Gen-Weizen als Antwort auf Ernährungskrise?

Weizen soll wegen des Klimawandels mit weniger Wasser auskommen. Besser wäre es, die Entwaldung zu stoppen. Symbolbild: H.-J. Sydow / CC0 1.0

Ausgetrocknete Böden, verdorrte Ernten – transgene Nahrungspflanzen sollen das weltweite Hungerproblem lösen. Sinnvoller wäre es, die Entwaldung zu stoppen, um den Klimawandel abzumildern.

Wie können unter zunehmend trockenen Bedingungen gleichbleibende Getreideernten eingebracht werden? An dieser Frage haben Wissenschaftler in Argentinien lange geforscht. Nun haben sie offenbar die Antwort gefunden: Mittels einer Technologie namens HB4 gelang es dem Team der Biochemikerin Raquel Chan mit Unterstützung der staatlichen Wissenschaftsbehörde Conicet und dem Gentech-Unternehmen Bioceres, ein Sonnenblumen-Gen in ein Weizengenom einzufügen. Dies soll der Pflanze ermöglichen, gut mit Trockenheit und salzigen Böden zurechtzukommen.

Das Patent für das Gen gehört Bioceres, einem führenden Unternehmen der Biotechnologie, mit Sitz in Rosario. Obwohl das Gen bereits seit mehreren Jahren existiert, waren alle Versuche großer Konzerne wie Monsanto, den Gen-Weizen auf den Markt zu drücken, bisher gescheitert. Zu groß war die Angst der Saatgut-Unternehmen, ihren Weizen auf dem Weltmarkt nicht verkaufen zu können. Auch Agrarminister Luis Miguel Etchevehere hatte bisher die Zulassung verweigert, aus Angst, er könne wegen der Ablehnung von transgenen Produkten den Weizenmarkt verlieren.

Mit durchschnittlich 14 Millionen Tonnen pro Jahr ist Argentinien derzeit der siebtgrößte Weizen-Exporteur der Welt. Als die Regierung im Mai diesen Jahres Anbau und Handel des HB4-Weizens genehmigte, sorgte dies zunächst bei kleinen Familienbetrieben und Ökobauern für Proteste. Auch die großen Produzenten und Exporteure von konventionellem Weizen zeigten sich anfangs besorgt, wenn auch weniger auf Grund der Genmanipulation, als vielmehr wegen möglicher Strafen ihrer Abnehmer, sollte der konventionelle Weizen mit dem Gen-Weizen kontaminiert werden.

In den Lieferungen werde kein einziges Korn HB4-Weizen akzeptiert, bedauerte Gustavo Idígoras, Vorsitzender des argentinischen Getreideexportzentrums, noch vor wenigen Wochen. Diese Sorge gehört nun offenbar der Vergangenheit an. Denn inzwischen bröckelt der Widerstand. Zwar wird der neue Gen-Weizen vorerst nur von 250 lizensierten Betrieben angebaut.

Vor kurzem jedoch genehmigte Brasilien als wichtigster Abnehmer von argentinischem Weizen den Import und die Verwendung von Mehl aus HB4-Weizen. Kolumbien, Australien, Neuseeland und die USA zogen nach. Auch China hat den Gen-Weizen kürzlich zugelassen. Der EU liegt ein entsprechender Genehmigungsantrag vor.

Die Zulassung des "Anti-Dürre-Keimes" HB4 von Bioceres / Conicet in der Volksrepublik China sei der Schlüssel dafür, dass Argentinien diesen "einzigartigen Moment in der Agrar- und Ernährungswirtschaft für sich nutzen kann", jubeln die Autoren der Zeitschrift Clarin. Die Argentinier werden die biotechnologische Forschung vorantreiben und ihr "hochspezialisiertes Wissen auf internationaler Ebene platzieren".

Regierung, Weizenmühlen und – händler wollen zusammen mit Bioceres den Markt sondieren und mit den wichtigsten Weizenanbauländern und Abnehmern von argentinischem Weizen Gespräche zu führen, verkündete das Medium bereits im Februar 2019. Diese Nachricht habe damals mit dazu beigetragen, dass Bioceres weitere 42 Millionen US-Dollar von Investoren mobilisieren konnte, um seine HB4-Träume weiter zu verfolgen, sagt der Informationsdienst Gentechnik

HB4 - ein Produkt der alten Gentechnik?

Argentinien mache sich erneut zum Versuchslabor, kritisiert Cecilia Gargano, die gleichfalls am oben genannten Conicet-Institut zu den Folgen der argentinischen Landwirtschaft auf Umwelt und Anwohner in den Anbaugebieten forscht. Das Institut, das weltweit mit der Dürreresistenz wirbt, verschweige gern, dass der Gen-Weizen außer dem HaHB4-Gen ein weiteres fremdes Gen aus einem Bakterium enthält. Dieses bewirkt eine Toleranz gegenüber dem Herbizid Glufosinat, ein Herbizid-Wirkstoff, der noch toxischer ist als der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat.

Die Genehmigung von Gen-Soja vor knapp 30 Jahren habe in Argentinien ein Landwirtschaftsmodell begründet, das auf Monokulturen und massivem Pestizideinsatz beruht, sagt Cecilia Gargano. Der Anbau der neuen Gen-Pflanzen verschmutze nicht nur das Grundwasser, sondern schädige auch die Gesundheit der Anwohner. Die Menschen in den Anbauregionen wurden aus ihrer Heimat verdrängt und sind zusehends verarmt. Obendrein nahm die Abholzung der Wälder zu.

Bioceres hatte das Gen, das der Pflanze helfen soll, gut mit Trockenheit und salzigen Böden zurechtzukommen, bereits aus der Sonnenblume identifiziert und bereits in Soja, Luzerne, Mais, Zuckerrohr eingebaut - und nun eben auch in Weizen.