Frankreich legt eigenen Entwurf für UN-Sicherheitsratsresolution vor

Der "gemeinsame Feind IS" soll auf seinem Territorium angegriffen werden, ohne dass eine Rücksprache mit der syrischen Regierung nötig sei

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Nun hat auch Frankreich einen eigenen Entwurf zu einer Anti-IS- Sicherheitsratsresolution abgegeben, nach Russland.

Für die Medien-Stressoren gibt das Anlass zu Spekulationen, ob das jetzt ein "Showdown" zweier konkurrierender Vorschläge wird. oder ob sich ein erster Riss in der neu geknüpften russisch-französischen Solidarität zeige.

Tatsächlich ist nicht klar, ob über die beiden Entwürfe jeweils einzeln abgestimmt wird oder ob die Sicherheitsratsmitglieder daraus ein Papier mit Elementen der beiden Vorschläge formulieren. Schnell soll es gehen, soweit gibt es laut Berichten Übereinstimmung. Noch heute soll abgestimmt werden, heißt es von französischer Seite, wo man auf einen Konsens setzt, auf eine möglich starke Front gegen den IS.

Russland stimmt dem imgrunde zu, hat es auch immer. Da man sich in Moskau davon überzeugt hat, dass der Airbus-Absturz durch einen Terroranschlag verursacht wurde, deren Übeltäter mit dem syrischen Dschihad-Gluthaufen in Zusammenhang stehen, hat sich die Perspektive verändert: eine UN-Resolution, die militärische Aktionen in Syrien erlaubt, wird nun durch einen anderen Blickwinkel gesehen als frühere Resolutionen aus der Koalition der "syrischen Freunde". Es gibt also eine gemeinsame Basis zwischen dem russischen und dem französischen Vorschlag, das ist der gemeinsame Feind IS, wie auch der französische UN-Botschafter François Delattre nochmals betonte. Der Punkt, um den die Verhandlungspartner ringen werden, ist die Rolle der Souveränität Syriens.

In Frankreichs Entwurf wird der brenzlige Punkt einfach umgangen. Im Text, dessen Kernpassage der britische Independent veröffentlicht wird, heißt es, dass Mitgliedsstaaten "alle notwendigen Maßnahmen (‚all necessary measures‘) treffen", um "auf dem Territorium in Syrien, das unter der Kontrolle der ISIL steht", in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht, besonders der internationalen Menschenrechte, der Flüchtlingsrechte und der humanitären Rechte, ihre Bemühungen verdoppeln und koordinieren sollen, damit terroristische Akte, die speziell von ISIL begangen werden, verhindert und abgestellt würden. Der sichere Hafen, den ISIL im Irak und in Syrien geschaffen habe, solle beseitigt werden.

Für diesen Ansatz spricht eine realpolitische Auffassung. De facto ist die syrische Regierung nicht mehr Souverän über das Gebiet des selbsternannten Kailfats. Problematisch ist allerdings auch aus realpolitischer Perspektive, wo die Grenzen denn zu ziehen wären, da sie ja keine irgendwie offizielle Gültigkeit haben, es sind Kriegsfronten.

Damit ist auch schon das große rechtliche Problem angesprochen. Man kann nicht einfach gültige Staatsgrenzen ignorieren, die Souveränität über das Kalifatsgebiet liegt selbstverständlich bei der syrischen Regierung. Das lässt sich nicht formell relativieren. Würde die UN über den Sicherheitsrat solche "realpolitisch" begründete Manöver legitimieren, erwiese sie einem gemeinsamen Stabilitätsinteresse einen Bärendienst.

In diesem Sinne ist das Pochen Russlands darauf, dass die Aktionen der Anti-IS-Koalition mit der syrischen Regierung koordiniert werden sollen, nicht einfach mit dem Hinweis auf einen brutalen Autokraten vom Tisch zu wischen.

Dass Terroranschläge ein kompliziertes Moment in rechtliche und staatliche Abgrenzungen hineintragen, wird auch in Russland debattiert. Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Passagiermaschine berief sich Russland auf den Artikel 51 der UN-Charta. Darin geht es um Selbstverteidigungsrechte eines Staates im Fall eines bewaffneten Angriffs. Die können bekanntlich mit den Souveränitatsrechten anderer Staaten kollidieren.