Geheimnisvolle gigantische Leuchtfeuer aus kosmischer Urzeit

Bild: NASA/JPL-Caltech

Mehr als 50 Jahre nach ihrer Entdeckung mehrt sich das bislang unzureichende Wissen über Quasare nur sukzessive, wie ein aktuelles Fallbeispiel zeigt

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Ein Quasar ist eine extrem energiereiche und sehr hell leuchtende Region im Zentrum einer aktiven Galaxie, die seine Existenz der Dynamik und dem Appetit eines supermassiven Schwarzen Loches verdankt. Bisweilen wirkt es so, als hätten Quasare ihre Geheimnisse selbst mit in ihr Schwarzes Loch genommen. Obwohl nahezu 500.000 von ihnen bekannt sind, rätseln Astronomen weltweit über ihre Herkunft und wahre Natur. Während ein Galaxienexperte ein negatives Fazit über die bisherige Quasar-Forschung zieht, stellen zwei chinesische Astronomen in der aktuellen Nature-Ausgabe eine neue Studie vor, die mehr Licht ins Dunkle dieser grellen kosmischen Leuchtfeuer bringen kann.

Vor genau 50 Jahren, als Astronomen so gut wie nichts über die wahre Natur und Charakteristika von Quasaren wussten, als in den Annalen der Galaxienforschung von quasi-stellaren kosmischen Phänomenen noch keine Rede war, nahmen zwei bis dahin unbekannte sowjetische Forscher gleich zwei davon unwissentlich ins Visier. Nicht etwa aus klassisch radioastronomischen Motiven, sondern aus rein exobiologischem Interesse.

Quasar löste SETI-Fehlalarm aus

Ausgehend von der Idee, hochtechnisierte Superzivilisationen könnten die Energie einer kompletten Galaxie beherrschen und für sich nutzbar machen, suchten Nikolai Kardashev und Evgeny Sholomitsky in dem damaligen Caltech-Katalog A (CTA) nach auffallend starken Radioquellen und wurden bei CTA-21 und CTA-102 fündig. Kurz darauf, vom August 1964 bis Februar 1965, belauschten sie die beiden Zielregionen. Nach einem insgesamt 80-stündigen Suchlauf registrierten sie zu ihrer Verwunderung mit ihren fünf zu einem Netz zusammengeschalteten Antennen ein starkes Breitbandsignal. Auf einer Frequenz von 920 Megahertz zeigte sich ein Puls mit einer sehr breiten Ausdehnung des Spektrums.

Nikolai Kardashev, der heute 82 Jahre alt ist. Auf ihn geht die in SETI-Kreisen allseits bekannte Kardashev-Skala zurück. Bild: North American AstroPhysical Observatory/Philipp Morrison

Dass die Stärke des registrierten Signals langsam, aber stetig anstieg, weckte den Eindruck, als würde es versuchen, auf sich aufmerksam zu machen. Für einige Vertreter der kommunistischen Propaganda war dies Grund genug, am 12. April 1965 über die Nachrichtenagentur TASS zu kolportieren, sowjetische Forscher hätten interstellare Signale aufgefangen, deren Ursprung intelligenter Natur sei. In Unkenntnis der neuesten amerikanischen Forschungsergebnisse über Quasare beraumten sie zwei Tage später eine große Pressekonferenz an, auf der das Forscher-Duo den erstaunten Journalisten und der Weltöffentlichkeit freudig von den so signalfreudigen Superzivilisationen Bericht erstattete.

Doch die Freude währte nur kurz. Wie bei vorschnell publizierten Verlautbarungen dieser Art häufig, bestätigte sich die hastig breitgetretene Sensationsmeldung nicht. Bereits im November 1964 identifizierten zwei US-Astronomen die Radioquelle CTA-102 als waschechten Quasar mit einer starken Rotverschiebung.

Dingfest gemachte Quasare

Nach einer mehrmonatigen heftigen amerikanisch-sowjetischen Kontroverse über die Echtheit der extraterrestrischen künstlichen Quelle nahmen selbst die beiden sowjetischen Astronomen Abschied von ihrem so verheißungsvollen Kandidaten.

Die zweite SETI-Observation der Wissenschaftsgeschichte geriet zur Farce. "Ich fühlte mit meinen dortigen Kollegen und bekam eine Lektion, die ich nie vergessen werde, über die Torheit, derartige Entdeckungen voreilig zu veröffentlichten", schrieb der SETI-Pionier Frank Drake 1992 in seiner biographischen Monografie "Signale von anderen Welten".

Was 1964 für die Sowjets noch als außerirdisch-intelligentes starkes Signal daher kam, entpuppte sich als ein neues kosmisches Phänomen, das in den USA erst ein Jahr zuvor von Maarten Schmidt erstmals beschrieben worden war, was aber offensichtlich die Wissenschaftler des politischen Erzfeindes als Folge des Kalten Krieges noch nicht zur Kenntnis genommen hatten. Seinerzeit untersuchte Schmidt eine starke Radioquelle. Hinter 3C 273, so die Katalognummer des Objekts, vermutete der Forscher einen strahlungsintensiven Stern. Doch zu seinem Erstaunen kristallisierte sich schnell heraus, dass der vermeintliche Stern außerhalb der Milchstraße lag. Selbst seine Kollegen konnten ihre Überraschung nicht verhehlen, als Schmidt in Nature 1963 den Stern zur aktiven Galaxie verklärte, den Wert seiner Rotverschiebung auf 0,158 festlegte und die Entfernung des Objektes auf 2,4 Milliarden Lichtjahre bestimmte.

Aufnahme der nahegelegenen aktiven Galaxie NGC 1433. Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/NASA/ESA/F. Combes

Was sind Quasare?

51 Jahre nach der Bestätigung ihrer Existenz hat sich das Wissen über Quasare zwar gemehrt, doch bleiben noch sehr viele Fragen unbeantwortet, die auf ihr wahres Wesen abzielen. Gesichert ist nur, dass Quasare extrem hell sind und aus einen Bereich kleiner als unser Sonnensystem enorm viel Energie emittieren. Sie bilden den Kernbereich einer aktiven Galaxie. Dabei überstrahlen sie die Wirtsgalaxie derart intensiv, dass sie im sichtbaren Spektralbereich des Lichtes wie ein Stern punktförmig in Erscheinung treten. Nicht nur im weißen Licht, sondern über das gesamte elektromagnetische Spektrum, vom Radiowellen- bis hin zum Gammawellenbereich strahlen Quasare so hell wie Tausende riesige Galaxien zusammen genommen, wobei viele von ihnen sogar gebündelte Teilchenstrahlen mit fast Lichtgeschwindigkeit ins All schießen.

Bild: ESO/M. Kornmesser

Beheimatet sind alle größtenteils im fernen Universum, in einem Abstand von mindestens mehreren Milliarden Lichtjahren zur Erde. Lokalisieren und anhand ihrer signifikanten Emissionslinien nachweisen sowie katalogisieren konnten Astronomen bislang eine halbe Million Quasare, die meisten davon während der umfassenden Sloan Digital Sky Survey (SDSS). Der Expansion des Raumes Tribut zollend, entfernen diese sich von uns mit zunehmender Geschwindigkeit. Viele von ihnen weisen derweil sogar Rotverschiebungsraten von mehr als 6 auf. Den bisher am weitesten entfernten Quasar entdeckte ein internationales Wissenschaftlerteam um Daniel Mortlock vom Imperial College London (England) im Jahr 2010. Er entstand nur 770 Millionen Jahre nach dem Urknall und wird von einem Schwarzen Loch mit zwei Milliarden Sonnenmassen angetrieben. Der Wert seiner Rotverschiebung beträgt sage und schreibe 7,085. Der massivste Quasar, der Rekordhalter in puncto Masse, wird von einem Schwarzen Loch befeuert, das die 10 Milliardenfache Masse der Sonne hat. Und der leuchtstärkste unter ihnen erreicht mehr als 1014 Sonnenleuchtkräfte (L☉).

Der Mann, der die Rotverschiebung zwar nicht entdeckte, sie aber als Erster mit der Entfernung der Galaxien und die kosmologische Expansion in Relation setzte: Edwin Hubble mit seinem 2,5-Meter-Spiegel und seiner obligaten Pfeife. Bild: NASA

Supermassereiche Energieproduzenten

Astronomen weltweit sind sich darin einig, dass supermassive Schwarze Löcher (engl. "Supermassive Black Hole" = SMBH) die Verursacher der enorm hohen Strahlung sind, die uns trotz ihrer riesigen Distanz zur Erde in unterschiedlichen und sich ständig verändernden Intensitäten erreicht. Wie sie dies jedoch anstellen, vermag bis heute noch keine einheitliche, allseits akzeptierte Theorie zu erklären.

Schwarze Löcher präsentieren sich im Kosmos in drei grundverschiedenen Größenklassen: mal als stellare Schwarze Löcher von nur wenigen Kilometern Durchmesser, die einem Muttergestirn entstammen, das nur einige Male schwerer ist als unsere Sonne; mal als mittlere (10.000 bis 100.000 Sonnenmassen) oder eben als supermassereiche Schwarze Löcher mit rund einer Million bis zu mehreren Milliarden Sonnenmassen. In nahezu allen Galaxien mit einem Bulge vermuten Astronomen riesige Schwarze Löcher der letzten Kategorie.

Viele von den gigantischen Schwerkraftfallen nisten sich in Galaxienzentren ein, wo sie sich in der Regel derweil auffallend ruhig verhalten, wie etwa Sagittarius A im Herzen unserer Milchstraße, der immerhin mit rund 4,5 Millionen Sonnenmassen aufwarten kann.

Chandra-Aufnahme im Röntgenlicht vom Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße. Bild: NASA/UMass/D.Wang et al., IR: NASA/STScI

Bei Quasaren oder in andern aktiven galaktischen Kernen hingegen geht es weitaus wilder zu. Hier sind riesige Schwarze Löcher zugange, die mithilfe ihrer gigantischen Masse und Anziehungskraft Gas, Staub und Materie an sich ziehen und diese auf der so genannten Akkretionsscheibe konzentrieren, einer extrem heißen und rotierenden Scheibe, die das Schwarze Loch wie ein Ring umgibt. Von dort spiralt die gefesselte Materie Bahn für Bahn - ähnlich einem Wasserstrudel - langsam ins Innere des Zentrums und verschwindet dort auf Nimmerwiedersehen in einem gewaltigen Raum-Zeit-Strudel, in eine Singularität.

Während der Akkretion heizt sich die Scheibe und Region auf unvorstellbar hohe Temperaturen auf und emittiert extrem stark im sichtbaren Licht und auf (fast) allen anderen Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums. Die hierbei freiwerdende Strahlung gibt sich im Spektrum auf charakteristische Weise zu erkennen. Sie besticht mit auffallend breiten Emissionslinien. Streng genommen sind Quasare nichts anderes als sehr aktive supermassereiche Schwarze Löcher, die permanent mit Materie versorgt werden und dadurch hell aufleuchten, weil es damals schlichtweg mehr Futter gab als heute.

Quasare spiegeln letzten Endes nur einen Zeitabschnitt im Leben von Galaxien wider. Traten sie in der Frühzeit des Universums in verschiedenen Größenklassen gehäuft auf, so trifft man sie im heutigen Universum höchst selten an. So manch supermassives Schwarzes Loch (SMBH), das früher einmal hochaktiv war und dadurch zu einem Quasar heranreifen konnte, musste seine kulinarische Lust mit den Jahrmilliarden in Ermangelung von freiem Gas, Staub und Materie zwangsläufig zügeln. Es degenerierte quasi zu einem toten Quasar.

"Heute sind Quasare in den meisten massereichen Galaxien ausgestorben. Hier sind jetzt supermassive Schwarze Löcher ohne Treibstoff unterwegs", erklärt der Astronom Michael Brotherton von der University of Wyoming (USA), ein Spezialist für aktive Galaxien und Quasare. Vor allem unsere Galaxie, die Milchstraße, habe nicht über ein Schwarzes Loch verfügt, das massereich genug gewesen wäre, zu einem Quasar zu mutieren. "Die Galaxis hatte in der Vergangenheit bestimmt frühere Episoden mit größerer nuklearer Aktivität, aber sein supermassives Schwarzes Loch (…) hatte höchstwahrscheinlich zu keinem Zeitpunkt Quasar-Status", so Brotherton. Ähnlich sieht dies auch der deutsche Astronom Norbert Junkes vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn: "Das supermassereiche Schwarze Loch in unserer Milchstraße weist 'nur' 4,5 Millionen Sonnenmassen auf, ist aber gegenwärtig sehr inaktiv. Ob Sagittarius A in kosmischer Frühzeit ein Quasar war, halte ich angesichts seiner vergleichsweise geringen Masse für eher unwahrscheinlich."

Chandra-Deep-Space-Aufnahme. Viele der hier zu sehenden großen Galaxien haben inaktive SMBHs, die einst Quasare gewesen waren. Bild: ESO

Noch viele Fragen offen

Wenngleich der Steckbrief von Quasaren mit Details bespickt ist, so überwiegen doch in ihm die Fragezeichen. Kein Geringerer als Robert Antonucci, der sich seit vielen Jahren Quasaren und aktiven Galaxien verschrieben hat, kritisierte letztes Jahr im Nature die aktuelle Quasar-Forschung mit deutlichen Worten. Seiner Meinung nach ist dieser Forschungszweig innerhalb der Astronomie ins Hintertreffen geraten und krankt an einem Übermaß von Theorien, die sich kaum beweisen lassen.

Haben wir nun in den vergangenen 50 Jahren Quasare besser zu verstehen gelernt? Ich denke nicht. Die Modelle der Radioquellen haben sich in den letzten drei Jahrzehnten nicht wesentlich geändert. Grundlegende Fragen bleiben offen." In den letzten 50 Jahre habe man zwar Tausende von Quasaren aufgespürt, so Antonucci, aber brauchbare physikalische Modelle, wie diese ihre enormen Energien generieren und abstrahlen, habe man noch keine entwickelt. "Viele theoretische Modelle von Quasaren haben wenig oder keine Vorhersagekraft und meiner Meinung nach dementsprechend wenig Nutzen.

Derweil drängen sich auf diesem Fachgebiet in der Tat noch viele andere Fragen auf, deren Antworten mindestens in genauso weiter Ferne liegen wie die Quasare selbst. Neben dem Problem, wie diese Gebilde ihre enormen Energiemengen emittieren, ist die Natur ihrer Jets noch völlig unklar. Wie ist um die Eigenschaften von Akkretionsscheiben bestellt? Selbst eine detaillierte Untersuchung der Emissionslinien von Quasaren steht noch aus, weil hierfür die Röntgenteleskope noch nicht ausgefeilt genug sind. Und ohnehin bliebe noch zu klären, wie supermassive Schwarze Löcher in der Frühzeit des Kosmos so schnell entstehen und anwachsen konnten.

Ein Stern verspeisendes Schwarzes Loch in der Fantasie eines Künstlers. Bild: NASA/CXC/M.Weiss

Neues Modell zur Vereinheitlichung von Quasaren

Allen Fragezeichen zum Trotz hat jetzt ein Forscher-Duo offenbar einige neue Antworten gefunden, die mehr Licht in das Geheimnis der leuchtstärksten kosmischen Objekte im Universum bringen könnten. Wie Yue Shen vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (Massachusetts/USA) und Luis C. Ho vom Kavli Institute for Astronomy and Astrophysics (KIAA) der Universität Peking (China) in der aktuellen Nature-Ausgabe (siehe unten) berichten, haben sie ein Problem um Quasare gelöst, das Astronomen schon seit mehr als 20 Jahre bewegt. Bei diesem geht es um die Frage, wie sich die Unterschiede von Quasaren bestimmen und in einem Modell vereinen lassen.

Für ihre Studie wandten die beiden Astronomen neue statistische Verfahren an und durchforsteten das umfangreiche Datenarchiv des "Sloan Digital Sky Survey". Hierbei berücksichtigten sie entgegen eines Beitrages in Zeit-Online nicht nur die Daten von 630, sondern von weitaus mehr Quasaren, wie der federführende Autor der Studie, Yue Shen, auf Anfrage bestätigte. "20466 ist die exakte Anzahl von Quasaren, die wir im Rahmen der Studie untersucht haben."

Fakt ist, dass im Universum kein Quasar wie der andere ist. Praktisch jeder Quasar emittiert unterschiedlich viel Strahlung, die sich in völlig unterschiedlichen Spektrallinien niederschlägt. Diese Vielfalt geht auf Kosten eines einheitlichen Modells. Bis heute konnten Astronomen daher die mannigfaltigen Erscheinungsformen der Quasare bislang nicht unter einem Hut, ihre Eigenarten auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Beispielsweise sammelten Astronomen in den letzten Jahren immer weitere voneinander abweichende Daten. Wo sie Gemeinsamkeiten fanden, wie etwa bei der Masse, traten sofort unerklärliche Unterschiede zutage. Selbst bei annähernd gleich massereichen Quasaren zeigten sich im Spektrum völlig unterschiedliche Emissionslinien. Und so manch massereicheres Exemplar erlaubte sich glattweg die Frechheit, weniger Energie als der masseärmere Kollege zu emittieren - und umgekehrt. Die Welt der Quasar-Forscher war aus den Fugen.

Das System SDSS 1254+0846 ist 4,5 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Hier treffen im Zuge der Verschmelzung zweier aktiver Galaxien zwei Quasare aufeinander. Bild: X-ray (NASA/CXC/SAO/P. Green et al.), Optical (Carnegie Obs./Magellan/W.Baade Telescope/J.S.Mulchaey et al.)

Nunmehr aber stellen die beiden Chinesen in ihrem Paper zwei physikalische Parameter vor, die wieder etwas Ordnung in das Chaos bringen sollen, weil sich mit ihnen alle Quasare einheitlich beschreiben lassen (sollen). Vereinfacht gesagt lassen sich die Unterschiede zwischen Quasaren daran festmachen, wie viel und wie schnell Materie in das Schwarze Loch fällt, also wie effektiv ein Schwarzes Loch ernährt wird. Und zum anderen, von welcher Blickrichtung ein Astronom einen Quasar beobachtet respektive seine Emissionslinien erhält.

Insbesondere die Blickrichtung des Beobachters auf einen Quasar spielt eine tragende Rolle. Denn bei der Observation des sich schnell bewegenden Gases im inneren Bereich eines Schwarzen Loches, das sich in breiten Emissionslinien im Quasar-Spektrum manifestiert, hängt alles vom Blickwinkel des Beobachters ab. Den entscheidenden Ausschlag hierbei geben die Orientierung der Rotationsachse des Schwarzen Lochs und somit auch die Lage der Akkretionsscheibe relativ zur Blickrichtung von der Erde.

Vor allem dank der Eddington-Relation, die das Verhältnis der Menge der einfallenden Materie zur abgestrahlten Energie eines Quasars definiert und somit die Effizienz seiner Energieerzeugung festlegt, kann in Zukunft auch die Masse des Materie verschlingenden Objekts, des so genannten Akkretors, besser abgeschätzt und dadurch die Masse des fraglichen Quasars genauer gemessen werden. Schließlich beschreibt die Eddington-Relation das Konkurrenzverhältnis zwischen der Schwerkraft, die die Materie ins Schwarze Loch ziehen will, und der Leuchtkraft der Strahlung, die nach außen drängt. Sie legt praktisch die Quantität des Materieeinfalls in das supermassereiche Schwarze Loch fest. Für das Verständnis, wie SMBHs Materie anhäufen und mit der Umgebung wechselwirken, ist dieser Parameter elementar. Dank des von Shen und Ho nunmehr vorgelegten Einheitsschema können Astronomen in Zukunft mittels relativ leicht messbarer Größen wie etwa der Breite der Emissionslinien im Quasar-Spektrum auf die Intensität seiner Energieerzeugung, aber auch seine Lage im Raum, rückschließen.

Eddington-Relation hin oder her. Arthur S. Eddington (rechts) erlangte Berühmtheit, als er während der Sonnenfinsternis-Expedition als Projektleiter auf die Vulkaninsel Príncipe in Westafrika am 29. Mai 1919 die Richtigkeit der Einsteinschen Relativitätstheorie nachwies. Bild: Public Domain

"Unsere Entdeckungen haben große Auswirkungen auf die Quasar-Forschung. Dieses einfache Modell zur Vereinheitlichung führt uns auf einen Pfad zum besseren Verständnis für Quasare", sagt Shen. Auch der Co-Autor des Nature-Papers, Luis C. Ho äußert sich optimistisch: "Bessere Messungen der Masse von Schwarzen Löchern werden einer Vielzahl von Anwendungen zugutekommen und dabei helfen, das kosmische Wachstum von supermassiven Schwarzen Löchern und deren Rolle in der Galaxienbildung besser zu verstehen."

Wie dem auch sei - es wird sich zeigen, ob Robert Antonucci, der noch letztes Jahr die theoretischen Modelle in seinem Fachgebiet allesamt scharf kritisierte, sich nach 51 Jahren Quasar-Forschung nunmehr eines Besseren belehren lässt. Ihm und uns bleibt daher zu hoffen, dass nicht alle supermassiven Schwarzen Löcher ihre Geheimisse um die Quasare mit in die Singularität genommen haben. Dorthin, wo Zeit, Raum und Materie und alle Geheimnisse der Metagalaxis das Zeitliche zu segnen pflegen.

Nature (513, S. 210-213, 11. September 2014) The diversity of quasars unified by accretion and orientation

ESO-Video über Quasare