Fukushima: Japan will radioaktiv kontaminiertes Wasser ins Meer leiten

Seite 2: Gefahren: Anreicherung von Spaltprodukten in der Nahrungskette

Der Sender AL Jazeera zitiert südkoreanische Fischer, die befürchten, ihren Fang nicht mehr verkaufen zu können, wenn die Menschen sich Sorgen wegen des radioaktiven Wassers machen. Vor der japanischen Botschaft in Seoul gibt es entsprechend immer wieder Proteste und sogar einen Hungerstreik.

Die IAEA verweist derweil darauf, dass die Entscheidung in nationaler Verantwortung liege und die japanische Atomaufsichtsbehörde bereits im Mai grünes Licht gegeben habe. Die Agentur wurde 1957 gegründet, "um den Beitrag der Atomenergie zu Frieden, Gesundheit und Wohlstand in der ganzen Welt zu vergrößern und zu beschleunigen", wie es in ihrem Statut heißt.

Und weiter: "So weit sie dazu in der Lage ist, wird sie dafür sorgen, dass die von ihr angebotene Unterstützung (…) nicht dazu genutzt wird, militärischen Zwecken zu dienen." Eine Formulierung, die viel Spielraum für Interpretationen lässt. Der Agentur gehören 176 Staaten an, darunter auch Deutschland, für zwei weitere läuft derzeit ein Aufnahmeverfahren. Sowohl die IAEA als auch das Energieministerium in Tokio berufen sich darauf, dass die radioaktive Belastung in dem gefilterten und verdünnten Wasser unter den Richtwerten der Weltgesundheitsbehörde WHO liegen. Allerdings sind diese für Trinkwasser gedacht.

Etwaige Gefahren im Meer werden aber nicht dadurch entstehen, dass Menschen versehentlich einen Schluck Salzwasser beim Baden nehmen. Vielmehr wird die Frage sein, ob sich die radioaktiven Spaltprodukte in der Nahrungskette anreichern, wie es oft bei Umweltgiften der Fall ist. Dazu gibt es bisher nur Abschätzungen der Fukushima-Betreibergesellschaft Tepco, die von der IAEA übernommen werden.

Die Fachzeitschrift Nature zitierte Ende vergangenen Monat Wissenschaftler, die das von dem kontaminierten Wasser ausgehende Risiko für gering halten, aber auch solche, die widersprechen. Robert Richmond, Meeresbiologe an der Universität von Hawaii, weist darauf hin, dass das im Wasser enthaltene Tritium, auch schweres Wasser genannt, als sogenannte ß-Strahler Menschen zwar nichts anhaben könne, wenn sie zum Beispiel im Meer baden.

Diese Strahlung wird in der geringen Intensität von der Haut abgeschirmt. Gelangt das Tritium jedoch mit der Nahrung in den Körper, kann es dort direkt auf Zellen einwirken und deren Erbgut beschädigen.

Tepco und IAEA verweisen hingegen darauf, dass Tritium auch im nuklearen Normalbetrieb ins Meer gelangt. Das ist richtig und entsprechend hat Telepolis auch schon vor Jahren darüber berichtet, wie sich radioaktive Spaltprodukte in Flora und Fauna anreichern, oder wie Tritium in der Nachbarschaft eines alternden US-Reaktors das Krebsrisiko erhöht.

Auch gibt es Hinweise, dass Tritium schon in geringen Konzentrationen in der Umgebung von Atomanlagen durch Einfluss auf das Erbgut potenzieller Väter und Mütter das Geschlechterverhältnis verändert.