Gegen Klimawandel oder Klimaflüchtlinge?

Seite 2: Widerstand geht weiter

Am Braunkohletagebau Garzweiler 2 im Rheinland drängt der Energiekonzern RWE derweil weiter mit Unterstützung des neuen CDU-Chefs Armin Laschet auf die Zerstörung weiterer Dörfer. Die unter ihnen liegende Braunkohle möchte das Unternehmen gerne noch verfeuern, damit Deutschland noch möglichst lange seinen Weltmeistertitel bei der Verbrennung dieses besonders klimaschädlichen Energieträgers behält.

Nun kommt erstmals leichter Widerstand vom Bistum Aachen, das für gewöhnlich wenig Probleme damit hat, seine Kirchen und Dome dem Kohle-Götzen zu opfern. Doch im Falle der Keyenberger Kirche beginnt man auf Zeit zu spielen. Die Entscheidung über die Entwidmung wurde aufgeschoben, da in die Auseinandersetzung der Dörfer eine neue Dynamik gekommen sei. Ein Erhalt der Dörfer erscheine möglich.

Etwa fünf Kilometer weiter im Süden, in Lützerath, waren, wie berichtet, am 18. Januar pünktlich nach dem CDU-Bundesparteitag einige Wohnhäuser und Stallgebäude abgerissen worden, obwohl der Ort noch bewohnt ist.

Offenbar sollten die verbliebenen Nachbarn eingeschüchtert und zur Aufgabe bewogen werden. Das sich über Tage hinziehende Zerstörungswerk wurde mit einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, um die Proteste der Anwohner und Tagebaugegner aus der Region im Schach zu halten.

Sowohl Lützerath als auch Keyenberg liegen am östlichen Rand der Stadtgemeinde Erkelenz rund 45 Kilometer nordöstlich von Aachen. Von Köln aus gesehen liegt es in etwa gleicher Entfernung nordwestlich.

Ken Saro-Wiwa: Unvergessen

Gute Nachrichten kommen derweil aus den Niederlanden. Dort hat erstmals ein Gericht den britisch-niederländischen Ölkonzern verurteilt, nigerianische Bauern für die Verseuchung ihrer Umfeld durch Öllecks zu entschädigen. Die Ölförderung an der nigerianischen Küste durch ausländische Konzerne und vor allem Shell ist seit vielen Jahrzehnten für die angerichteten Verwüstungen durch Leckagen und das Abfackeln von Gas berüchtigt.

Widerstand dagegen wurde lange von verschiedenen Militärdiktaturen gewaltsam unterdrückt. In den 1990er Jahren geriet Shell für seine Zusammenarbeit mit den Machthabern im Falle der entsprechenden Proteste der Ogonis international ins Kreuzfeuer der Kritik. Die Ogonis sind ein im Nigerdelta lebendes und von Shells Ölförderung besonders betroffenes Volk.

Einer ihrer Sprecher, der Schriftsteller Ken Saro-Wiwa, wurde 1995 gemeinsam mit acht Gefährten mit einer konstruierten Anklage des Mordes an vier traditionellen Führern beschuldigt und schließlich trotz internationaler Proteste gehängt. (Hier eine Chronologie der Vorfälle und der Zusammenarbeit Shells mit der damaligen Militär-Junta.)

Abschied von urbanen Autowüsten

Deutsche Umwelthilfe DUH hat in 101 Städten eine Kampagne für Pop-up-Radwege gestartet. Die "seit Jahren steigende Zahl von Radfahrerinnen und Radfahrern" müsse endlich besser geschützt und Straßenflächen für den Radverkehr und auch für Fußwege umgewidmet werden.

Ein Rechtsgutachten der DUH zeige den Städten, wie dies rechtssicher geschehen könne. In einem ersten Schritt seien die Städte mit hohen Schadstoffbelastungen der Luft sowie solche Kommunen angeschrieben worden, die einen Klimanotsand erklärt hatten.

Die Idee der zügigen Umwidmung von bisher dem Auto vorbehaltenen Flächen entstand im letzten Jahr als Reaktion auf den steigenden Radverkehr in Folge der Corona-Pandemie in verschiedenen Metropolen wie Bogota - wo Radfahrerinnen und Radfahrer inzwischen Selbstverteidigungskurse nehmen -, Paris, London - wo allerdings ein Gericht letzte Woche befand, dass die Rechtsgrundlage unzureichend ist - und New York nahezu gleichzeitig.

Auch in Berlin, Hamburg und weiteren deutschen Städten wurden viele derartiger ad-hoc-Radwege eingerichtet.

Andere versperrten ihre neuen Radwege lieber mit Luftfiltern, die die Abgase des Straßenverkehrs aufnehmen sollen.

An der Spree haben die Provisorien seit letzter Woche auch den richterlichen Segen des dortigen Oberverwaltungsgerichts und werden nun zum Teil verstetigt. An der Isar wurden sie hingegen in der Innenstadt bereits wieder entfernt, obwohl viel benutzt und noch bevor eine wissenschaftliche Auswertung vorlag, wie der Focus schreibt.

In New York geht man derweil, wie die New York Times berichtet den nächsten Schritt. Auf zwei bisher ganz den in der Stadt der Wolkenkratzer nur von einer kleinen Minderheit genutzten Autos vorbehaltenen Brücken soll Platz für den Fahrradverkehr geschaffen werden.

Die Querungen verbinden Manhattan über den East River hinweg mit Brooklyn und Queens. Und in Paris soll aus dem Champs-Élysées ein "außergewöhnlicher Park" gemacht werden - ein ehrgeiziger Plan, der bis 2024 100 Prozent der Straßen sicher für Fahradfahrerinnen und Fahrer machen soll.

Und sonst noch?

Sella, eine Stadt in Lappland und nach Eigenwerbung die kälteste Stadt Finnlands, will sich für die Sommer-Olympiade 2032 bewerben, in München gibt es Streit um ein neues Gaskraftwerk und die Auseinandersetzung um die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 geht weiter.

Scientists for Future haben dazu kürzlich eine Studie und eine ausführliche Presserklärung veröffentlicht. Einige der Autorinnen wie Claudia Kemfert, Energieökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, haben das Dokument in einer Online-Pressekonferenz von FFF vorgestellt.

Kritisiert wird insbesondere, dass die Investitionen in die Pipeline entweder vorzeitig abgeschrieben werden müssen oder einen Druck aufbauen werden, fossiles Erdgas weit länger zu verbrennen, als es mit der Pariser Klimaübereinkunft eigentlich geschehen dürfte.

Dass Russland, wie von einigen Seiten als Argument ins Feld geführt wird, in der Zukunft über die Pipeline auch sogenannten grünen Wasserstoff exportieren könnte, halten die Autorinnen für unrealistisch. Wahrscheinlicher sei, dass der Wasserstoff gegebenenfalls mit Kohle- und Atomstrom hergestellt werde. Russland ist das einzige große Industrie- oder Schwellenland, das bisher kaum in Wind- und Solarenergie investiert.