Geburtenraten sinken weltweit drastisch
Weltweit fallen die Geburtenraten. Viele Länder sind bemüht, ihre Bevölkerungszahlen durch Migration zu stabilisieren. Dabei liegt der Schlüssel für eine stabile Bevölkerungsentwicklung woanders.
Die Geburtenraten werden im Laufe dieses Jahrhunderts überall auf der Welt drastisch sinken. Innerhalb der nächsten 25 Jahre wird die Bevölkerung in über zwei Drittel aller Länder schrumpfen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, die im Fachjournal The Lancet veröffentlicht wurde.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern warnt, dass sich Regierungen auf die massiven Veränderungen vorbereiten müssen, die in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der Veränderungen der globalen Bevölkerungsstrukturen eintreten werden.
Drastischer Wandel der globalen Bevölkerungsstrukturen
Die Fruchtbarkeitsraten fallen in der Hälfte der Weltbevölkerung, und dieser Trend hält an bzw. weitet sich aus: Bis 2050, so prognostiziert die neue Studie, werden die Menschen in 155 von 204 Ländern weniger Kinder als die durchschnittlich 2,1 bekommen, als zur Aufrechterhaltung einer stabilen Bevölkerungszahl erforderlich sind.
In der Regel sind sinkende Geburtenraten das Ergebnis besserer Bedingungen für Frauen und Familien, seltener auch das Ergebnis von Krisen oder Konflikten.
In den 1950er-Jahren wurden knapp fünf Kinder pro Frau geboren, verglichen mit etwas mehr als zwei Kindern pro Frau im Jahr 2021. Die Auswirkungen eines solch drastischen Wandels der Bevölkerung werden auch davon abhängen, wie er gemanagt wird. Derzeit scheint die Menschheit (noch) nicht auf das vorbereitet, was da kommt.
Gute Nachrichten – vor allem für Frauen
Dabei ist dieser Wandel eigentlich eine gute Nachricht, vor allem für Frauen. Denn das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht, das vor allem vielen Frauen immer noch verwehrt wird. Und zu diesem Menschenrecht gehört auch Familienplanung, also bestimmen zu können, wie viele Kinder man mit wem bekommen möchte und wann die geboren werden sollen.
Millionen Mädchen und junge Frauen können bis heute nicht selbst darüber entscheiden und werden daran gehindert, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Daher ist der Zugang zu sexueller Aufklärung und der unvoreingenommene Diskurs über Sexualität und Verhütung, aber auch eine solide allgemeine und berufliche (Aus-)Bildung so unabdingbar für junge Frauen.
"Babyboom" nur noch in einigen afrikanischen Ländern
In den kommenden Jahrzehnten werden drei von vier Kindern in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen geboren werden. Bis 2100 wird jedes zweite Kind aus Afrika stammen, das bereits 2021 ein Drittel der weltweiten Geburten verzeichnete.
Während ein Großteil der Welt mit den Herausforderungen für das Wirtschaftswachstum durch eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung zu kämpfen hat und damit, wie man für die Pflege und Bezahlung alternder Bevölkerungen sorgt, werden viele der ärmsten Länder in Subsahara-Afrika damit zu tun haben, wie sie die junge Bevölkerung ausbilden und in Lohn und Brot bringen können.
Migration eine Lösung?
Die Autoren der Lancet-Studie betonen, dass "ethische und effektive Einwanderungspolitiken in globaler Zusammenarbeit" darüber entscheiden werden, ob die Bevölkerungseinbrüche bewältigt werden können, denen viele Länder gegenüberstehen.
Doch diese Lösung kann nur vorübergehend befriedigen, denn es ist zu erwarten, dass auch die afrikanischen Länder mit heute noch hohen Geburtenraten ihren demografischen Übergang abschließen und sinkende Geburtenraten verzeichnen werden. In Südafrika ist dieser Wandel schon weitgehend vollzogen.
Sozialpolitik ist der Schlüssel
Langfristig liegt der Schlüssel für eine stabile Bevölkerung in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Es reicht nicht, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Sozialpolitik zu beklagen und Transferleistungen zu kürzen.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Familien mit Kindern zu unterstützen, ist der Schlüssel, um niedriger Geburtenraten zu bekämpfen. Zentrale Aspekte einer solchen Politik sind etwa bezahlter Mutterschaftsurlaub, Zugang zu bezahlbarer, aber qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung und eine größere Beschäftigungssicherheit für alle Arbeitnehmer ‒ vor allem aber für Frauen, die nach dem Kinderkriegen wieder zurück in den Job wollen.
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