"Gelobt sei, was das Fliegen teuer macht"

Bild: Simon_sees/CC BY-2.0

Wenn das Umweltbewusstsein zur Klassenfrage wird

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Da hat der Freund des Taz-Umweltredakteurs Bernhard Pötter noch einmal Glück gehabt. Er musste doch nicht unter der Brücke schlafen, sondern in Pötters Wohnung, obwohl er sich eines in manchen Kreisen ganz schweren Verbrechens schuldig gemacht hat. Er ist mit einem Inlandflug und nicht mit der Bahn nach Berlin gekommen. Am Ende gibt Pötter die Parole aus: "Gelobt sei, was das Fliegen teuer macht." Dabei spricht er ganz offen aus, dass es hier um eine Klassenpolitik geht:

Das sollte reichen, um Fliegen wieder zu einem Privileg der Oberschicht im Sinne von Friedrich Merz zu machen.

Bernhard Pötter, Taz

Umweltbilanz ist keine Bewusstseins-, sondern eine Einkommensfrage

Nun hätte man gerne noch gewusst, ob für Pötter die global agierenden Umweltaktivisten, die natürlich auch Vielflieger sind, dieses Privileg auch genießen sollen. Denn längst ist bekannt, dass gerade das grüne Milieu auf das Fliegen nicht verzichten will. Das hat eine Umfrage des Umweltbundesamt noch mal bestätigt:

Wer mehr Geld hat, verbraucht meist mehr Energie und Ressourcen - und zwar unabhängig davon, ob sich jemand als umweltbewusst einschätzt oder nicht. Das zeigt eine neue Studie des Umweltbundesamts (UBA). UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: "Mehr Einkommen fließt allzu oft in schwerere Autos, größere Wohnungen und häufigere Flugreisen - auch wenn die Menschen sich ansonsten im Alltag umweltbewusst verhalten. Aber gerade diese 'Big Points' beeinflussen die Ökobilanz des Menschen am stärksten. Der Kauf von Bio-Lebensmitteln oder eine gute Mülltrennung wiegen das nicht auf." Vor allem Fernflüge, das Auto, der Dämmstandard der Wohnung und deren Größe und der Konsum von Fleisch entscheiden darüber, ob jemand über oder unter dem CO2-Durchschnittsverbrauch liegt. Daher haben Menschen mit hohem Umweltbewusstsein laut Studie nicht zwangsläufig eine gute persönliche Ökobilanz. Menschen aus einfacheren Milieus, die sich selbst am wenigsten sparsam beim Ressourcenschutz einschätzen und die ein eher geringeres Umweltbewusstsein haben, belasten die Umwelt hingegen am wenigsten.

Umweltbundesamt

Daher bedeutet die Forderung von Pötter, dass Fliegen ein Privileg der Reichen sein soll, dass die Minderheit, die es sich leisten kann, die Umwelt noch stärker belasten kann. Sie zahlt schließlich dafür. Wer kein Geld hat, soll zu Hause bleiben. Der in Ökoreformkreisen beliebte Begriff von der imperialen Lebensweise erweist sich hier als Nebelkerze. Es sind die bekannten kapitalistischen Mechanismen, die hier wirken.

Bewegung und Klasse

Pötter hat allerdings mit seinem Bekenntnis, nur die Oberschicht soll sich das Fliegen leisten können, offen ausgesprochen, dass der hegemoniale Klimadiskurs ein Klassenkampf von oben ist. Es war schon immer das Bestreben der herrschenden Klassen, dafür zu sorgen, dass die Subalternen sich nicht schneller fortbewegen sollen als sie. Daher verdammten sie auch die ersten Eisenbahnen, die - so behäbig sie auch nach unseren Vorstellungen waren - den Pferdekutschen der Adeligen mühelos davon fuhren. Die Eisenbahnen wurden auch von den Kanzeln der Pfaffen als Teufelszeug verdammt und herrschaftliche Kopflanger versuchten zu beweisen, wie schädlich das Fahren mit der Eisenbahn für Leib und Seele der Menschen sei. Auch die Umwelt wurde schon in Anschlag gebracht, die vor dem Massenfortbewegungsmittel Eisenbahn geschützt werden sollte.

Als mit der ersten Klasse die Rangordnung auch im Zug hergestellt wurde, wurde der auch von der Oberschicht genutzt. Sie waren jetzt nicht mehr schneller als ihre Untertanen, aber sie reisten standesgemäß. Doch die Angst vor der Mobilität vor der den Massen setzt sich fort im aktuell im Ressentiment gegen das Fliegen. Wie vieles aus dem grünökologischen Milieu wurde es zum hegemonialen Diskurs. Dass es dabei vor allem um Moralattacken geht, zeigen schon die Namen wie Flugscham eine aus Skandinavien in andere Länder exportierte Methode der ökologisch bewussten Mittelschichten, anderen Menschen ein schlechtes Gewissen einreden zu wollen, wenn sie einen Flug buchen.

Schon am Namen erkennt man den regressiven Charakter des Unterfangens. Die Menschen sollen Scham empfinden oder beschämt werden, wenn sie das Flugzeug benutzen. Das sind die alten Methoden der Staatsapparate, um die Menschen von einem selbstbestimmten Leben abzuhalten. Wenn die Methoden der Beschämung bei den meisten Menschen nicht ziehen, kommt der finanzielle Druck. Das ist die Methode Pötter, den Flug so teuer zu machen, dass er wieder nur für die Reichen erschwinglich ist. Auch die Verbotsschiene wird dann noch folgen.

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