Frankreich: Front National verliert bei den regionalen Stichwahlen

Die bürgerliche Rechte gewinnt in sieben Regionen, die Bündnisse der gemäßigten Linken in fünf, der FN in keiner, verzeichnet aber ein Rekordergebnis

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Der Front National kann sich nach der zweiten Runde der Regionalwahlen nicht mehr rühmen, die stärkste Partei Frankreichs zu sein. Sie ist nur mehr dritte Kraft. Die Partei hat einen "technischen K.o." zu verarbeiten, weil sie in den Stichwahlen in allen Regionen unterlag.

Aber der FN hat zugleich mehr Stimmen erhalten als jemals zuvor in landesweiten Wahlen: 6.817.245 Stimmen (nach 97 Prozent der ausgezählten Stimmen). Die bürgerliche Rechte (Liste Union de la Droite) kam auf 10.121.684, die Listen der Linken auf 7.248.222 (Liste Union de la Gauche), bzw. 549. 957 (Liste Divers gauche).

Der bisherige Rekord des Front National lag laut Le Monde bei 6,42 Millionen Stimmen. Das war 2012, bei der letzten Präsidentschaftswahl.

Die kommende Präsidentschaftswahl 2017 gab die Blickrichtung vor. Weshalb die Regionalwahlen im zentralistischen Frankreich auch enorme internationale Aufmerksamkeit erhielten. Nach dem "Choc" vom letzten Sonntag und bangen Fragestellungen (Frankreich: Front National strebt nach absoluter Mehrheit) gibt es jetzt Entwarnung: Bei Stichwahlen reicht es noch nicht für die rechten Nationalisten, die einem rechtsradikalen Milieu entstammen. Das wird als Zeichen für die nächste Präsidentschaftswahl verstanden.

An der Macht, an Exekutivpositionen will die französische Wählerschaft den FN nicht haben. Das ist ein Ergebnis, mit dem Le Pen, die weiter auf einen Posten warten muss, und die Parteiführung konfrontiert ist. Den Sprung weg von einer anti-système-Protestpartei zu einer regionalen Regierungspartei hat sie nicht geschafft.

Rechtsruck

Doch bleibt der Rechtsruck in Frankreich als Phänomen bestehen. Die "Republikaner" unter Sarkozy, der sich seit langer Zeit am FN orientiert, haben die Wahl in sieben Regionen gewonnen. Die gemäßigten Linksbündnisse stellten in fünf Regionen den Wahlsieger.

Der FN ist in den Stichwahlen in allen Regionen unterlegen - auch dort, wo Marine Le Pen und ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen nach der erste Runde noch weit vorne lagen, in den Regionen Nord-Pas de Calais-Picardie (NPDCP) und Provence - Alpes - Côte d'Azur (PACA).

Auch der stellvertretende FN-Vorsitzende Florian Philippot, der in der ersten Runde in der Region Alsace-Champagne-Ardenne-Lorraine vorne lag, verlor. Die drei anderen Regionen - Bourgogne Franche Compté, Centre Val de Loire und Languedoc-Rousillion Midi Pyrénées - , die am letzten Sonntag noch für Siegermeldungen des FN sorgten, gingen ebenfalls verloren.

Mobilisieren für die K.o.-Runde

"Barrage", übersetzt mit "Sperre" oder "K.o.-Runde" im Sport ist ein Begriff, der gerade häufig in französischen Medien auftaucht und die Niederlage zu einem Teil erklärt: Die Stichwahl gehorcht anderen Gesetzen als die erste Runde. Vor der entscheidenden Runde wurde kräftig mobilisiert. In Erinnerung bleibt zum Beispiel, dass Premierminister Valls (PS) vor einem möglichen Bürgerkrieg infolge eines Wahlsiegs des FN warnte.

Das sorgte international für Schlagzeilen, wie am Sonntag zuvor "Le Choc", der Wahlsieg in der ersten Runde. Die internationale Aufmerksamkeit bestärkte alle jene, die mit der Parole "no passeran" Wahlkampf machten: Keine Stimme für den FN, zweitrangig ist dann, wofür man die Stimme abgibt. Das hat eine "republikanische Tradition", die aber längst deutliche Risse hat. Nun hat sie noch einmal in den zwei Regionen funktioniert, wo die Le Pens antraten.

Aber: Die Wahlbeteiligung lag zwar diesmal bei über 50 Prozent, es gingen mehr zur Wahl als vor einer Woche, aber sie war doch um einiges niedriger, als von vielen erwartet. (Nachtrag: Das war ein voreiliger Schluss. Denn die Zahlen am Montagmorgen zeigten dann doch eine ordentliche Wahlbeteiligung von 59%.)

Werbung vor dem Wahllokal im Rathaus von Hendaye. Foto: Ralf Streck

In der Region PACA zeigt sich exemplarisch, dass der Sieg gegen den FN kein wirklich strahlender ist. Das linke Wahlbündnis mit der Regierungspartei PS als stärkste Kraft nahm an der Stichwahl nicht teil und empfahl ihren Wählern, die Stimme dem bürgerlich rechten Lager zu geben, um einen Sieg von Marion Maréchal-Le Pen zu verhindern.

Gewählt wurde Christian Estrosi, der zwar nicht dem FN angehört, der aber ein innenpolitischer Hardliner ist, der immer wieder die rechten Grenzen der Mitte-Rechts-Partei (früher UMP, heute Les Républicains) auslotet. Und der PS wie auch die linken Verbündeten haben nun sechs Jahre lang keinen Abgeordneten im Regionalparlament.