Geisterstunde: Wie Kinder Halloween feiern und erleben
Süßes oder Saures! Für viele Kinder ist Halloween das Fest des Jahres. Doch was macht die Faszination aus? Und wie begehen sie den schaurig-schönen Brauch?
Halloween hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland immer mehr etabliert. Im Jahr 2022 gab bereits fast jeder fünfte Befragte (18 Prozent) an, diesen Tag wichtig zu finden. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zustimmung damit noch einmal gestiegen – und kaum ein Jugendlicher findet, dass dadurch die deutsche Kultur verdrängt wird.
Deutlich wichtiger ist der Brauch in Nordamerika, wo er mit der irischen Einwanderung heimisch wurde. Für zwei Drittel der Kinder in den USA ist Halloween der schönste Feiertag des Jahres, wie eine Umfrage unter 5- bis 13-Jährigen ergab. Die drei beliebtesten Aktivitäten sind demnach "von Tür zu Tür gehen" (75 Prozent), "sich verkleiden" (71 Prozent) und "viele Süßigkeiten bekommen" (66 Prozent). Das zeigt: Kinder lieben die Halloween-Traditionen.
Ritual mit Nervenkitzel: Trick or Treat!
Für viele Kinder hat Halloween eine besondere psychologische Bedeutung, wie Anthropologen erklären. Durch das Ritual "Süßes oder Saures" lernen sie spielerisch, ihre Ängste zu überwinden. "Sie müssen nicht nur ihre Angst vor der Dunkelheit überwinden, sondern auch die Angst, mit Fremden zu sprechen – und das alles vor der gruseligen Kulisse von Spinnweben und Grabsteinen", sagt Cindy Dell Clark von der Rutgers University Camden.
Die Kostüme geben ihnen Selbstbewusstsein: Als Superheld oder Hexe verkleidet, fühlen sie sich so mächtig wie die Figur, die sie darstellen. Gleichzeitig können sie die üblichen Machtverhältnisse zwischen Kindern und Erwachsenen vorübergehend auf den Kopf stellen, indem sie an fremden Türen klingeln und Süßigkeiten verlangen – oder Streiche androhen.
Macht der Gruppe: Anonymität senkt Hemmschwelle
Forscher haben in einer Studie mit über 1.000 Kindern in Chicago beobachtet, dass Halloween-Kostüme die Hemmschwelle senken: Kinder, die anonym in einer Gruppe unterwegs waren und nicht mit Namen angesprochen wurden, stahlen doppelt so viele Süßigkeiten wie Kinder, die identifiziert wurden.
"Wenn Kinder sich einer Gruppe zugehörig fühlen, werden die Normen der Gruppe als richtig empfunden", erklärt die Psychologin Zenobia Talati. "Die Verkleidung und die Anonymität können sie dann dazu verleiten, den Gruppennormen eher zu folgen."
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Lösung für Süßigkeiten-Überschuss? Videospiele!
Bei aller Begeisterung gibt es auch kritische Stimmen – von den Kindern selbst. In einer Umfrage unter 750 Kindern in den USA stimmten 78 Prozent der Aussage "Zu viele Süßigkeiten sind schlecht für mich" zu. 67 Prozent finden, dass sie an Halloween zu viele Süßigkeiten essen.
89 Prozent sagten, sie würden Halloween auch mögen, wenn es weniger um Süßigkeiten und mehr um anderen Spaß ginge. Überraschend: 93 Prozent würden lieber ein kostenloses Videospiel als Süßigkeiten bekommen, wenn es an der Tür klingelt. Ein Ansatz, über den Eltern vielleicht einmal nachdenken sollten.
Dennoch bleibt Halloween für viele Kinder das Nonplusultra. Denn sie dürfen nicht nur einen Abend lang in andere Rollen schlüpfen und die Erwachsenenwelt auf den Kopf stellen. Sie müssen auch Ängste überwinden, sich Herausforderungen stellen – und werden dafür belohnt. Kein Wunder, dass das Spaß macht.