Frankreich: Der Angriff muss sein

Seite 2: Kritik nur von rechts?

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Ein deutlich vernehmbares "Nein" aus der Politik ist bei Marine Le Pen zu hören oder zu lesen, was eigenartige Trennlinie oder Lagerbildungen fortschreibt, die man auch aus Deutschland kennt. Zu sehen ist das zum Beispiel im Kommentarbereich unter dem Leitartikel von Le Monde, wo man die bekannten Lagerkämpfe "pro-russisch" versus "anti-russisch" verfolgen kann wie eben auch bei deutschen Medien.

Daraus ergibt sich dann das Bild, dass es anscheinend vor allem im rechten, selten oder gar nicht aber im linken oder linksliberalen Milieu Frankreichs Standpunkte gibt, die vernehmbar für eine Kritik an Militäraktionen gegen die syrische Regierung eintreten.

Linke Positionen, die sich gegen Intervention und Kriegstreiberei wenden, waren noch vor einiger Zeit üblich und weit verbreitet. Im Fall Syrien sind sie in Frankreich schwer auffindbar. Warum steht dagegen die Meinung für ein hartes, militärisches Eingreifen in Syrien auf so sicheren Füssen und wird zumindest nicht auf einer relevanten öffentlichen Ebene attackiert? Und das nach den desaströsen Erfahrungen im Irak und in Libyen ...

Patrioten einer Grande Nation

Die Antwort könnte darin liegen, dass sich die großen Blätter nach wie vor als Patrioten einer "Grande Nation" verstehen und sich in dieser Rolle ernstnehmen. Der Journalist Jean-Dominique Merchet bringt diese nationale Haltung mit einem alten Sprichwort aus der Diplomatie auf den Punkt: "Besser ist eine mittelmäßigen Lösung, bei der man aktiv dabei ist, als eine gute Lösung, von der wir ausgeschlossen sind."

Merchet erklärte bei einem Fernsehauftritt, dass der Chemieangriff in Ost-Ghouta Frankreich die Chance gibt, wieder im Spiel zu sein. Frankreich ist damit wieder dabei in Syrien. Die ehemalige Mandatsmacht habe in Syrien die letzten Jahre so schlechte Politik gemacht, dass sie unwichtig wurde. Sie hatte keinen Einfluss auf die Geschehnisse dort. ‏

Macron wolle diese Situation nun mit seiner Ankündigung verändern. In Absprache mit den Partnern USA und Großbritannien, so Macron, werde Frankreich einen Angriff gegen die syrische Regierung führen - mit dem im Vergleich zu Trump bemerkenswerten Zusatz, dass "in keinem Fall" die Verbündeten Syriens Iran und Russland getroffen werden dürfen.

Der Präsident, so Merchet, habe als politisches Ziel, dass er mit seiner Beteiligung an der Intervention eine Rolle bekomme, die es ihm ermöglicht, die Regierung Trump doch noch davon zu überzeugen, das Atomabkommen mit Iran nicht aufzukündigen. Frankreichs Unternehmensführer haben daran großes Interesse. Macron baut also darauf, dass der französische Einfluss mit dem Waffengang wachsen könnte. Wenn er sich da mal nicht täuscht.