Geldstrafe für Fußgänger, die unaufmerksam eine Straße überqueren
Um etwas gegen den Anstieg der Verkehrsopfer unter den Fußgängern zu tun, verbietet eine kalifornische Stadt Telefonieren, Schauen auf Bildschirme und Musikhören mit Kopfhörer
Gestern hatten wir berichtet, dass etwa im Gegensatz zu Deutschland die Zahl der Fußgänger, die in den USA als Opfer eines Verkehrsunfalls getötet werden, seit einiger Zeit ansteigen. Vermutet wird, das könne Folge des zunehmenden Gebrauchs von Smartphones sein, die Autofahrer, aber auch Fußgänger ablenken. Es wird auch ein Zusammenhang zwischen den getöteten Fußgängern im Straßenverkehr und den Bundesstaaten hergestellt, in denen der Konsum von Cannabis legalisiert wurde (Warum steigt in den USA die Zahl der im Verkehr getöteten Fußgänger?).
Die Nutzung von Smartphones beim Fahren ist auch in den USA beim Fahren längst eingeschränkt, allerdings nicht, wie hierzulande auch, überhaupt das Telefonieren, das selbst mit einer Freisprechanlage oder Headset das Unfallrisiko erhöht. In Deutschland müssen auch beim Fahrradfahren beide Hände auf dem Lenkrad sein, wenn das Smartphone benutzt wird, die Lautstärke darf nicht zu hoch sein. Aber man darf das Smartphone benutzen, wenn es auf einer Halterung befestigt ist - als ob das Starren auf den Bildschirm zum Navigieren nicht auch ablenken würde.
Die Fußgänger sind noch weniger reguliert, abgesehen davon, dass sie zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie betrunken sind und einen Unfall verursachen, eine Straße überqueren, wo dies nicht vorgesehen ist, sie nicht den Bürgersteig benutzen etc.
Zumindest so lange menschliche Autofahrer auf Fußgänger treffen, könnte die Zukunft bald in vielen Städten ähnlich wie im kalifornischen Montclair in der Nähe von Los Angeles, einem Städtchen mit 36.000 Einwohnern, aussehen. Um die mit Multitasking beschäftigten Fußgänger zu schützen, soll ihr Verhalten auf der Straße ähnlich kontrolliert und reguliert werden wie das der Autofahrer. So kann nun "abgelenktes Gehen" sanktioniert werden.
30 Prozent der Fußgänger sollen beim Überqueren der Straßen "ablenkenden Aktivitäten" nachgehen
In der Anordnung, die Anfang Januar in Kraft getreten ist, heißt es, dass unaufmerksames Gehen ebenso wie unaufmerksames Fahren gefährlich ist, für Fußgänger gebe es aber nicht wie für Autofahrer Sicherheitsmaßnahmen, obgleich die Zahl der Fußgänger steigt, die Opfer von Verkehrsunfällen werden. Geschätzte 30 Prozent der Fußgänger würden beim Überqueren der Straßen "ablenkenden Aktivitäten wie Musikhören, Telefonieren, Texting etc." nachgehen.
Wer jetzt in Montclair telefonierend, auf den Bildschirm eines Mobilgeräts schauend oder mit Kopfhörer bzw. Ohrstöpseln Musik hörend zu Fuß unterwegs ist und so eine Straße oder eine Kreuzung überquert, kann man schon mal mit einer Geldbuße von 100 US-Dollar rechnen - beim ersten Mal. Ausgenommen sind Notrufe, medizinische Hörhilfen und Ersthelfer im Dienst.
In der Anordnung heißt es, unter einem Fußgänger werden auch Menschen verstanden, die ein Skateboard, Rollerskates, einen Rollstuhl und andere angetriebene Fortbewegungsmittel mit Ausnahme von Fahrrädern benutzen.
Offenbar sieht man nur die Benutzung von Audiogeräten mit Kopfhörern und Ohrstöpseln oder von elektronischen Geräten als riskant an, die "drahtlose" Kommunikation oder Unterhaltung" ermöglichen. Wäre dann die Benutzung eines Tablets oder Smartphones ohne SIM-Karte ungestraft möglich? Dass man auch in einem Buch, einer Zeitschrift oder einer Straßenkarte lesen kann, scheint den Stadträten entgangen zu sein. Unter dem Sehen, das sanktioniert wird, wird einzig das Sehen "in Richtung des Bildschirms eines elektronischen Mobilgeräts" verstanden. Und das Telefonierverbot lässt natürlich auch die Frage offen, ob es nicht auch ablenkend sein kann, wenn Fußgänger miteinander sprechen oder überhaupt ihren Blick von der Straße ablenken, um andere Menschen, ein Gebäude, eine Werbung oder was auch immer zu betrachten, während die Straße überquert wird.
100 US-Dollar sind beim einmaligen unaufmerksamen Gehen zu bezahlen. Wird man noch einmal innerhalb eines Jahres erwischt, sind 200 US-Dollar fällig. Wird man öfter erwischt, können pro Vorfall bis zu 500 US-Dollar fällig werden. Aus der Anordnung geht nicht hervor, wie das bei Minderjährigen gehandhabt werden soll.