Genderkorrektiv
Seite 3: Das Kabarett der Marionetten
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- 1. Faktenchek. Über die alltägliche Desinformation der ÖRR
- Das Kabarett der Marionetten
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Das zweite Mittel der Wahl, das generische Maskulinum zu ersetzen, ist das Partizip 1. Es wird zwar genau so falsch verwendet wie das "Femininum", das noch kein einziges Mal bislang "generisch" funktioniert hat, aber die manipulative Essenz seiner Botschaften ist schwieriger zu entschlüsseln. Manches mag nur Schmunzeln verursachen, etwa wenn der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) - prompt von der heute-Redaktion des ZDF sekundiert - zum Gedenken an im Straßenverkehr "getötete Radfahrende" aufruft; oder die Tagesschau von den "zur Schule Gehenden" berichtet, die "zu Hause bleiben müssen".
Man könnte das gelassen hinnehmen: sollen doch gestandene Moderatoren und Nachrichtensprecher sich für unfreiwillige Kabarettnummern hergeben. Das würde eher für die Harmlosigkeit des albernen Jargons sprechen.
Bei näherer Betrachtung jedoch drängt sich die Frage auf: kann eine Ideologie ihren Einfluss raffinierter unter Beweis stellen, als indem sie vernunftbegabte Wesen solche an Lächerlichkeit nicht zu überbietenden Sprechblasen von sich geben lässt?
"Wir haben die Macht, euch alle wie Idioten plappern zu lassen", triumphieren die Gleichstellungsfunktionäre und setzen darauf, dass die Deformation der Sprache mit der Zeit die Menschen, die sie im Munde führen, selbst deformiert. Das nennt der totalitäre Tugendterror seit jeher "Umerziehung".
Subtiler funktioniert die Falschverwendung des Partizip 1 bei Status- und Berufsbezeichnungen, die neuerdings fester Bestandteil unserer Alltagssprache geworden sind. Nehmen wir stellvertretend die notorisch "Studierenden".
Ein Partizip wird bekanntlich aus dem Infinitiv eines Verbs gebildet und signalisiert Simultaneität, Aktivität, Unabgeschlossenheit der gerade ablaufenden Handlung: partizipieren heißt "dabeisein, am Geschehen teilnehmen". Es ist ein Verbaladjektiv, das schon deshalb nur in absoluten Ausnahmefällen personenbezogen substantiviert werden darf, weil es eine integrale Aussage trifft: wer damit bezeichnet wird, tut oder ist nichts anderes als das (Lebende, Liebende, Überlebende).
Studierende sind demnach ungefiederte Zweibeiner, die 24 Stunden am Tag über Bücher oder vor Monitoren bzw. in Vorlesungen und Seminaren hocken.
Wenn aber ein schlafender, essender, tanzender Studierender ein Widerspruch in sich ist, verrät die Sprache die wahre Intention ihrer Verwalter oder zumindest den Ungeist ihrer illokutionären Übergriffe: dass sich die jungen Männer und Frauen schon früh daran gewöhnen sollen, in einer auf marktkonforme Ausbildung eingerichteten Zuchtanstalt nicht als Menschen aus Fleisch Blut zu gelten, die auch mal essen und schlafen, lachen, tanzen und lieben, sondern nur zu studieren haben.
Und natürlich zu gehorchen: wenn du nicht genderst, wirst du schlechter benotet. Nicht zufällig begann die sprachliche Umetikettierung der experimentellen Lebensphase par excellence in eine Hamsterradexistenz zeitgleich mit der Modularisierung der Studiengänge im Zuge der Bologna-Reform.
Mit "Gendergerechtigkeit" hat das alles nichts zu tun. Zur Erinnerung: Schon die Verwendung des englischen Lehnworts in allen kurrenten Verbindungen, von Gender Studies bis Gendermainstreaming, ist schlicht ein Fake.
Denn gender heißt "soziales Geschlecht" in einem prinzipiell geschlechterneutralen Sinn. Seit 30 Jahren indes verfolgt das Gendermainstreaming eine ausschließlich feministische Agenda, die zu einer massiven Diskriminierung von Jungen und Männern an Schulen und Universitäten, im Beruf und vor Gericht geführt hat.
"Gendergerechtigkeit" ist nur ein Tarnname für Frauenförderung, so wie "Gleichstellungsbeauftragte" (Frauenquote 100 Prozent) ausschließlich die Privilegierung von Frauen verfolgen bis hin zur sanktionsbewährten - verfassungswidrigen und selbst nach eigenem Amtstatut unrechtmäßigen - Nötigung, an Universitäten, in Behörden und Medienanstalten genderlinguistisches Falschdeutsch schreiben und sprechen zu lassen
3. Der psychohistorische Horizont
Der Kampf gilt also dem generischen Maskulinum, das zusehends unverfrorener ersetzt wird durch falsche Partizipien, die bestenfalls Lacher und durch ein von der deutschen Sprache nicht vorgesehenes generisches Femininum, das wie gezeigt nur Desinformationen produziert.
Demgegenüber steht das generische Maskulinum für das gemeinsame, geschlechterübergreifende Gattungsprojekt, das sich Zivilisation nennt. "Generisch" heißt wörtlich gattungsbezogen in der vollen Abstraktion dieses Wortes. Das generische Maskulinum ist darum seit jeher inklusiv und meint Männer und Frauen gleichermaßen, weil es in ihm stets um die Tätigkeit, den Beruf, den Status, die Funktion, die Eigenschaft des jeweiligen Menschen geht - und nicht um sein Geschlecht (und schon gar nicht um Herkunft oder Hautfarbe).
Für die Geschichte der Geschlechterdynamik bedeutet das Konzept des generischen Maskulinums, dass das Männliche, das praktisch alle Berufe und durch sie die gesamte Zivilisation hervorgebracht hat, symbolisch gleichsam von seinem Werk zurücktritt und in Anerkennung des zwar selbstverständlichen, aber nicht objekthaft manifesten weiblichen Anteils daran – der Reproduktion und Erziehung des Nachwuchs – die linguistischen Markierungen der handelnden Subjekte, die nomina agentis auf eine Weise verallgemeinert, die es allen Mitgliedern einer Gesellschaft erlaubt, sich darin repräsentiert zu fühlen - vorausgesetzt diese sind als erwachsene Personen reif genug, sich nicht ausschließlich über ihr biologisches Geschlecht zu definieren.
Es bedurfte daher schon der böswilligen Unterstellung feministischer Aktivistinnen, um in einem stets projektbezogenen Genus einen Mangel zum Nachteil der Frauen zu entdecken; und es musste dieser psychohistorische Verdacht fast ein halbes Jahrhundert lang skandalisiert werden, bis er von mehr als dem einen Promille der Bevölkerung zur Kenntnis genommen wurde, in dessen Namen die unbelehrbare Geschlechterhetze angeheizt wird. Ein Langzeitexperiment aber, das selbst nach drei Jahrzehnten - jetzt nur die heiße Phase der verwaltungspolitischen Erzwingung des Gendersprechs gerechnet - von der großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, obwohl sie sich tagtäglich und mit steigender Frequenz einer massiven, von Leitmedien und Politik vorangetriebenen Indoktrination ausgesetzt sieht.
Ein solches Experiment darf endgültig als gescheitert betrachtet werden.
Erst die skizzierte, in der Debatte bislang vernachlässigte, sprach- und geschlechteranthropologische Dimension der aktuellen Auseinandersetzungen um "gendergerechte" Sprache ermöglicht einen nüchternen Blick auf den Verrat des Feminismus am Geschlechtervertrag, der jedem Gesellschaftsvertrag vorausgeht, seine Aufkündigung einer zwar nie konfliktfreien, aber seit Jahrtausenden gut eingespielten arbeitsteiligen Gestaltung des Zivilisationsprozesses durch Mann und Frau; und auf die ganze Tragweite feministischer Anmaßung, die Repräsentanz des Männlichen aus der Sprache tilgen zu wollen, um dessen genderpolitisch instrumentierte Entmachtung und Entrechtung zu legitimieren.
Die überlegene Integrationskraft des Generischen Maskulinums in Verruf zu bringen ist dabei von allen separatistischen Bestrebungen des Feminismus zweifellos die hinterhältigste, weil sie sein historisch überholtes Opferdenken gleichsam aus dem Off weiter beschwört: feminine Endungen wären ja nicht nötig, würden Frauen nicht nach wie vor diskriminiert.
Die sprachpolizeiliche Anweisung, "diskriminierungsfreie Sprache" zu verwenden, kommt also dem Befehl gleich, einer falschen Vorstellung vom Machtgefüge des Geschlechterverhältnisses Ausdruck zu verschaffen. Darum ist sie auch eine gedankenpolizeiliche Maßnahme.
Du sollst so schreiben und sprechen, dass deutlich wird, dass auch du der Auffassung bist, Frauen seien sprachlich unterrepräsentiert, weil sie real benachteiligt werden. Ob man will oder nicht, man soll dem zentralen Ideologem des Feminismus, das nur am Köcheln gehalten wird, weil dieser ohne ihn - man kann es nicht oft genug wiederholen - seine Existenzberechtigung verlieren würde, wider alle Evidenz weiter Geltung verschaffen.
Mehr denn je insistiert der Feminismus nun, da alle Forderungen der Frauenbewegung erfüllt sind, auf den linguistischen Ausgleich für eine nur in seinem Opferfantasma fortexistierende Benachteiligung der Frau.
Es scheint, als ob der Widerstand eines Großteils der Bevölkerung gegen die sprachliche Gängelei nicht zuletzt der intuitiv richtigen Einschätzung geschuldet ist, dass sie weder rechtlich noch normativ und schon gar nicht sachlich legitimiert ist.
Umgekehrt wäre es vielmehr an der Zeit zu fragen, ob Feministinnen deshalb das generische Maskulinum abschaffen möchten, weil sie insgeheim doch der Meinung sind, Frauen seien zu der in ihm artikulierten, von Männern eingeführten Kulturtechnik, sich mit einem Beruf, einer Funktion, einer Tätigkeit zu identifizieren, in ihr voll und ganz aufzugehen, gar nicht fähig; also zu einer Abstraktionsleistung, die das Transzendieren persönlicher, auch und gerade geschlechtlicher Bedingtheiten erfordert.
Doch Tatsache ist, dass immer mehr Frauen die Vorzüge dieser neuen Identität neben, nicht anstelle, der biologischen genießen, die der Feminismus partout nicht akzeptieren will, ansonsten er nicht darauf erpicht wäre, ihre sprachliche Repräsentanz mit einem linguistischen Kopftuch zu versehen.
Man braucht allerdings keine prophetische Begabung, um vorherzusehen, dass die Verdrängung des generischen Maskulinums durch ein pseudogenerisches Femininum das Verhältnis zwischen Mann und Frau auf unabsehbare Zeit vergiften wird. "Die Spur der Verwüstung durch die deutsche Sprache" (Peter Eisenberg) wird nicht die einzige toxische Hinterlassenschaft feministischen Machtmissbrauchs sein.
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