Genpflanzen verringern nicht den Pestizid-Verbrauch

Nach einer Langzeituntersuchung in China reduziert Bt-Baumwolle nur kurzfristig die Pestizidmengen, weil sich andere Schädlinge als die mit den genveränderten Pflanzen bekämpften Baumwollkapselbohrer vermehren

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Eines der Hauptargument für die Verwendung von genveränderten Pflanzen in der Landwirtschaft ist, dass – etwa bei insektenresistenten BT-Sorten – weniger Pestizide gebraucht würden. Das soll den Landwirten finanziell zugutekommen und gleichzeitig die Belastung der Natur verringern. Es ist schon länger bekannt, dass dieses Argument für genveränderten Pflanzen nur für die ersten Jahre zuzutreffen scheint. Danach geht der Verbrauch wieder drastisch in die Höhe (Mehr Chemie trotz grüner Gentechnik). Eine Studie von Wissenschaftlern des Center for Chinese Agricultural Policy, der Chinese Academy of Science und der Cornell University in Ithaca, New York, bestätigt diesen Sachverhalt.

Raupe des Baumwollkapselbohrers. Foto: NCIPM

Die Wissenschaftler untersuchten den Anbau von genveränderter Baumwolle bei 481 chinesischen Landwirten. China gehört zu den Ländern, die schon früh mit dem Anbau von genveränderten Pflanzen begonnen haben. Früh wurden hier auch die ersten Sorten von insektenresistentem Bt-Baumwollsorten, die 1996 von Monsanto auf den Markt gebracht wurden, angebaut. Nach der Studie ging auch hier in den ersten Jahren der Pestizid-Verbrauch zurück – statt 20 Mal musste nur noch 7 Mal gesprüht werden -, nach sieben Jahren aber hat sich die Anwendung wieder den Mengen angenähert, die auch bei herkömmlichen Baumwollsorten benötigt werden.

Ein Grund dafür ist, dass das für die Bt-Baumwolle eingesetzte Pestizid zwar den Baumwollkapselbohrer, den Hauptschädling, abtötet, aber andere Insektenschädlinge nicht beeinträchtigt, die bislang zusammen mit dem Hauptschädling durch die häufigere Anwendung von Breitband-Pestiziden minimiert wurden. In den ersten Jahren des Anbaus ging der Pestizid-Verbrauch zwar um 70 Prozent zurück, wodurch die Landwirte tatsächlich billiger produzieren konnten und stattliche 36 Prozent mehr Einnahmen als b ei herkömmlicher Baumwolle erzielen konnten. Nach sieben Jahren Anbau haben sich aber die anderen Schädlinge derart vermehrt, dass die Felder nun wieder bis zu 20 Mal während der Wachstumszeit mit Pestiziden besprüht werden müssen. Damit muss nicht nur dieselbe Menge an Pestiziden wie beim herkömmlichen Anbau verwendet werden, sondern die Landwirte produzieren dadurch auch teurer, weil Bt-Baumwollsorten bis zu drei Mal teurer als herkömmliche Sorten sind. Nach sieben Jahren verdienen die Gen-Landwirte nun durchschnittlich 8 Prozent weniger als die Landwirte, die herkömmliche Sorten anbauen. Sowohl ökonomisch als auch im Hinblick auf die Umweltbelastung löst also die Bt-Baumwolle nicht die Versprechungen der Industrie ein.

35 Prozent der weltweiten Baumwolle kommt von Bt-Baumwollsorten. Alleine in China werden diese von 5 Millionen Landwirten angebaut. Auch in den USA, Indien, Argentinien, Mexiko oder Südafrika ist Bt-Baumwolle weit verbreitet. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass US-Landwirte zusätzlich zu den Feldern mit Bt-Baumwolle auch als Pufferzone Felder mit nicht genverändertem Saatgut anbauen müssen, so dass die dort lebenden Schädlingspopulationen keine Resistenz entwickeln können. Die auf diesen Feldern verwendeten Pestizide sollen zudem die sekundären Schädlingspopulationen kontrollieren. Ob dies aber die Ausbildung der Resistenz der sekundären Schädlinge verhindert, die in China dazu geführt hat, dass wieder mehr Pestizide verwendet werden müssen, ist nach Auskunft der Wissenschaftler nicht bekannt. Die sowieso in ihrer Wirksamkeit umstrittenen Pufferzonen in den USA dürften allerdings für die Nebenfolgen kaum eine Bedeutung haben, da das Problem in China eben nicht durch die Resistenz der Baumwollkapselbohrer verursacht wird, was bislang meist von Wissenschaftlern befürchtet worden war, sondern durch die Verbreitung neuer Schädlinge, die bislang keine große Rolle spielten.

Die Wissenschaftler sind übrigens keineswegs Gentech-Kritiker. So sagt Per Pinstrup-Andersen, Professor für Food, Nutrition and Public Policy an der Cornell University: „Diese Ergebnisse sollten Wissenschaftlern und Regierungen eine sehr starke Warnung sein, dass sie Gegenmaßnahmen für die Bt-Baumwoll-Farmer entwickeln müssen. Sonst werden diese Farmer nicht mehr Bt-Baumwolle verwenden, und das wäre bedauerlich“, weil diese dazu beitragen würde, Armut und Unterernährung in Entwicklungsländern zu reduzieren.