Frankreich und die USA auf dem Rückzug aus dem Sahel

Seite 2: Schwenk nach Osten?

Der Schwenk Richtung Osten mag zwar vielen in N’Djamena verlockend erscheinen. Denn beim letzten Besuch von Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses im März ging es fast ausschließlich um die Flüchtlinge vor den Kämpfen im Sudan. Zu allem Überfluss monierten die Amerikaner, der Tschad solle die Menschenrechte mehr achten, die Morde vom Oktober 2022 müssten noch aufgeklärt werden und die kommenden Wahlen sollten doch bitte glaubwürdig sein.

Solche Vorhaltungen kommen schlecht an in Zeiten, in denen das afrikanische Selbstbewusstsein, gegenüber den westlichen Ländern stetig wächst, während G7 und Nato nicht gerade mit gutem Beispiel vorangehen.

Allerdings können Russland und China nur deutlich weniger Geld einsetzen als die EU und die USA und die ihnen zugehörigen, internationalen Finanzinstitutionen. Als bedeutende Geldgeber kommen für N’Djamena derzeit wohl vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar in Betracht, die in Afrika gegeneinander um Einfluss konkurrieren.

Washington könnte seinerseits versuchen, seine Rolle im Süden Libyens auszuweiten, obwohl Russland seinen Einfluss auch dort ausbaut. Dort wäre man allerdings rund 1.000 Kilometer vom Geschehen im Sahel entfernt

Tschad ruft die Hälfte seines G5-Sahel-Kontingents zurück

Mehr Truppen in Libyen könnten in den USA bald für dringend nötig befunden werden, denn der "G5 Sahel" genannte Zusammenschluss aus Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und dem Tschad kommt den militärischen Aufgaben, die Frankreich ihr zugedacht hat, kaum noch nach.

Mali hatte seine Unterstützung für die militärischen Aktionen der G5 schon 2022 beendet. Ein Jahr später folgten Burkina Faso und Niger.

Nun zieht auch der Tschad die Hälfte seines Kontingentes sowie seine schweren Waffen zurück. Damit verlassen weitere 600 Soldaten das Dreiländereck von Mali, Niger und Burkina Faso wo sie – zusammen mit französischen Verbänden – Dschihadisten bekämpft hatten; Dschihadisten, die vor allem aufgrund des völlig verfehlten Libyen-Abenteuers überhaupt erst dorthin gelangt waren.

Auch die französischen Truppen gehen

Das französische Verteidigungsministerium betont zwar, dass die Entscheidung des Tschad in voller Absprache mit G5 und Frankreich getroffen wurde. Man wolle eine Truppe, die leichter, reaktionsfähiger und einfacher zu unterstützen sei. Doch auch Paris kündigte an, seine militärische Präsenz in der Region von rund 5.000 auf 2.500 bis 3.000 Soldaten zu reduzieren.

Damit ist die G5 fast gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Und damit endet der Traum des Élysée-Palasts, afrikanische Truppen nach eigenem Gutdünken in die erste Reihe im Kampf gegen islamistischen Terror zu stellen.

Es ist wohl doch so, dass Europa die Fehler der USA schlichtweg kopiert: Erst kleine, scheinbar nützliche Kriege führen, sich letztlich aber rar machen, wenn das Kind im Brunnen landet. So gewinnen Paris und Brüssel die Köpfe und Herzen in Afrika bestimmt nicht. Aber für Kooperation auf Augenhöhe, nachhaltige Investitionen und faire Rohstoff- und Handelsabkommen fehlt offensichtlich sowohl die Geduld als auch die Kraft.

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