Gentechnik für alle?
Seite 2: Die heterogene Szene der Biohacker
- Gentechnik für alle?
- Die heterogene Szene der Biohacker
- Von Biohackern ausgehende Gefahren
- Synthetische Biologie: Sicherheit in der Zukunft
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Weltweit wird mit einigen (wenigen) tausend Biohackern gerechnet. Angesichts der übersichtlichen Größe ist die Medienwirkung überproportional. Hier wird offensichtlich ein Nerv getroffen.
Die sich seit Beginn der 1990er Jahre entwickelnde Szene ist vielschichtig und heterogen. Sie lässt sich deshalb auch nicht als eine einheitliche Bewegung mit gemeinsamer Idee charakterisieren. Sie wird von Biologen und Biotechnologen mit akademischem Hintergrund bevölkert, außerdem von Laien und Bastlern. Und von Hobby-Biologen, die aus anderen Wissenschaftsbereichen kommen. Manche Akademiker, denen sich an ihren Instituten keine Perspektiven bieten, fühlen sich hier wohl. Dazu gesellen sich Designer, Unternehmer - und Künstler: die Kunst wird mitunter in der Rolle eines Vermittlers gesehen, der die weit verbreitete Ablehnung der Gentechnik in der Bevölkerung abschütteln kann - oder soll.
Im Schwerefeld der Macher ist eine Atmosphäre aus Beobachtern entstanden, die sich aus Geisteswissenschaftlern, Journalisten, Politikern und Mitarbeitern von Sicherheitsbehörden zusammensetzt. Mit dem neuen Millennium fand eine zunehmend globaler werdende Vernetzung über digitale Netzwerke wie hackteria.org oder DIYbio.org statt, die mit dem Überschreiten einer kritischen Masse auch zur Gründung von reinen Biohackerspaces führte, von denen es weltweit mittlerweile mehr als 60 geben soll.
Start-ups loten die Möglichkeiten einer Kommerzialisierung aus, die nun auch Diskussionen um die Frage nach geeigneten Konzepten zum geistigen Eigentum anfachen. Das Herangehen an diese und andere fundamentale Fragen, wie etwa zu Sicherheitsaspekten, ist aufgrund der vorhandenen Vielfalt nicht einheitlich - es gibt aus unterschiedlichen Philosophien gespeiste Differenzen, etwa zwischen Biohackern aus den USA und Europa. Die traten beispielsweise beim Versuch der Entwicklung eines universellen ethischen Codes für Biohacker zutage: Während in den USA Erwägungen zur Nützlichkeit viel Raum einnehmen, führt die verstärkte Einbeziehung von Künstlern und Geisteswissenschaftlern im DIY-Bio-Europa zu einer stärkeren Beachtung ethischer und sozialer Fragen. In den USA steht das Basteln im Vordergrund: Das Vorsorgeprinzip gilt hier auch bei vielen Biohackern als Klotz am Bein der Forschung.
"Aufbrechen der Elfenbeintürme"
DIY-Biologie versteht sich auch als eine Art Citizen Science. Hier findet "Wissenschaft durch den Bürger" statt - im Gegensatz zum "betreuten Forschen", bei dem institutionelle Wissenschaftler Projekte anschieben und den Bürger an die Hand nehmen, zum Beispiel bei Vogelzählungen. Biohacker berufen sich auf die im Grundgesetz zugesicherte Forschungsfreiheit, die Wissenschaft und Forschung nicht nur elitären Zirkeln zugesteht, sondern allen Bürgern, losgelöst vom Ausbildungsniveau oder der Zugehörigkeit zu Forschungseinrichtungen.
Gerade das ist ein Angriffspunkt von Kritikern, die die Kompetenz von Biohackern in Frage stellen, denn nur eine solide Ausbildung sei der Garant für eine relevante Forschung. Auch wohlwollende Beobachter erkennen im Moment nur wenige gewichtige Biohack-Projekte, wenn man den institutionalisierten Wissenschaftsbetrieb als Maßstab heranzieht. Sie betonen beim Interesse am Biohacking vielmehr den Neuheitswert sowie die Verbreitung eines positiven Forschergeistes.
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