Gefährlichkeit der Masern, Herdenimmunität und ökologische Landwirtschaft

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.

Wie gefährlich sind die Masern?

"In beiden Teilen Deutschlands sind/waren unter den bis 1970 Geborenen 95 % gegen Masern immun - und das Ganze ohne Masernimpfung. Grund war eine durchgemachte Erkrankung (meistens im Kindesalter). Es gab sogar die übliche Praxis, Kinder gezielt einer Masernerkrankung auszusetzen, vor allem, weil Masern zu den so genannten Kinderkrankheiten gehörten, die Kinder üblicherweise ohne große Probleme bewältigten. Gefährlich war es nur, wenn man als Erwachsener Masern bekam, weil die Immunität aus dem Kindesalter nicht vorhanden war. Erst mit Beginn der Masernimpfung in den 70er-Jahren stieg der Anteil der Menschen immer mehr, die erst im Erwachsenenalter Masern bekamen und damit Probleme hatten. (…)" So lautet ein Kommentar auf den Artikel "Rückkehr der Masern: Wie Impfgegner und Vakzinmangel die Welt krank machen" von Kenny Stancil.

Richtig, in der DDR wurde eine – verpflichtende – Masernimpfung 1970 eingeführt, in der BRD waren erste Impfstoffe seit 1966 zugelassen – später aber gegen wirksamere ausgetauscht. Den heutigen Impfstoffen wird eine Wirksamkeit von über 97 Prozent attestiert.

Der Einwand des Users läuft darauf hinaus, ob es nicht für die allgemeine Gesundheit besser wäre, wenn die Menschen ihre Immunität gegen Masern nicht durch eine Impfung, sondern durch eine durchgemachte Infektion erwerben würden?

Dass die Masern harmlos seien, wird gerne, auch hier im Forum, mit geringen Todeszahlen begründet. Das Robert-Koch-Institut schreibt zu Masern-assoziierten Todesfällen: "Nach Angaben der WHO liegt in entwickelten Ländern die Letalität der Masernerkrankung zwischen 0,01 % und 0,1 %. In Ländern mit verbreiteter Mangelernährung und hohen Inzidenzen weiterer Infektionen oder bei Personen mit Immundefizienz kann sie bedeutend höher sein. Daten der Todesursachenstatistik (...) weisen für Deutschland insgesamt 42 Todesfälle aufgrund von Masern bzw. SSPE im Zeitraum 2007 bis 2015 aus. Das entspricht insgesamt etwa 3-7 Masern-assoziierten Todesfällen pro Jahr in Deutschland."

Angesichts des aktuellen Notstands in Kinderkliniken mag man sich fragen, ob es nicht besser wäre, Kinder vorab gegen schwere Masernverläufe zu schützen, indem man sie impfen lässt, statt sich auf das gute Gesundheitssystem zu verlassen. Was sich in den Todeszahlen nicht widerspiegelt, sind nicht tödlich verlaufende Komplikationen und Spätfolgen einer Masernerkrankung.

Laut RKI führen die Masern in einem von 1.000 Fällen zu einer Gehirnentzündung. Zwischen zehn und 20 Prozent der Betroffenen würden daran sterben, heißt es von dieser Seite: Bei bis zu 30 Prozent blieben "schwere Folgeschäden wie geistige Behinderungen oder Lähmungen zurück".

Da Kinder unter elf Monaten nicht geimpft werden können, schützt man sie vor den Folgeschäden der Masern am besten durch Herdenimmunität (dazu gleich mehr in der Antwort auf die nächste Frage aus dem Forum).

Kommen wir noch zur zitierten SSPE. Die Abkürzung steht für "subakute sklerosierende Panenzephalitis" und ist eine fortschreitende und tödlich verlaufende Entzündung von Gehirn und Nervensystem.

Diese "stellt eine sehr seltene Spätkomplikation dar, die sich durchschnittlich sechs bis acht Jahre nach Infektion manifestiert. Nach Literaturangaben kommt es durchschnittlich zu vier bis elf SSPE-Fällen pro 100.000 Masernerkrankungen. Kinder haben ein deutlich höheres Risiko. So wurde das Risiko, eine SSPE zu entwickeln, für Kinder, die im Alter unter fünf Jahren an Masern erkrankten, auf 30-60 von 100.000 Masernfällen, für Kinder, die im ersten Lebensjahr erkranken, sogar auf rund 170 von 100.000 Masernfällen geschätzt", schreibt das RKI. Besonders gefährdet sind also Kinder, die noch nicht geimpft werden können.

Eine weitere Besonderheit der Masern ist, dass sie zu einer vorübergehenden allgemeinen Immunschwäche führen, die Monate bis Jahre anhalten kann. Deshalb haben Menschen während und nach der Maserninfektion ein höheres Risiko bakterieller Infektionen, die etwa Mittelohrentzündungen, Bronchitis oder Lungenentzündungen verursachen können.

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