende 2022 die finanzielle Unterstützung mit öffentlichen Geldern für Kohle-, Öl- und Erdgasprojekte eingestellt werden sollte.
Dass ausgerechnet einer, der bereits Vereinbartes zum Klimaschutz hintertreibt, einen Klimaclub gründet, legt die Vermutung nahe, dass hier neue, und zwar weichere Regeln veranschlagt werden sollen.
KfW: 1,5-Grad-Pfad ausgesetzt
Die Abkehr vom Glasgow-Statement lässt sich an den Finanzierungsleitlinien der staatlichen Förderbank KfW ablesen, die am Donnerstag verabschiedet werden sollen. Die KfW unterstützt weltweit Investitions- und Entwicklungsprojekte, unter anderem im Energiesektor.
Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe und von urgewald sollen am 15. Dezember bei der Verwaltungsratssitzung der KfW neue Leitlinien für Projektfinanzierungen im Stromerzeugungssektor verabschiedet werden, die nach Einschätzung der Organisationen nicht mit dem 1,5-Grad-Limit zu vereinbaren sind.
Der Entwurf sehe vor, dass Öl- und Gas-Pipelines, LNG-Terminals und -Tanker sowie Schiffe zur Verlegung von Pipelines finanziert werden können und neue Projekte in diesem Bereich bis September 2024 zugesagt werden, wobei die Laufzeit der Projekte unbegrenzt sei.
Dies alles fällt unter die Rubrik "Temporäre Regelung für die Sektorleitlinie Öl und Erdgas. ‚Energieunabhängigkeit‘". Unter diesem Punkt heißt es auch, dass Finanzierungen in den genannten Bereichen zulässig seien, "auch wenn sie nicht kompatibel mit dem 1,5-Grad-Pfad sind".
Regina Richter von urgewald sieht im vorliegenden Entwurf für die Sektorleitlinie einen "Freibrief für die weitere Finanzierung von Öl- und Gasinfrastruktur – im Sinne von ‚das 1,5-Grad-Limit finden wir generell gut, aber gerade passt es halt nicht‘" und erklärt weiter:
Das widerspricht eklatant dem Anspruch der KfW als ‚Bank aus Verantwortung‘ und trägt jedweden klimapolitischen Anspruch der Bundesregierung zu Grabe – mit fatalen Folgen für das globale Klima, aber auch für die Länder, die sich neu in fossile Abhängigkeiten begeben wie den Senegal. Die fossile Renaissance, die Bundeskanzler Scholz angeblich nicht will, bringt er damit in Gang.
So betrachtet, findet der Klimaschutz mal wieder nur verbal statt, während er im Hintergrund ausgehöhlt und ausgebremst wird. Eilig hat man es hingegen damit, Klimaaktivist:innen zu kriminalisieren.
Am Mittwochvormittag hat die Polizei an elf verschiedenen Orten im ganzen Bundesgebiet Wohnungen von mutmaßlichen Mitgliedern der "Letzten Generation" durchsucht. Den Personen werde die "Bildung und Unterstützung krimineller Vereinigungen" vorgeworfen. Die Razzien wurden von der Staatsanwaltschaft Neuruppin veranlasst.
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