Freude über ausbleibende Reformen
Die paradoxe Logik von Politik und Medien nach der Griechenlandwahl
Erleichterung über den Wahlsieg der griechischen Konservativen? Die 1974 von Konstantin Karamanlis gegründete Partei führte 1981 Griechenland zum EU-Beitritt. Zusammen mit ihrer sozialistischen Schwesterpartei Pasok der Papandreou-Dynastie steht sie für jene Mischung aus Korruption, Besitzstandsdenken, fehlender Solidarität, persönlicher Raffgier und Reformunfähigkeit, mit der die griechische Leisure-Class ihre ansonsten fleißige und freundliche Bevölkerung in den Schuldenabgrund führte.
"Die Welt atmet auf", jubelt gar BILD, deren Chefreporter Nikolaus Blome sogar die "Europäische Distel" für die Aufdeckung der griechischen Manipulation der Wirtschaftsdaten beim Euro-Beitritt erhielt. Die Börse, die Märkte steigen – eine paradoxe Logik: Nicht der Sieg der Reformer, die sich von einer wahnwitzigen Blasenpolitik durch Zahlungsverweigerung und nationale Solidarität verabschieden möchten, nein, das Weiterregieren der Urheber der Krise gilt als die bestmögliche Nachricht.
Das ist in Deutschland nicht anders. Nach allen Umfragen werden auch im Land der Dichter und Denker auf unabsehbare Zeit "schwarz" und "rot" in vereinter Reformverhinderung gemeinsam regieren. Reformer werden trotz Linkspartei, einzelnen FDP- und CSU-Abweichlern sowie Piraten eine ewige APO bleiben.
Dass auch die Medien dieses "Weiter-so!" euphorisch feiern, zeigt, dass europaweit Reformer keine Chance haben. Sie gelten als weltfremde Utopisten, ja, als gefährliche Zerstörer der wohlgeordneten Balance von Schulden und den mit ihnen verbundenen Besitzständen wie sicheren Renditen mit Rückbürgschaft, Eigenkapitalnachweisen für Too-big-to-fail-Banken und angeblich "privater" Altersvorsorge wie etwa Riester-Renten.
Der stellvertretende Chefredakteur des Handelsblatts, Sven Afhüppe, fand deshalb auch einen passenden Titel für seinen Bericht über ein Reformvorhaben: "Don Quixote und der Schuldenberg".
Das griechische Wort "paradox", laut Duden die Bezeichnung von "gegen die allgemeine Meinung gehenden" Auffassungen, passt am besten auf die Feiern des griechischen Wahlausgangs.
Wie lange aber wird die Freude über die verhinderten Reformen währen?