Frankreich: Run auf Tankstellen

Seite 4: Opposition: "Gegen das teure Leben"

Unterdessen läuft sich auch die Opposition zu Protesten warm. Die Gewerkschaften demonstrierten am 29. September für Löhne und Inflationsausgleich, daran nahmen frankreichweit circa 150.000 bis 200.000 Personen teil.

Am kommenden Sonntag – die Wetterprognose kündigt allerdings strömenden Regen an – soll ein anderer Aktionstag unter dem Motto "Gegen das teure Leben und klimapolitische Untätigkeit" stattfinden.

Den Begriff vom "teuren Leben" zur Beschreibung schwer zu tragender Kosten für den Lebensunterhalt übernahmen die Organisatorinnen und Organisatoren aus dem französischsprachigen Afrika, wo es im Zuge der Krise 2008/2009 breite Protestbündnisse unter dem Namen "Koalition gegen das teure Leben" (Coalition contre la vie chère) gab.

Ihn hat die linkspopulistische, zwischen linker Sozialdemokratie und Linkspatriotismus oder Linksnationalismus oszillierende Wahlplattform La France insoumise (LFI) angesetzt.

An diesem Sonntag wollen die Gewerkschaftsvereinigungen jedoch ausdrücklich nicht mitziehen, jedenfalls nicht als Veranstalter, da ihre Vorstände die Auffassung vertreten, es obliege nicht einer politischen Partei, den sozialen Protest zu organisieren. Diese Position vertritt etwa auch die CGT.

Wie bereits in vorausgegangenen Konflikten zwischen beiden, anlässlich mehrerer Demonstrationen im Jahr 2017, drohen sich Linkspartei und Gewerkschaftsapparate dabei Konkurrenz zu machen und in die Quere zu kommen. LFI taumelte jedoch seit dem Wochenende des 17./18. September in eine schwere Krise, nachdem Vorwürfe häuslicher Gewalt gegen ihren jungen Abgeordneten Adrien Quattenens laut wurden.

Er nahm als "Koordinator" der Wahlbewegung LFI seinen Hut, doch ihr Chef Jean-Luc Mélenchon veröffentlichten eine Nachricht über Twitter, die als Unterstützung für den bis dato als möglichen Nachfolger gehandelten Quattenens ausgelegt wurde. LFI steht seitdem in der öffentlichen Meinung eher erkennbar in der Defensive und wird von inneren Konflikten geschüttelt.

Die Figur des Chefs in Frage zu stellen, könnte auch innerhalb von LFI nicht schaden. Gleichzeitig könnte es allerdings auch die anstehenden sozialen Mobilisierungen nachhaltig schwächen. Und eine andere Opposition, die ganz andere Absichten hegt, wartet auf ihre Stunde.

Während viele Französinnen und Franzosen derzeit finden, LFI trete allgemein zu polternd auf, konnte sich die extreme Rechte mit einem relativ smarten Auftreten in ihrer Parlamentsarbeit seit den Wahlen vom Juni dieses Jahres einen Reputationsgewinn zulegen.

Scheitert die soziale Protestmobilisierung, dann bleibt ja immer noch der gemütliche Faschismus als Alternative.