Fünf-Tage-Streik: Jetzt macht die GDL Dampf

Mit zahlreichen Zugausfällen ist zu rechnen. Bild: Structuro, Pixabay

Tarifstreit zwischen DB und Lokführergewerkschaft spitzt sich zu. Es geht nicht nur um Geld, sondern um gewerkschaftliche Rechte. Und um den Einfluss des Bundes

Die GDL legt es drauf an: Mit dem bisher längsten Streik im laufenden Tarifkampf wird die Eisenbahnergewerkschaft von Donnerstag an fünf Tage lang – also auch während des kommenden Wochenendes – den Personenverkehr auf der Schiene bestreiken. Der Güterverkehr wird schon ab dem Mittwoch vom Ausstand betroffen sein.

"Die Deutsche Bahn bewegt sich weiterhin keinen Millimeter im von ihr selbst verschuldeten Tarifkonflikt", heißt es auf der Internetseite der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL). Der bundeseigene Konzern strebe kein echtes Einlenken an, sondern halte "in voller Absicht" an seinem "strikten Verweigerungskurs" fest, so die GDL: "Dabei nimmt sie (die Deutsche Bahn) ganz bewusst wirtschaftliche Nachteile und die Belastung der Reisenden in Kauf."

Die Deutsche Bahn (DB) ist im Tarifstreit zwar bereit, auf die Grundforderung der GDL einzugehen und die Löhne und Gehälter um 3,2 Prozent zu erhöhen. Strittig ist jedoch, wann genau die einzelnen Erhöhungen stattfinden sollen.

Auch über die Geltungsdauer des zu verhandelnden Tarifvertrags besteht keine Einigkeit. Die GDL forderte eine Laufzeit von zwei Jahren und vier Monaten, die DB bietet 40 Monate an. GDL-Chef Claus Weselsky spricht mit Blick auf das DB-Angebot von einem "vollkommen anderen Tarifabschluss".

Neben den Tarifforderungen geht es beim GDL-Streik grundsätzlich um das gewerkschaftliche Gestaltungsrecht bei dem Staatsunternehmen. Intern steht die GDL in Konkurrenz zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und möchte ihren Einfluss ausweiten.

Der Konkurrenzdruck wurde durch das sogenannte Tarifeinheitsgesetz noch einmal verstärkt. Demnach hat in Betrieben mit mehreren Gewerkschaften die mitgliederstärkste Vertretung das Recht, den jeweiligen Tarifvertrag auszuhandeln.

Die Deutsche Bahn geht davon aus, dass die EVG dieses Privileg hat, die GDL stellt die Mitgliederzahlen jedoch infrage.

"Dies alles geschieht mit dem Ziel, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer als einzig kritische Gewerkschaft im Eisenbahnmarkt zu eliminieren", heißt es vonseiten der GDL.

Streit um Mitgliederzahlen zwischen GDL und EVG

Telepolis-Autor Werner Rügemer wies unlängst darauf hin, dass EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel sich zwar kämpferisch gegeben hatte, dann aber nicht nur eine Null-, sondern sogar eine Minusrunde absegnete: "Am 17. September 2020 unterschrieb er den Tarifvertrag im Verkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU): Keine Lohnerhöhung bis 1. Januar 2022, danach 1,5 Prozent bis 28. Februar 2023."

Das sei, so Rügemer bei Telepolis, eine reale Lohnsenkung angesichts der durch die Corona-Politik der Bundesregierung beschleunigten Inflationsrate: "Diese beträgt gegenwärtig 1,8 Prozent und steigt absehbar weiter."

Der Deutschen Bahn scheint also nicht nur in dem laufenden Tarifkampf, sondern auch grundsätzlich daran gelegen, die starke Position der EVG zu stützen. Rügemer rechnete vor, die EVG gebe eine Zahl von 185.000 Mitgliedern an, von denen aber nur 64.500 berufstätig seien. Die GDL gibt ihre Mitgliederzahl mit 37.000 an.

Diese Hintergrundkonflikte verschärfen die Arbeitskämpfe bei der Deutschen Bahn seit Jahren und dürften auch zur aktuellen Streikentscheidung beigetragen haben. Zugespitzt wurde die Lage auch dadurch, dass der CDU-Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, der GDL ein "politisches Ziel" unterstellte: die Trennung des Schienennetzes vom Bahnbetrieb. Es ist äußerst ungewöhnlich, dass Vertreter der Bundesregierung in Tarifstreits intervenieren.

Bahnreisende müssen sich daher in den kommenden Tagen auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Die DB-Konzernführung teilte mit, man werde im Fernverkehr rund ein Viertel der Zugverbindungen aufrechterhalten können. Im Regional- und S-Bahn-Verkehr soll der Betrieb – wie schon beim letzten Streik- mit 40 Prozent fortgeführt werden.

Neben hunderttausenden Pendlern werden sich damit auch Urlaubsreisende auf Einschränkungen und Wartezeiten einstellen müssen. Die Ferien laufen in mehreren Bundesländern noch, in Thüringen und Sachsen enden sie just am bestreikten Wochenende.

Zuletzt hatte sich auch der Ton zwischen den Tarifparteien deutlich verschärft. Der Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, hielt Weselsky vor, er wolle durch "Falschbehauptungen" die Belegschaft spalten. Der Gewerkschafter reagierte auf seine Art: Was Lutz ihm vorwerfe, gehe ihm "gelinde gesagt am Steiß vorbei".

Aktuelle Informationen zu Bahnverbindungen während des Streiks finden Sie hier.