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Seite 3: Facebook-Alternative
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Um der Fremdherrschaft über die sozialen Daten z.B. via Facebook eine Alternative entgegenzusetzen und gleichzeitig das Problem der Authentifizierung von Profilen zu lösen hat der P2P Juniorprofessor Thorsten Strufe ein soziales Netzwerk entwickelt, das auf Peer-to-Peer Basis funktioniert und die persönlichen Daten sowie deren genau spezifizierte Freigabe ganz unter der Kontrolle der User belässt. Profildaten-Anfragen werden grundsätzlich nur über den Umweg von Freunden indirekt und verschlüsselt beantwortet. Das Projekt befindet sich aber noch in der Testphase.
Eine weitere gerade enorm an Popularität gewinnende, noch in Entwicklung begriffene und auf ähnlicher P2P-Technik wie Safebook beruhende Alternative ist das Diaspora-Projekt, das vier New Yorker Studenten ins Leben gerufen haben und das innerhalb von drei Wochen statt der angepeilten 10.000 Dollar an Spenden, um die Entwicklung zu unterstützen, schon 193.000 Dollar (Stand 31.05.2010) eingesammelt hat, Charlie O'Donnel nennt es treffend "F**kyouFacebook Money". Dieser Spendenerfolg spiegelt die gerade herrschende Enttäuschung über Facebook und die Suche nach einer vertrauenswürdigen, nicht-hierarchischen Alternative deutlich.
Vielleicht führt die Enttäuschung über Facebook auch zum vermehrten Einsatz von Googles OpenSocial API, die wirklich offen ist und den Datenaustausch zwischen verschiedenen sozialen Netzwerken erlaubt - mit dabei sind schon Google, MySpace, Friendster, XING sowie StudiVZ, SchülerVZ und MeinVZ. Eine gute Übersicht über weitere Alternativen bietet diese Liste. Allerdings wird es noch eine ganze Zeit dauern, bis (wenn überhaupt) sich eine wahre Alternative zu Facebook herauskristallisiert.
Was noch?
Auch nachdem Facebook jetzt einige Änderungen an den Änderungen vorgestellt hat und sowohl die Einstellungmöglichkeiten der Privatsphäre deutlich vereinfacht hat als auch seinen Mitgliedern eingeräumt hat, wieder mehr persönliche Informationen als privat zu behandeln, bleiben einige der Forderungen von Verbraucherrechtsschützern an Facebook bestehen:
- Mitbestimmung der User vor Einführung neuer Privacyregeln
- Alle Änderungen der Privatsphäre müssen standardmäßig Opt In sein, der Nutzer muss sich also bewusst entscheiden, mitzumachen oder seine Einstellungen in Richtung mehr Öffentlichkeit zu ändern.
- Die User müssen bei jeder Änderung aufgeklärt werden, was diese bedeuten - und sich dann in vollem Wissen entscheiden: Transparenz
- Idealerweise sollte bei jeder Useraktion, sei es das Posten eines Beitrages, Kommentieren einer Meldung oder Empfehlen einer Website deutlich sichtbar angezeigt werden, wie groß der Kreis des möglichen Publikums ist: Freunde, Freunde von Freunden oder das ganze Netz.
- Die Privatsphäre Default-Einstellungen von Funktionalitäten muss immer maximal restriktiv sein - und der Nutzer muss diese bewusst ändern um mehr Öffentlichkeit anzusprechen
- Kontrolle über die eigenen Daten hieße auch, dass es möglich sein sollte, sich anzeigen zu lassen, welche Applikation wann welche Daten abgerufen hat und per Default allen bis auf ausgewählten Applikationen der Zugriff auf persönliche Daten zu verweigern
- Die Default Sharing-Einstellung des Like-Buttons sollte vom User konfigurierbar sein
- Daten sollten frei zwischen den sozialen Netzwerken portierbar sein, damit wären sie wirklich "offen"
Facebook Future?
Facebook drückt wo es nur geht Bedenken bezüglich der Privatheit von persönlichen Daten zur Seite, weitet Optionen aus, führt neue Funktionen ein, legt Daten ungefragt per maximal großzügiger Defaulteinstellungen in Kombination mit dem Opt Out Verfahren offen und erlaubt eine nur sehr umständliche Kontrolle der eigenen Privatsphäreneinstellungen. Und macht es Usern absichtlich schwierig, zu verstehen wer/wieviele Leute einen eigenen Beitrag sehen können - kaum ein User versteht, was wo veröffentlicht wird, erst recht nicht nach dem neuesten Facebook Update: kaum jemand ist klar, wo sein Profilbild, Likes, Freundesliste und Interessen überall im Netz für jedermann einsehbar erscheinen.
Aber immerhin zeigt eine PEW-Studie auf, das 18-29jährige sich umsichtiger im Netz bewegen als ältere Altersgruppen und bewusst sie identifizierende Kommentare oder Photos löschen. Aber nur eine breite Gegenwehr von Usern, Androhungen von Klagen und Proteste können Facebook wie im Fall von Beacon oder dem jetzigen Update dazu bringen Änderungen zurückzunehmen. Bei einigen grundlegenden Facebook Funktionen ist zudem unklar, ob sie mit deutschem Recht vereinbar sind (der Spiegel Online hat dazu eine sehr gute Übersicht der fraglichen Funktionen veröffentlicht). Facebook hofft immer wieder, mit dem Abwiegeln kritischer Fragen und Vorwürfe durchzukommen, um maximal viele Userdaten zu sammeln und maximal viel Aktivität generieren zu können - das Hauptziel ist es, wertvoller für Werbetreibende zu werden, mehr Gewinn einzufahren und die schon starke Machtposition im Netz weiter auszubauen - ohne allzu schlechte PR zu bekommen und allzu viele User zu verlieren.
Alle Aktionen Facebooks sprechen diese Sprache der öffentlich verkündeten Utopien und des heimlichen, steten Drucks auf die Privatsphäre der User und der Hoffnung auf sich selbsterfüllende Prophezeiungen von dem schwindenden User Bewusstsein von Privatheit im Netz - den Facebook doch gerade selbst immer wieder durch Aktionen allmählicher Ausweitung der Offenlegung von Userdaten bestärkt und mit verursacht. Facebook will so selbst Sozialnormen verändern, um die Basis des eigenen Geschäftsmodells stetig ausweiten zu können - denn für Facebook sind offene User Daten im Facebook Besitz Geld wert. Je mehr desto mehr: Daten, Geld, Aktivität, User. Im Interesse eines offenen Netzes zumindest wäre so eine Zentralinstanz nicht wünschenswert - nur ob sie durch einen anderen (idealerweise offenen) Dienst ersetzbar oder überhaupt verzichtbar ist, wird sich zeigen.
Selbstverstärkend ist auch der Trend von Facebook zum weltweit größten und immer monopoligeren Social Network: je mehr Freunde, Bekannte, Veranstaltungen schon auf Facebook sind, um so mehr lohnt es sich ebenfalls Mitglied zu werden und desto eher kann man seinen gesamte Freundeskreis, sein vollständiges soziales Netz auch exakt im Facebook Netz nachbilden.
Was aber bedeutet der Erfolg Facebooks für das Netz? In Hinsicht auf Hitzahlen und auch der Zeit die User auf Facebook verbringen ist der Gewinn Facebooks der Verlust anderer Seiten: Blogs und Webseiten verlieren an Userzahlen - zwar bringen die neuen sozialen Plugins und damit verbundenen Website-Empfehlungen im Freundeskreis Websites auch Traffic, aber diskutiert wird über deren Inhalte darüber dann eher auf Facebook als auf der gelinkten Website. Und nur wer Facebook selbst implementiert auf seiner Website und damit promotet, profitiert davon in vollem Umfang. Die 500 Milliarden Minuten die User auf Facebook jeden Monat verbringen, verbringen sie nicht im übrigen Netz - sie produzieren neue Inhalte auf Facebook.
Facebook wird in Zukunft wohl versuchen, seine dominante Stellung als das größte soziale Netzwerk dazu zu nutzen (wie es schon Microsoft mit seinem Betriebssystem Monopol versucht hat), um in weiteren Feldern in Zukunft groß zu werden und dort wenn möglich die Herrschaft zu erlangen: Online-Werbung, Infrastruktur sozialer Funktionen, Online Persona Zentralregister, Service für standortbezogene Informationen und Bewertungen und vieles mehr. Und auch das neu sich ansammelnde, ebenfalls zentralisierte Wissen Facebooks über User und deren Vorlieben und Beziehungen zu realen Objekten, ermittelt über die semantischen Beschreibungen per Open Graph, wird Facebook versuchen in bare Münze umzuwandeln.
Likes in Form von per Facebook empfohlener Links sind Informationen, die sich zum Wissen von Facebook über das Netz addieren, aber Google fehlen, um den Wert von Webseiten anhand von durch User gesetzten Links zu ermitteln. Sie fehlen damit demjenigen, der relevante Seiten im Netz zu einem Thema außerhalb Facebooks sucht - und schwächen so das offene Netz, das aus Millionen von autonomen Webseiten, Blogs und Foren besteht. Statt dessen stärken sie das Facebook "Ecosystem", die Webseiten, die sich per Social Plugins mit Facebook verbunden haben, und tragen zur Zentralisierung von Informationen bei. Nur ist es angesichts der Aktionen Facebooks klar, dass Facebook das dafür notwendige Vertrauen der User nicht verdient. Die Charakterzüge, die Facebook im Laufe seiner Entwicklung an den Tag gelegt hat, sind nicht die einer Institution, der man so einen zentraler Punkt der Netzinfrastruktur und des sozialen Lebens der Menschen anvertrauen sollte: eine naive, paternalistische Aggressivität zeichnet die Einstellung Facebooks gegenüber seinen Usern aus.
Doch letztendlich entscheiden über den Erfolg Facebooks die User, indem sie entweder Desinteresse an der "Innenpolitik" Facebooks zeigen und Facebook einfach machen lassen, oder ob sie protestieren - sei es durch Austritte oder öffentlichen Druck. Und auch wenn Facebook, wie jetzt wieder geschehen, auf den öffentlichen Druck reagiert und teilweise Änderungen zurücknimmt, bleibt doch ein schales Gefühl beim User zurück. Vielleicht hat Facebook den Bogen auch zu oft überspannt im Ehrgeiz schnell größer zu werden - die in den letzten Wochen angeschwollene Flutwelle von kritischer Berichterstattung und Kommentaren von Usern, die sich von Facebook bevormunded und verraten fühlen, könnten ein Zeichen dafür sein, das Facebook genau das verspielt hat, was für die ehrgeizigen Zukunftsziele unabdingbar ist: das Vertrauen der Nutzer.