Funk- und Schlaglöcher schaden Wirtschaft
68 Prozent der Unternehmen beklagen regelmäßige Beeinträchtigung ihrer Geschäfte
Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat für eine Studie zur Infrastruktur in Deutschland 2.600 befragten Unternehmen befragt. Davon gaben 68 Prozent an, dass ihre Geschäfte "regelmäßig" durch Infrastrukturprobleme beeinträchtigt werden - das sind um zehn Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Für 16 Prozent sind die Beeinträchtigung sogar "gravierend". 2013 lag dieser Anteil bei lediglich zehn Prozent.
Als wichtigste Behinderer nennen die Unternehmen schlechte Straßen und eine unzureichende Internetversorgung. Bei den Straßen klagen nicht etwa vor allem Firmen in ländlichen Gebieten, sondern im größten Ballungsraum Deutschlands: dem Ruhrgebiet. Hier geht es weniger um die Erschließung, sondern um den Verfall der bestehenden Infrastruktur, die man als nicht ausreichend gewartet und repariert wahrnimmt. Unter anderem deshalb ist die Unzufriedenheit in Nordrhein-Westfalen mit 78 Prozent noch einmal zehn Punkte höher als im Bundesdurchschnitt.
Paradoxer Effekt
Dem Bauindustrie-Hauptverbandsvize Heiko Stiepelmann zufolge gibt es "bei den Straßen die meisten Probleme auf kommunaler Ebene", wo sich ein schon länger bestehender "Investitionsstau" seinem Eindruck nach "in den vergangenen Jahren eher noch vergrößert" als verkleinert hat. Das liegt den Autoren der IW-Studie nach nicht in erster Linie am Geld, sondern an einer in den letzten Jahrzehnten massiv gewachsenen Bürokratie, die dafür sorgt, dass Baumaßnahmen heute nicht nur kostspieliger und aufwendiger werden, sondern auch sehr viel länger dauern als früher.
Zufriedener zeigt sich Stiepelmann mit den Investitionen in Bundesstraßen und Autobahnen, obwohl die Unternehmen auch darüber klagen. Das liegt seiner Ansicht nach aber vor allem am paradoxen Effekt, dass für Reparaturen Baustellen notwendig sind, die den Verkehr erst einmal noch stärker behindern, als er vorher durch Schäden behindert wurde.
Besonders stark spürbar ist dieser Effekt bei Investitionen im Schienenverkehr, wo sich nur schwer auf Umwege ausweichen lässt: Deshalb wird beispielsweise die Strecke zwischen München, Freising und Landshut vom 27. Juli bis zum 11. September nur mit einem Umsteige-Flickenteppich über Busse und den Münchner Flughafen versorgt. Da können sich dann für eine nur gut 70 Kilometer lange Strecke Fahrzeiten von bis zu zweidreiviertel Stunden ergeben (vgl. München will Verkehrsprobleme mit Seilbahn lösen). Danach soll der Münchner Flughafen von Ostbayern aus mit dem Zug erreichbar sein. Außerdem werden gut 30 Kilometer Schienen erneuert und zwei Bahnhöfe behindertengerecht umgebaut.
Unzureichende Internet- und Mobilfunkversorgung vor allem in Mittel- und Ostdeutschland
Über eine unzureichende Internet- und Mobilfunkversorgung klagen vor allem ost- und mitteldeutsche Unternehmen. Fast ein Drittel der dort ansässigen Firmen stuft die diesbezüglichen Beeinträchtigungen als "deutlich" ein, während in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen weniger als ein Viertel dieses Attribut wählt. Untergliedert man die Antworten nach Branchen, fühlen sich nicht nur Dienstleistungs-, sondern auch Bauunternehmen besonders stark betroffen.
Der Branchenverband Bitkom nimmt das zum Anlass, erneut zu fordern, den "Glasfaserausbau weiter entschlossen voranzutreiben" und "Gewerbegebiete vorrangig zu versorgen". Auch er beklagt einen "Dschungel an bürokratischen Vorschriften und behördlichen Genehmigungsverfahren" als Haupthindernis, das "vielerorts einen schnellen Glasfaserausbau verhindert".
Eine ebenfalls neue Studie des Münchner Ifo-Instituts liefert neben der zunehmenden Bürokratie einen weiteren Anhaltspunkt dafür, warum Firmen (und nicht nur die) heute viel unzufriedener mit der Infrastruktur in Deutschland sind als früher: Dieser Erhebung nach sanken nämlich die staatlichen Investitionsausgaben seit 1998 von 2,5 auf jetzt nur mehr 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während sie beispielsweise in der Schweiz bei 3,1 Prozent liegen. "In dieser Hinsicht", so die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) dazu, "hat Deutschland seinen Staatshaushalt zu wenig auf die Zukunft ausgerichtet".
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