Fukushima: Aufräumen wird noch Jahrzehnte dauern
Seite 2: Fukushima-Jahrestag
Am Sonntag, dem 11.3., jährt sich zum siebenten Male die dreifache Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima. Ein schweres Seebeben der Stärke 9 auf der Richterskala und ein nachfolgender Tsunami verwüsteten die Küstenregion nördlich von Tokio und zerstörten drei der vier Reaktoren im AKW Fukushima Daiichi. In drei Reaktoren kam es seinerzeit aufgrund des Ausfalls der Notkühlung zur Schmelze des Reaktorkerns.
Es gibt Anzeichen dafür, dass zumindest ein Teil der Reaktoren bereits durch das Erdbeben schwer geschädigt wurde. Der Hauptschaden scheint aber durch den Tsunami verursacht worden zu sein.
Letzteres hätte vermieden werden können, wenn das AKW-Gelände nicht vor dem Bau abgetragen worden wäre. Das war geschehen, um die Energie zum Hochpumpen des aus dem Meer gewonnenen Kühlwassers zu sparen. Alternativ hätte die Anlage auch mit einer Schutzmauer gegen die verheerenden Flutwellen geschützt werden können, die in Japan immer wieder auftreten. Doch auf die Mauer war offensichtlich bewusst verzichtet worden, wie vergangenen Monat ein ehemaliger Mitarbeiter der Betreibergesellschaft Tepco vor Gericht aussagte.
Das Tohoko-Beben, das den Tsunami auslöste, war weltweit das viertstärkste seit 1900 und in Japan das stärkste Beben seit dem Beginn moderner Aufzeichnungen vor 130 Jahren. Allerdings war bekannt, dass im Land der aufgehenden Sonne derartige seltene und starke Beben zu erwarten sind.
Wie gewaltig das Tohoku-Beben war, zeigt sich auch an den Veränderungen in der Geografie Honshus, der Insel, auf der sowohl Fukushima als auch Tokio, Osaka und zahlreiche weitere Großstädte liegen. Deren Norden hat sich um mehrere Meter nach Osten verlagert. Am stärksten war die Horizontal- wie auch die Vertikalbewegung in der Nachbarschaft Fukushimas, wo der geografische Referenzpunkt Oshika um 5,3 Meter nach Ostsüdost verschoben wurde und nun 1,2 Meter tiefer liegt.
An der Unfallstelle arbeiten nach einem Bericht der New York Times vom November 2017 7.000 Menschen daran, die Havaristen unter Kontrolle zu halten. Unter anderem müssen immer neue Tanks für das verseuchte Kühlwasser gebaut werden. Erst im vergangenen Jahr konnte das zusammengeschmolzene Uran mit Hilfe von Robotern lokalisiert werden.
2021 hofft man, es entfernen zu können. Die Aufräumarbeiten würden noch Jahrzehnte dauern und einige weitere Dutzend Milliarden US-Dollar verschlingen (siehe dazu auch AKW Fukushima: Betreiber will mit Tritium belastetes Wasser ins Meer ablassen).
Zum Jahrestag sind hierzulande in zahlreichen Orten Aktionen wie Mahnwachen oder Demonstrationen geplant, zum Beispiel am AKW Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Im Aufruf dazu wird davon gesprochen, dass in der Nachbarschaft Fukushimas sich die Zahl der Schilddrüsen-Erkrankungen verdoppelt habe und es noch in 180 Kilometer Entfernung einzelne Hotspots gebe, die besonders stark kontaminiert seien.
In Deutschland, und zwar in Karlsruhe, würde noch immer an der Entwicklung neuer AKW gearbeitet. Auch würden hier weiter Reaktorbrennelemente für den Export erzeugt, aber gleichzeitig der Ausbau der erneuerbaren Energieträger gedeckelt. Die Organisatoren einer deutsch-japanischen Demonstration in Berlin fordern außerdem, dass sich Deutschland und Japan dem in der UN verhandelten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen anschließen.
Bescheidener Schadensersatz
Derweil hat in Japan ein Gericht den AKW-Betreiber Tepco zu weiteren Schadensersatzzahlungen an Anwohner verurteilt. 1,1 Milliarden Yen (8,35 Millionen Euro) müssen an 321 Kläger gezahlt werden, berichtet die Japan Times.
Die Betroffenen sind Einwohner des Stadtteils Odaka der Küstenstadt Minamisoma,der innerhalb der 20 Kilometer Zone um die havarierten Reaktoren liegt. Sie machen psychologische Schäden aufgrund des Verlusts ihrer Lebensgrundlage geltend. Der Bezirk war nach der Katastrophe evakuiert worden. Erst im Juli 2016 konnte ein Teil der Betroffenen zurückkehren.
Die Zeitung schreibt, dass die Bevölkerung in dem Gebiet von 12.800 auf 2.400 zurückgegangen sei. Zum aller größten Teil handelt es sich dabei um Fortzüge. Laut Wikipedia hatte es in der Stadt Minamisoma 1015 Tote und 111 Vermisste durch den Tsunami gegeben.
Tepco hatte vor dem Prozess angekündigt, jedem Betroffenen nach den staatlichen Richtlinien 8,5 Millionen Yen (rund 65.000 Euro) zahlen zu wollen. Die Kläger hatten auf zusätzlichen 32 Millionen Yen (rund 243.000 Euro) bestanden. Das Gericht hat ihnen nun etwa ein Zehntel davon zugestanden, womit sie, sofern das Urteil rechtskräftig wird, gut 90.000 Euro Entschädigung bekämen.
Für jahrelangen Verdienstausfall, Verlust des sozialen Umfelds, etwaiger Wertverlust der Immobilien und die Sorge um die eigene und die Gesundheit der Freunde und Angehörigen, ist das wohl eher als eine bescheidene Summe anzusehen.