Gefahr aus dem Süden: Wie invasive Insekten und Zecken Tropenkrankheiten bringen

Invasives Insekt: Die Tigermücke wurde bereits in Deutschland nachgewiesen. Archivbild: James Gathany, CDC / CC0 1.0

Exotische Mücken und Zecken wandern ein. Sie können gefährliche Tropenkrankheiten übertragen. Doch was bedeutet das für uns?

Aktuell wird vor einer Mückenplage in den zuletzt von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Gebieten Süddeutschlands gewarnt. Auch invasive Insekten könnten dabei eine Rolle spielen.

Insekten wie die aus Südostasien stammende Tigermücke oder die Asiatische Buschmücke können Infektionskrankheiten wie das Dengue-Fieber, Gelbfieber, Zika, Chikungunya und das West-Nil-Virus übertragen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Forschungsgruppe Medizinische Biodiversität und Parasitologie von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, die im vergangenen Jahr vom Deutschen Netzwerk für vernachlässigte Tropenkrankheiten veröffentlicht wurde.

Die Gefahr, dass man hierzulande von einer Tigermücke gestochen werde, sei zwar sehr gering, erklärt die Münchner Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek. Dennoch könnten sich hier stabile Populationen ausbilden, die später Krankheiten übertragen. Tigermücken sind tagaktiv und aggressiver als heimische Mückenarten, sodass sich das Risiko erhöht, gestochen zu werden.

Tigermücken in Deutschland vor fünf Jahren nachgewiesen

Um präventiv darauf einwirken zu können, sei es wichtig, zu wissen, welche Mückenarten vorkommen, erklärt der Infektionsbiologe Sven Klimpel von der Goethe-Universität Frankfurt. In Bayern wurden 2019 die ersten Tigermücken in Fürth und München nachgewiesen. Seit Mai 2023 sucht es das Stadtgebiet an acht verteilten Stellen nach Tigermücken ab.

Mücken legen ihre Eier generell ins Wasser, auch in Pfützen oder Lachen. Die Larven schlüpfen nach ein bis zwei Wochen. Deshalb sollten Gefäße im Garten oder auf dem Balkon regelmäßig geleert und gesäubert werden, rät das Münchner Gesundheitsreferat. Regentonnen sollten mit einem eng schließenden dichtmaschigen Netz oder einem Deckel gut abgedeckt werden.

Heimische Mücken können Tropenkrankheiten übertragen

Auch heimische Mücken können Tropenkrankheiten übertragen, wenn sie mit den entsprechenden Viren infiziert sind. So wurden im Herbst 2019 erstmals drei Fälle bekannt, bei denen sich Patienten innerhalb Deutschlands mit dem West-Nil-Virus infizierten. Ende des Jahres 2020 wurden 20 Fälle diagnostiziert - mit einem Todesfall.

Im Folgejahr sank die Fallzahl zwar auf vier gemeldete Fälle, die Dunkelziffer schätzt Biologin Doreen Werner jedoch höher ein. Auch Experten des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin gehen davon aus, dass es noch Hunderte weitere Fälle gibt. Doch weil rund 80 Prozent der Infizierten von der Erkrankung nichts mitbekommen, werde die Infektion leicht übersehen, wie es heißt.

Der Mückenatlas – ein erfolgreiches Bürgerforschungsprojekt

Im Jahr 2012 wurde der sogenannte Mückenatlas ins Leben gerufen. Er soll erfassen, wo in Deutschland welche Stechmücken leben. Forscher beobachten die eingewanderten exotischen Mücken genau und verfolgen, welche Arten tropischer Stechmücken hierzulande zu finden sind. Initiatoren sind das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald.

Auch engagierte Bürger können hier helfen, wissenschaftlich verwertbare Daten zu erheben: Jeder kann mitmachen und Mücken ans Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung nach Müncheberg nahe Berlin schicken und die bundesweite Karte ergänzen. Allerdings darf man die Mücken vor dem Einsenden nicht zerquetschen, wie eine Aktive erklärt: Man müsse sie als Ganzes einfangen, in eine Dose geben, im Gefrierfach töten und dann verschicken.

Zecken überleben milde Winter

Auch das Risiko, von einer Zecke gebissen zu werden, steigt mit zunehmender Erwärmung. Aufgrund des milden Winters waren die Zecken hierzulande auch den Winter durch aktiv, betont Martin Pfeffer gegenüber dem MDR, weshalb die kleinen Blutsauger in diesem Jahr besonders aktiv sein sollen.

Das bestätigen auch Untersuchungen von Forschern der Tierärztlichen Hochschule Hannover: So sorgen die milden Winter und ausbleibende Schnee dafür, dass Zecken mittlerweile ganzjährig auf Wirtssuche gehen. Nach einem kurzen Einbruch werden seit Ende Januar schon wieder aktiv Zecken gefangen, erklärt der Epidemiologie von der Universität Leipzig.

Hyalomma-Zecke in Deutschland auf dem Vormarsch

Mit zunehmender Erwärmung wandern die Zecken verstärkt aus dem Süden nach Deutschland ein – wie etwa die beiden Arten Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes, die aus dem Balkan und aus Nordafrika bzw. Asien kommen. Beide Arten gelten als Überträger des Krim-Kongo Hämorrhagischen Fiebers, einer Viruserkrankung, gegen die es momentan weder Impfung noch Medikamente gibt.

Zwar wurden an denen ans RKI eingesandten Hyalomma-Zecken keine Erreger des Krim-Kongofiebers entdeckt. Allerdings fand man Rickettsien, Erreger von Zeckenstichfieber, eine Fleckfieberart, die baldmöglichst mit Antibiotika behandelt werden sollte.

"Hyalomma" heißt übersetzt Glasauge, denn die Zecken haben Augen und können sehen - im Gegensatz zum gemeinen heimischen Holzbock. Zudem sind die spinnenartigen Hyalomma-Zecken mit ihren braun-gelb gestreifte Beinen und mit einer Größe von bis zu zwei Zentimeter deutlich größer als der Holzbock. Die aktiven Jäger können bis zu zehn Meter weit sehen und verfolgen ihr Opfer mehrere hundert Meter weit.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass jährlich Millionen von Hyalomma-Larven bzw. -Nymphen mit Zugvögeln nach Deutschland gelangen. Laut Angaben der Zeckenforscher an der Universität Hohenheim befallen sie Pferde besonders gern. Hierzulande infizierte sich erstmals ein Mensch durch Hyalomma mit Fleckfieber, das sich jedoch mit Antibiotika gut behandeln lässt.

Werden tropische Zecken bei uns heimisch?

Aktuell werden vergleichsweise wenige adulte Hyalomma-Zecken gefunden. Doch die klimatischen Bedingungen für die Hyalomma-Zecken werden sich künftig eher noch verbessern. Im Journal of Health Monitoring von 2023 zählt das Robert-Koch-Institut (RKI) Infektionskrankheiten auf, die sich durch eingewanderte Vektoren und Nagetiere bei uns ausbreiten.

Wer die Riesenzecken mit den gestreiften Beinen entdeckt, sollte sie zur Analyse ans Robert Koch-Institut nach Berlin schicken. So wurden 2022 bereits vierzehn Hyalomma-Zecken an das RKI gesandt, 2023 waren es zwölf. 2018 fand man noch mehr als 36 Zecken dieser Art.

Die besonders in Ostdeutschland verbreitete Wiesenzecke ist besonders temperaturtolerant: Sie fühlt sich wohl bei null Grad los bis über 30 Grad. Der Gemeinen Holzbock fühlt sich am wohlsten bei Temperaturen zwischen fünf bis 25 Grad. Mit dem Altenburger Land und Frankfurt (Oder) kommen inzwischen immer mehr Risikogebiete im Norden dazu.

Zecken können Krankheiten wie Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Bayern und Baden-Württemberg etwa sind als FSME-Risikogebiete ausgewiesen.

Wie schützt man sich am besten gegen Zeckenbisse?

Weil sich Zecken am liebsten im hohen Gras oder Unterholz aufhalten, sollte man am besten

  1. helle Kleidung tragen, denn so lassen sich Zecken besser erkennen,
  2. geschlossene Kleidung mit langen Ärmeln und Hosen tragen,
  3. bei Arbeiten auf dem Feld oder im Wald: Zeckenzange mitnehmen,
  4. nach einem Waldbesuch oder Heuernte den ganzen Körper auf Zecken kontrollieren.

FSME-Schutzimpfung: Nicht jeder Zeckenbiss ist vermeidbar

Manchmal lässt sich ein Zeckenbiss nicht vermeiden. Experten raten daher, das Risiko einer FSME-Erkrankung durch entsprechende Impfung zu mindern. So gibt es gegen FSME einen Totimpfstoff als Grundimmunisierung. Für Kinder gibt es eine niedrige Antigen-Dosis.

Borreliose jedoch kann nur mit Antibiotika behandelt werden. Einen Impfstoff gibt es nicht. Der Erreger braucht mindestens zwölf Stunden, um in den menschlichen Organismus übertragen zu werden. Wird eine Zecke schnell entfernt, kann das Risiko, dass sich der Krankheitserreger ausbreitet, minimiert werden.